Empathie hat viele Gesichter. Der Begriff wird schillernd und ist schwer fassbar. Empathisch zu sein – das wünscht sich doch jeder. Empathie suggeriert gute Menschenkenntnis und die Fähigkeit sich selbst und andere Menschen gut zu kennen zu verstehen. Doch welche unterschiedlichen Vorstellungen verbergen sich hinter dem Begriff? Und warum ist Empathie an unserem Arbeitsplatz wichtig?

Was die Wissenschaft dazu zu sagen hat erfuhren die TeilnehmerInnen in der ersten SOCIUS Werkstatt „Gewaltfreie Kommunikation für Fortgeschrittene“.

Dr. Philipp Kanske vom Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig gab einen Überblick über den Stand der Forschung und damit einen Auftakt für einen intensiven Austausch der TeilnehmerInnen über ihr individuelles Erleben von Empathie in Arbeitskontexten.

Die erste Überraschung: Was alltagssprachlich oft als ‚Empathie’ bezeichnet wird, würde in der wissenschaftlichen Terminologie eher als Mitgefühl gefasst werden. Denn in der Neurowissenschaft wird zwischen Empathie, Mitgefühl und Mentalisieren unterschieden. Drei Ausprägungen, die mit Aktivitäten in jeweils unterschiedlichen Regionen des Gehirns im Zusammenhang stehen.

Als Empathie wird in der Neurowissenschaft ein Zustand bezeichnet, in dem wir Gleiches oder Ähnliches wie unser Gegenüber fühlen. Etwa die Freude einer Kollegin über einen großen Auftrag, die auch in uns Freude auslöst. Oder ein Pfleger wird am Krankenbett eines Verunglückten von dessen Traurigkeit erfasst. Mitgefühl ist eher ein grundlegendes Wohlwollen Anderen gegenüber – auch außerhalb der Familie und des engsten Kollegenkreises.

Mitgefühl beinhaltet eine Verbundenheit mit dem Ganzen. Wer mitfühlend begleitet, lässt sich nicht von Gefühlen anderer anstecken, sondern entwickelt ein wohlwollendes Gefühl der Wärme in sich. Und Achtung vor begrifflicher Verwirrung: Hier unterscheidet sich dieTerminologie der Neurowissenschaften von z. B. der Gesprächspsychotherapie nach Rogers oder der Gewaltfreien Kommunikation nach Rosenberg, die diesen Zustand als ‚empathisch’ beschreiben würden.

Mentalisieren – auch als ‚Theory of Mind’ bekannt – beschreibt das kognitive Verstehen des Anderen. Ich kann nachvollziehen, wie es dem anderen geht ohne dass ich gleiche oder bestimmte andere Gefühle entwickelte. Ich kann mir das Verhalten des anderen erklären.

Im Arbeitsalltag spielen alle drei Ebenen eine Rolle: Wir übernehmen Gefühle von anderen, wir können wohlwollend mit unseren KollegInnen umgehen und wir verstehen kognitiv was in dem anderen vorgeht. Je mehr wir uns dieser Modi gewahr sind und bewusst zwischen ihnen wechseln Diskussion können, desto einfacher können wir mit emotional schwierigen Umständen umgehen und hilfreich für unsere Klient:innen, Kolleg:innen und nicht zuletzt uns selber sein. Und interessant – die Forschung mit buddhistischen Mönchen, die in Gehirnscannern meditierten, legt nahe, dass Empathie eher zu Erschöpfung führt und Mitgefühl eher Kraft und Energie gibt. Eine Konsequenz für pflegende Berufe könnte sein, dass zukünftig Mitgefühl (im GewaltfreieKommunikationsSprech: Empathie) gelehrt wird, um Burn-Out und Erschöpfungssyndromen vorzubeugen. Denn die „Signatur des Mitgefühls“ ist auf physiologische Ebene im Körper nachweisbar. Mitgefühl reduziert Stress und trägt zum allgemeinen Wohlbefinden bei.

Literatur / Links

  • Das Empathy Documentary Project. Hier finden Sie kurze Interviews mit GfKTrainer:innen über ihr Erleben von Empathie:
  • Ein kostenloses und multimediales E-Book über des Max-Planck-Instituts über Mitgefühl in Alltag und Forschung. Mit vielen praktischen Beispielen und Übungen:

 

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