Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile 

“We’re in a new spiral of fundamental change. It needs to happen because we have unsustainable ways of living. We need to learn new perceptions of life and to see life differently.”  Maria Scordialos 

„The major problems in the world are the result of the difference between how nature works and the way people think. There are times when I catch myself believing there is something which is separate from something else.“  Gregory Bateson 

Im SOCIUS-Team brodelt der Austausch zum Thema regenerativer Kulturen. Dieser Umriss skizziert die drei Begriffe “Living Systems”, “regenerative Kulturen” und “Regenerative Leadership”, die Diskurs und Praxis prägen. Dabei beschäftigt uns die Frage, welche Qualitäten wir in Systemen entwickeln wollen, inkl. unserem eigenen, ebenso wie diese Ansätze das Denken und Handeln in Ökosystemen und Communities prägen.  

Living Systems 

Das Paradigma lebender Systeme (“living systems”) ist grundlegend für eine Entwicklung hin zu regenerativen Arten des Seins und Wirkens mit uns selbst, miteinander, und in unseren Organisationen, Gemeinschaften und Projekten. Mit den Augen lebender System verstehen wir das Leben an sich als verbundenes System. Wir blicken auf Beziehungen, Muster, Kontext und mit Blick auf das große Ganze wenn wir uns Herausforderungen und Problemen stellen, die uns begegnen. Netzwerke sind die grundlegende Organisationsstruktur in diesem Paradigma. 

Ältere Paradigmen sind davon geprägt, das Leben vornehmlich in seinen einzelnen Elementen wahrzunehmen. Lange haben solch trennende Haltungen unsere Welt geprägt. Sie sind oft tief verankert in der Art und Weise, in der gesellschaftliche Systeme, z.B. Bildung-, Gesundheitssysteme oder Wirtschaftssysteme und auch unsere Organisationen kreiert wurden. 

Im Gegensatz dazu ist die Ganzheitlichkeit des Lebens (“Wholeness”) elementar in der Perspektive lebender Systeme. 

Es gibt mehr Beispiele und Forschung, die die Ganzheitlichkeit des Lebens als fundamental und grundsätzlich beschreiben. Als Menschen sind wir Teil des großen Ganzen, Teil der Natur und verbunden mit allen anderen lebenden Wesen – Fische, Bäume, Berge, Ozeane …. Mehr und mehr belegt auch die Forschung, dass der von Darwin geprägte Gedanke “der Stärkere setzt sich durch” nicht ausschließlich ist – und Evolution viel von Kollaboration geprägt ist. So belegte z.B. die Forstökologin Suzanne Simard in den letzten Jahrzehnten, dass Wälder kollaborative Ökosysteme sind und sich Bäume gegenseitig und mit anderen Spezien in ihrer Entwicklung unterstützen – und nicht wie über Jahrzehnte angenommen, dass die Bäume im Wettbewerb um das meiste Tageslicht stehen. Solche Formen von Kollaboration gehen einher mit Widerständen und kreativer Reibung durch die Neues entsteht. 

Dieses Paradigma bildet u.a. die Grundlage der Praxis des “Art of Hostings”. 

 

Regenerative Cultures 

Living Systems are regenerative systems. 

Fritjof Capra & Daniel Wahl (2020) 

Das Konzept regenerativer Kulturen  (“Regenerative Cultures”) beschreibt  Haltungen und Praktiken, die nicht nur nachhaltig sind, sondern darüber hinaus ihre jeweiligen Umwelten in eine positive Richtung transformieren. Geleitet von einer inneren Haltung der Fülle, geht es darum jetzt und dringlichst neue Fragen zu stellen, die systemisch auf die Rolle von Design, Technologie und Planung schauen – und deren Wirkung auf die planetare Gesundheit: 

„We need to design for human, ecosystems and planetary health. […] Let us ask ourselves: How do we create design, technology, planning and policy decisions that positively support human, community and environmental health?
[…] 
If we meet the challenge of decreasing demand and consumption globally while replenishing resources through regenerative design and technology, we have a chance of making it through the eye of the needle and creating a regenerative human civilization. This shift will entail a transformation of the material resource basis of our civilization, away from fossil resources and towards renewably regenerated biological resources, along with a radical increase in resource productivity and recycling.“
Daniel Wahl (2017): Sustainability is not enough – we need regenerative cultures. Medium.com 

Wie Wahl weiter schreibt, umfasst dies mehr als technische, ökonomische, ökologische oder soziale Shifts – die innere Haltung und das Verständnis, das wir von uns selbst und voneinander als Menschen und Natur haben, sind prägend für diese Veränderungen. 

An dieser Stelle lohnt sich ein Blick in den Begriff Regenerative Leadership. 

Regenerative Leadership

Laura Storm und Giles Hutchins beschreiben Regenerative Leadership in ihrem gleichnamigen Buch als gleichbedeutendem Dreiklang aus daraus, sich 1) selbst als “Living Systems Being” zu verstehen, 2) das Wissen von anderen lebenden Kulturen wie Permakultur, Soziologie oder Deep Ecology zu transferieren und zu integrieren (“Living Systems Culture”) und 3) unsere Interaktionen, Organisationen, Projekte, Communities usw.. auf Basis lebender Systeme zu gestalten (“Living System Design”).   

Storm und Hutchins betonen, dass die eigene innere Entwicklung, sich selbst als Living Systems Being zu verstehen, der zentrale Punkt und Beginn der gesellschaftlichen Transformation ist. Darunter verstehen sie Qualitäten wie im Rhythmus mit den Jahreszeiten zu leben, mit einer inneren Haltung von Fülle (“Abundance”) auf die Welt zu schauen und uns selbst als Boden für Entwicklung (“Deep Nutrient Soil”) zu verstehen, der gut und in Tiefe genährt sein will.  

Wir freuen uns auf weitere Erkundungen zu den vorgestellten Thematiken und Begriffen. Wer neugierig geworden ist, kann hier tiefer eintauchen:   

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