Transaktionsanalyse (TA): Ich bin ok – Du bist ok

Die TA verwenden wir als einfache und sehr wirksame Analysemethode auch für Organisationen. Hier eine kleine Einführung in Geschichte und Hintergrund. Zum Abschluss ein Methodenvorschlag.

Ursprünge und Ansatz

Eric Berne (1910-1970), ein US-kanadischer Psychiater, hatte in den fünfziger und sechziger Jahren ein neues Verhältnis „auf Augenhöhe“ zwischen Patient und Therapeut (von ihm dann Klient und Berater genannt) zu begründen versucht. Stark beeinflusst war er von seiner Arbeit als Psychiater in der US Armee während des Krieges und der von ihm wahrgenommenen Arroganz der „Weisskittel“. Er brach mit der etablierten Psychoanalyse und begründete die Transaktionsanalyse (TA) in einer bewußt einfachen Sprache, die auch ein Kind verstehen sollte. Auch durch die simplifizierende Sprache wurde die TA als Theorie oft unterbewertet. Dennoch ist die TA beständig weiterentwickelt worden und hat mit den leicht eingängigen Bildern auch andere Kommunikationstheorien beeinflusst.

Die Grundannahme besteht darin, dass jeder Mensch mit seiner Geburt „in Ordnung“ ist, selbst denken, entscheiden und für sich und andere Verantwortung übernehmen kann. Damit ist die Augenhöhe begründet. In der Kommunikation unterscheidet die TA drei „Ich-Zustände“, das Eltern-ich (korrigieren, bevormunden, fürsorglich), das Erwachsenen-ich (sachlich, respektvoll, konstruktiv) und das Kind-ich (trotzig, albern, emotional, verspielt). Nun kann es zu komplementären (=problemlos), gekreuzten (=leicht aufzuklären) und verdeckten (=schwer zu bearbeiten) Transaktionen (Kommunikationsvorgängen) kommen.

Ich Zustände

Verhältnismäßig einfach ist das Erkennen der nicht passenden Kommunikationsvorgänge. Die Auflösung gekreuzter und besonders der verdeckten Transaktionen bedarf des guten Willens beider Seiten. Bei verdeckten Transaktionen werden auf zwei Kanälen widersprüchliche Botschaften gesendet, die Worte werden oft mit Körpersprache oder Intonation „ergänzt“:

  • Person A: „Das ist das dritte Stück Kuchen“.
    (Auf den ersten Blick eine Aussage des Erwachsenen-Ichs an das Erwachsenen-Ich des anderen, aber durch einen unterschwellig missbilligenden Ton eigentlich eher eine Ermahnung vom Erwachsenen-Ich an das Kind-Ich des anderen, nicht so viel zu essen.)
  • Person B: „Du hast dich verzählt“.
    (Scheinbar antwortet das Erwachsenen-Ich, aber durch den unterschwelligen Ton wird der trotzige Tonfall des Kind-Ichs deutlich.)

Entscheidend, um solche verdeckten Transaktionen zu erkennen, ist, auf Körpersprache, Gestik, Mimik, Tonfall und ähnliches zu achten, denn dort zeigen sich die verdeckten Ich-Ebenen. Für die verdeckten Transaktionen spielen vor allem auch Vorerfahrungen der Gesprächspartner miteinander eine große Rolle. Besonders Personen, die sich gut kennen, sind anfällig für solche auch „Doppelbotschaften und Ambivalenzen“ genannten Dialoge. Dies gilt für den privaten wie für den beruflichen Bereich.

Das Dramadreieck

Beispiel:
Mutter, Vater und der 12jährige Sohn sitzen zu Tisch. Der Sohn kleckert. Vater zum Sohn: „Wenn du dich nicht ordentlich benehmen kannst, dann iß gefälligst in der Küche weiter.“ (Der Sohn senkt betroffen den Blick.) Mutter zum Vater (heftig): „Das musst ausgerechnet du sagen, nach deiner Kleckerorgie vom letzten Samstag … Also hacke nicht ständig auf dem Jungen herum !“ (Vater räuspert sich peinlich berührt und schweigt.) Sohn zur Mutter: „ Aber Vater hat es doch gar nicht so gemeint.“ Mutter zum Sohn (später in der Küche): „Dir werde ich nicht noch einmal helfen gegen Vater, so wie du mir jedesmal in den Rücken fällst.“

Auswertung:
Vater verfolgt Sohn. / Sohn geht in die Opferrolle./ Mutter rettet Sohn, indem sie Vater verfolgt / Vater fühlt sich als Opfer./ Sohn rettet Vater / Mutter verfolgt Sohn.
Symptomatisch ist, dass Personen die Rollen im Drama Dreieck häufig sehr schnell wechseln können. Der Verfolger denkt, nur er habe recht (Ich ok) und die anderen seien alle unfähig oder Idioten sind (Du nicht ok). Der Retter stellt an sich selbst den Anspruch, alle Last der Welt – bevorzugt ungebeten – tragen zu müssen (und auch zu können!). Er weiß, was für die anderen gut und richtig ist (Ich ok). Die anderen sind zwar lieb und nett, aber ohne ihn und seine Hilfe nicht lebensfähig (Du nicht ok).

