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Christians Rückschau

Der Rückblick auf 2018 beginnt bereits 2017

Wenn ich auf die Entwicklungen von SOCIUS in 2018 zurück schaue, beginnt dieser Rückblick bereits Ende 2017. Schon seit längerem nehmen wir für uns in Anspruch, das „heroische Prinzip“ einer Führungskraft überwunden zu haben – Entscheidungen werden gemeinsam und gleichberechtigt getroffen. Das hat manchmal ein wenig gerüttelt und häufiger einige Kommunikationsschleifen gebraucht. Allerdings war es so möglich, den Übergang von einer mehrheitlich bzw. einzeln geführten Organisation zu einem gleichberechtigten System zu gestalten – ohne dass z.B. die Gründungsfigur, wie manchmal beschrieben, gehen musste. Wir waren also durchaus stolz auf uns, als die tatsächliche „Belastungsprobe“ dieses Zusammenwirkens Ende 2017 kräftig zuschlug. Hintergrund des Konflikts war die Frage nach dem eigenen Handlungs- und Entscheidungsspielraum im Konflikt mit dem gemeinsam verabredeten. Und – anders als vorher – hatte es eine Qualität, die auf die persönliche Ebene durchschlug und uns in dieser Manifestation durchaus überraschte. Rückblickend wurde deutlich, dass wir vielleicht doch – gemeinsam – noch stärker im heroischen Tun steckten, als wir uns zugeben wollten. Und dass dieses nun wirklich an seine Grenzen stieß.

  1. Wir haben uns geschüttelt wie ein Hund, die emotionalen Vorwürfe relativ schnell angesprochen (wie schön, dass wir doch intuitiv spüren, wann wir externe Moderation benötigen) und konnten weiter gehen.
  2. Wir haben Muster durchbrochen und vor allem reflexhafte Argumente aus den Rollen „Gründer“ oder „Nicht-Gründer“ konsequenter hinterfragt.
  3. Wir denken mehr in Funktionen und konkreten Tätigkeiten bzw. Rollen als in Positionen und Machtzuschreibungen. Ein buntes Rollenboard sichtbar über unserem Drucker, das in unterschiedlicher Regelmäßigkeit betrachtet wird, ist eine sichtbare Konsequenz davon. Hier üben wir uns ständig weiter und sind neugierig gespannt, wo das System uns hinführt.
  4. Wir haben im Jahr viel Zeit genommen interne Prozesse zu reflektieren und kommen – für meinen Eindruck – zunehmend besser dahin, persönliche und Organisationsebene dabei angemessen zu thematisieren.

So anstrengend die Situation war, so kräftig war ihr beschriebener Impuls, der in das Jahr 2018 führte. Sicherlich lässt sich nicht alles auf den einen Urknall zurückführen, doch die Bedeutsamkeit, sich selbst nun einmal Strukturen und Prozesse zu geben, die das gemeinsam Gewünschte auch tatsächlich widerspiegeln, diese Notwendigkeit wurde deutlich, von allen gespürt und hat zu weiten Konsequenzen beigetragen.

Form follows Function: „Strukturanpassungsmaßnahmen“

Herbst 2018 – passend zum 20 jährigen Jubiläum der SOCIUS Organisationsberatung gGmbH – wurde diese Entwicklung strukturell untermauert: die gemeinnützige GmbH ging aus dem Besitz einzelner in das Eigentum der eG als 100prozentige Tochter über. Gleichzeitig vertreten seitdem sieben Berater*innen der SOCIUS eG diese nach aussen. Innerhalb der bürgerlich-rechtlichen Möglichkeiten haben wir damit unser eigenes Verständnis von Selbstorganisation weitestgehend möglich strukturell manifestiert und tragen es nun auch mit Freude nach außen. Glasl meets Laloux sozusagen.

Neben Glasl („Phasen der OE“) und Laloux („Selbstorganisation“) sind die Modelle um Komplexität (u.a. Stacey u.a.) das dritte rahmengebende Modell unseres eigenen unternehmerischen Sozialexperiments. Mit der geteilten Verantwortung diskutieren wir weniger in Überschriften als in konkreten Schritten der Umsetzung; weniger in der Konzeptentwicklung eines gesamten Bildungsbereiches als in der konkreten Entwicklung von Angeboten aus denen sich später ein Straus ergibt; weniger in abstrakten Qualitätsmaßstäben als in konkreten Reflexionen unserer Arbeit sowohl in Trainings als auch in der Beratung. Das wird auch 2019 weiter gehen ebenso die Labore, der oe-tag, andere Bildungsveranstaltungen; aber auch die internen Teamsitzungen, „SOCIUS-Tage“ und unsere Wegfahrklausur.

„Sinnvoll zusammen wirken“ wollen wir nach innen und nach außen. Dementsprechend haben wir uns dem Aufruf von #unteilbar angeschlossen, einige von uns waren auch auf der Demonstration im Oktober. Wir verstehen uns als Beratungsorganisation und als Teil einer pluralistischen, offenen (Zivil-)Gesellschaft. Gleichzeitig werden wir zukünftig weiter schauen, wie und was unsere explizite Stimme beitragen kann in diesem Konzert.

Mein oben dargestellter Rahmen bezog sich auf drei Modelle. Wer mag kann beispielsweise hier weiterlesen:

  • Glasl („Phasen der Organisationsentwicklung“): Dynamische Unternehmensentwicklung. Grundlagen für nachhaltiges Change Management. Haupt-Verlag, 5. Auflage 2016.
  • Laloux („Selbstorganisation“): Reinventing Organisations. Verlag Vahlen
  • Stacey (“Komplexe Systeme”): Complex responsive processes as a theory of organizational improvisation. Routledge-Verlag, 2006.
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