Liebe Leser:innen,
der Wonnemonat Mai hat uns nicht nur die ersten wirklich schönen Frühlingstage, sondern auch ein erstes Wiedererleben des gemeinsamen Organismus des SOCIUS Teams beschert.
Wir kommen aus der extremen Erfahrung des „rasenden Stillstands“ – am Morgen ein Training in Jakarta, anschließend eine Teamsupervision in Berlin Mitte gefolgt von einem Workshop im westfälischen Lünen, alles vom heimischen Schreibtisch aus. Mit einer Vielzahl von Kontaktpunkten mit vielen unterschiedlichen Menschen an unterschiedlichen Orten. Und doch sind es gefilterte und abgefederte Formen des Kontakts.
Das Erleben von Singularisierung und Energielosigkeit führt der Soziologe Hartmut Rosa auf das Fehlen von Interaktionsdichte zurück: Die kleinen zufälligen Begegnungen und Gespräche, die überraschenden oder auch irritierenden sozialen Interaktionen des Alltags, die uns ein Gefühl der Lebendigkeit verleihen und Energie generieren, sich auf weitere soziale Kontakte einzulassen (in: Die taz, 21.4.2021).
Um uns wieder auf das Abenteuer Kontakt und Begegnung mit den Kolleg:innen einzulassen, bietet sich zum Einstieg der uralte Kreis an. Die älteste Form, in Gemeinschaft zusammenzukommen, gemeinsam um das Feuer zu sitzen, sich als Gleiche zu begegnen, jedem in die Augen schauen zu können. Der Energieschub dieser sozialen Interaktion ist unmittelbar. Es zuckt und knistert und ruft das Staunen auf den Plan, wie Gemeinschaft sich anfühlt – nach dieser langen Zeit der Entkörperung. Und es ist eine Erinnerung an das, was so lange gefehlt hat.
Die grundlegendsten Prinzipien von Kreisgesprächen sind aufmerksames Zuhören, intentionales Sprechen und das Beitragen zum Wohle Aller. Eine Vielzahl sozialer Techniken von der der gewaltfreien Kommunikation zur Soziokratie bauen auf dem Kreisprinzip auf. Auch unser Genossenschaftsmodell folgt in der Grundhaltung und Entscheidungsprozessen dem Kreisprinzip. Wir freuen uns, dass wir Julia Hoffmann nun als Mitglied der eG und Simon Mohn im Vorstand unserer Genossenschaft begrüßen dürfen.
Man sagt, der Kreis schafft den sicheren Rahmen, damit auch Unsicheres zutage treten kann. Es geht also um das tiefe Vertrauen, gehalten zu werden.
In unserem Labor am 17.6. geht es auch um unsere Fähigkeit zu vertrauen und darum, wie unsere allerersten Bindungserfahrungen unsere Muster prägen, anderen Menschen zu begegnen und am Arbeitsplatz und anderswo Beziehungen zu gestalten. Unsicher-ängstliche Haltung trifft auf vermeintliche Autonomie trifft auf sichere Bindung. Gemeinsam werden wir erkunden, welche Herausforderungen, aber auch welche Chancen in der Unterschiedlichkeit der Bindungsstile liegen.
Gefühlt hat der Frühling zwar gerade erst begonnen. Die Sommerpause liegt nun aber nur noch eine knappe Armlänge vor uns. Wir wünschen euch und uns allen einen lebendigen Sommer bis zum nächsten SOCIUS brief im August!
Joana Ebbinghaus (diesmal Red.), Christian Baier, Kerstin Engelhardt, Julia Hoffmann, Rudi Piwko, Nicola Kriesel, Simon Mohn, Denise Nörenberg und Ralph Piotrowski
sinnvoll zusammenwirken