Das Opfer lebt schließlich in der festen Überzeugung eigener Hilflo­sigkeit und Unfähigkeit (Ich nicht ok). Die anderen erscheinen stark und lebenstüchtig und sollen ihm bei der Lebensbewältigung helfen und Verantwortung übernehmen (Du ok). Oder sie sind schuld am Elend des Opfers, weil sie so unbarmherzig und verständnislos sind (Du nicht ok). Menschen in der Opferrolle bekommen ohne große Anstrengung ziemlich viel Zuwendung. Dafür wenden sie selbst nur ein Minimum an Eigenaktivität auf. Einige Opfer haben die Tendenz, psychologisch zu verfolgen, indem sie anderen (viel zu oft erfolgreich!) Schuldgefühle aufbürden. Auch Retter und Verfolger können also schnell zum Opfer werden.

Dies erklärt auch, warum sich häufig in letzter Konsequenz alle Beteiligten am Dramadreieck mehr oder weniger intensiv in Opfergefühlen wiederfinden. Entscheidend für das Zustandekommen einer Dramadreiecks-Situation ist dabei, ob die Einladung, sich in eine der Rollen zu begeben, auch tatsächlich angenommen wird. Weise ich etwa einem Verfolger gegenüber die mir von ihm zugewiesene Opferrolle zurück, dann verweigere ich den Einstieg in das Dramadreieck.

Das entdramatisierte Dreieck

Mit einer einfachen Reframing Methode kann man nun die dramatische Dynamik ins Positive umkehren.

Die überlegene Retterin wird zu einer dezenten Begleiterin,
der zornige Verfolger wird zu einem bestärkenden Impulsgeber
das resignierte Opfer wird zu einem sorgsamen Stabilisator

In dem Dramadreieck wirken vor allem Bilder von den anderen Rollen, und meist werden dabei negative Absichten in die anderen Personen hineininterpretiert. Der Trick ist, dass sich keiner ändern muss, auch die Handlungsweisen bleiben die gleichen, aber die Bewertung, die Unterstellung, die Bezeichnung und Attributierung wandelt sich.

Idee nach: http://www.heldenundmentoren.de/impulszone/praxisimpulse/post/herzliche-willkommen-im-falschen-film/

Die Anwendung mit Gruppen und Organisationen

Viele Methoden, die in der Therapie oder mit Familien und Paaren entwickelt wurden, wurden später für Gruppen und Organisationen weiterentwickelt. Das populärste Beispiel sind die Familienaufstellungen, die dann zu Organisationsaufstellungen weiterentwickelt wurden.

Die Transaktionsanalyse mit ihrem Ursprung in der Therapiearbeit mit Einzelpersonen, verwenden wir in Organisationsentwicklungsprozessen als Folie. So eignet sich das Dramadreieck sehr gut, um die Rolle der Organisation nach außen zu durchleuchten. Welches Image und Verhalten hat sie gegenüber anderen Gruppen oder Institutionen (Partnern, Konkurrenten, Geldgebern). Im Inneren kann man die Rollen und Verhaltensweisen verschiedener Gruppen vergleichen, wie fühlt sich die Verwaltung gegenüber den inhaltlich arbeitenden Gruppen? Und entspricht dies wiederum dem Image, das die Verwaltung bei den anderen Gruppen hat?

Übung
In der Regel kann man sich in Rollenübungen ganz hervorragend mit Humor einigen Verhaltensmuster in der Organisation nähern und diese besprechbar machen. Wir arbeiten da mit drei A3 Pappen, auf denen je auf der einen Seite „Opfer, Retter*in und Verfolger*in“ stehen. Auf der anderen Seite haben wir „Stabilisator*in“ (zu Opfer), „Begleiter*in“ (zu Retter*in) und „Impulsgeber*in“ (zu Verfolger*in) geschrieben. In der Rollenübung, in der eine Person dann z.B. eine Abteilung darstellen kann, werden dann je nach Verlauf des Gespräches die Pappen gewechselt. An einem Punkt versuchen wir die positive Wendung, indem wir die Pappen umdrehen.

Hier der Artikel zum download als pdf.

Links und Literatur:

Teile des Inhalts nach http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/KOMMUNIKATION/Transaktionsanalyse.shtml

Viele Beispiele aus der Selbsthilfe – Therapie von Einblicke e.V.  unter: http://www.einblicke-altenburg.de/?q=node/1696

Eine pragmatische Einführung unter:  https://www.soft-skills.com/transaktionsanalyse-erklaert/

Diese beiden Bücher begründeten die Popularität der TA:

Eric Berne, Spiele der Erwachsenen: Psychologie der menschlichen Beziehungen, 320 S., rororo, 9,99 €

Thomas A. Harris, Ich bin o.k. – Du bist o.k.: Wie wir uns selbst besser verstehen und unsere Einstellung zu anderen verändern können – Eine Einführung in die TA, 288 S., rororo, 9,90 €

Das Titelbild entstand in unserer Fortbildung „gemeinnützige Organisationen entwickeln!“ gOe! in der Akademie Sonneck. Wir bieten diesen Kurs mit 3×3 Tagen im Sommer in Naumburg und im Winter in Berlin an. Jetzt schon im 12. Durchgang.

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