Das Monatshoroskop für September konstatiert, dass der September für viele Menschen ein Wendepunkt darstellt und von daher einhergeht mit Gefühlen von Unsicherheit, Nervosität bis hin zu Demotivation. Statt mit dem Kopf durch die Wand oder mit großem Kraftaufwand sich vorarbeiten zu wollen, rät das Horoskop, sich darauf zu konzentrieren, das Unmittelbare in Ordnung zu bringen, unsere Beziehungen zu pflegen und uns eher auf das zu konzentrieren, was uns Spaß macht und Entspannung bringt. Diese akzeptierende Zurückhaltung wird uns in unserer VUCA Welt (VUCA steht für volatility, uncertainty, complexity und ambuity) immer fremder. Das Rad dreht sich einfach zu schnell und wir versuchen zumeist, so gut es geht, Schritt zu halten.
Die Verbindung von Astrologie und Organisationsentwicklung scheint sich auf den ersten Blick nicht unmittelbar zu erschließen. Seit Urzeiten bemühten sich die Menschen in fast allen Kulturkreisen, die Zukunft zu deuten. In der chinesischen Chronomantie (die Beschäftigung mit dem Wesen der Zeit) geht es dabei weniger darum, das, was passieren wird, vorherzusagen und somit durch Planung und Kontrolle Sicherheit zu erzeugen, als eher um eine Art Erforschung der Qualität des Zeitpunktes – ähnlich wie es im alten Griechenland das religiös-philosophische Konzept des „Kairos“ gab, des rechten Zeitpunktes für Entscheidungen. Die Zeit wird demnach nicht nur als eine sich verbrauchende Quantität verstanden, sondern gleichfalls als spürbare Qualität, die sich aus einer kosmischen Konstellation ableiten lässt. Im westlichen Kulturkreis wiederum wurde dies eher in eine Ordnung von charakterlichen Dispositionen übersetzt. (Nicht von ungefähr war, zum Beispiel, Fritz Riemann, Psychoanalytiker und Autor des berühmten Buches „Die Grundformen der Angst“, in dem er vier archetypische Persönlichkeitstypen beschreibt, von der Wahrhaftigkeit der Astrologie überzeugt und sah sie als Hilfe für das Selbst- und Fremdverständnis von Menschen). Der skeptisch-naserümpfende Blick auf die Astrologie und ihre Ausformung in Universalhoroskopen ist übrigens vor allem dem modernen westlichen Kulturkreis zu Eigen. In Hongkong ist es nach wie vor eine Selbstverständlichkeit, dass im Rahmen von strategischen Entscheidungen die Regierung der Stadt ein Horoskop erstellen lässt. (Was dieses über den Ausgang der momentanen Protestbewegung sagt, wissen wir allerdings leider nicht!). Die Astrologie als Frage nach dem Wir im Kosmos, die ein Verbundensein alles Seienden voraussetzt, könnte somit als Systemtheorie der Menschheit verstanden werden und Organisationen also zugleich als Teil und Antwort auf die sie umgebende Umwelt sehen.
Veränderungen kommen in Wellen. Auch da, wo Menschen nach den Prinzipien der Selbstorganisation zusammenarbeiten. Nicht immer lässt sich die Entfaltung individuellen Potenzials und die Lust zu gestalten, akribisch planen und mit detaillierten Absprachen umzäunen. Auch hier gilt es manchmal abzuwarten, den richtigen Moment zu erspüren, die Zeit gut zu nutzen, um den Boden zu bereiten für etwas, das zu einem anderen Zeitpunkt in die Welt will.
* Am 6.1.2019 gab es auf Deutschlandfunk Kultur ein interessantes Interview mit dem Sinologen Prof. Dr. Michael Lackner von der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg, der zu Schicksalsmanagement und Zukunftsdeutung forscht, über den Stellenwert der Astrologie in China. Das diente als Inspiration zu diesem Beitrag.