Zukunft gestalten – Ansätze zur Realisierung von Utopien

Zukunft gestalten – Ansätze zur Realisierung von Utopien

Utopien sind en vogue. In letzter Zeit kommen immer mehr Utopie-Erzählungen auf den Büchermarkt. In den Medien spielen Utopien eine bedeutsamere Rolle und werden von Personen wie Richard David Precht, Maja Göpel oder Harald Welzer der breiten Öffentlichkeit schmackhaft gemacht. Das ist nicht verwunderlich, da wir einerseits die multiplen Krisen immer mehr zu spüren bekommen und viele Dinge auf den Prüfstand stellen, und andererseits ein erzählerisches Vakuum existiert, wie sich unsere Gesellschaft weiterentwickeln könnte. Worauf wollen wir uns als Gesellschaft zubewegen? Utopien helfen, darauf Antworten zu finden.

Das SOCIUS labor zur Thematik lud dazu ein, sowohl eine eigene gesellschaftliche Utopie zu entwerfen, als auch einen ersten konkreten Schritt in Richtung ihrer Realisierung zu machen. Stella Schaller, Mitbegründerin von Reinventing Society – Zentrum für Realutopien führte gemeinsam mit Simon Mohn, Organisationsentwickler bei SOCIUS und ebenso Mitbegründer von Reinventing Society durch diesen experimentellen Raum.

Upstating – utopisch Denken hat Voraussetzungen

Kann jede:r einfach eine Utopie entwerfen? Ja, doch es braucht eine gewissen inneren Zustand oder „State“. Sind unsere Köpfe voll oder unser Körper unangenehm angespannt, funktioniert das Entwerfen von Utopien erfahrungsgemäß nicht. Es kann sogar als Kränkung wahrgenommen werden, wenn das Phantasieren über utopische, großartige Welten und Lösungen zu sehr von der derzeitigen inneren Verfassung abweicht.

Im Labor bedienten wir uns einer vereinfachenden Skala des inneren Zustands, die visualisiert, dass wir uns möglicherweise zunächst “hochschrauben” müssen, um überhaupt Utopien entwerfen zu können (Zustand „State“ erhöhen = upstating). Schlussendlich versucht das Werkzeug in Situationen des Alltags zu ermöglichen, dass wir uns aus eigener Kraft von einem unangenehmen Seins-Zustand in einen angenehmeren verhelfen können.

Was ist deine Utopie? – Thomas Morus lässt grüßen

Zu Beginn des 16. Jahrhunderts entwarf Thomas Morus, englischer Staatsbürger und Lordkanzler einen fiktiven Inselstaat „Utopia“ als Gegenentwurf zum damaligen englischen Staatssystem. Damit begründete er mitunter die utopische Erzählung als literarische Gattung und inspiriert seit 500 Jahren Menschen, Visionen einer für sie schöneren Welt zu beschreiben. So sehr das Konzept der Utopie auch im letzten Jahrhundert von links und rechts missbraucht wurde, erlebt es gerade eine Renaissance, um Gesellschaftsentwürfe zu verbreiten, die nach einer geglückten sozial-ökologischen Wende angesiedelt sind.

Eigener Gesellschaftsentwurf mit Methode

Entlang der neu entwickelten Methode „Mikroversum“ experimentierten wir mit dem Entwerfen von Utopien durch die Teilnehmenden. Ausgangspunkt für die Utopien waren Werte und Wirkungshebel für eine bessere Welt der jeweiligen Organisationen, die durch die Teilnehmenden vertreten wurden. Die Methode ermöglicht, sowohl individuelle als auch organisationale Utopien zu erstellen.

Ausgehend von individuell handlungsleitenden Prinzipien begaben sich alle Teilnehmenden in einen kreativen Prozess. Angelehnt an Morus‘ Insel,erarbeiteten sie Stück für Stück Facetten einer etwas abseits gelegenen Insel, auf der Menschen sich um diese Prinzipien herum eine Realutopie aufgebaut haben. Fragen nach Festen, Ritualen, Mobilität, politischer Willensbildung, Wohnformen, Versorgung, Bildung usw. leiteten durch einen Prozess, aus dem die Beschreibung einer kleinen gesellschaftlichen Utopie resultierte – ein Mikroversum. Somit hatten wir in kurzer Zeit über 10 Utopieentwürfe hervorgebracht.

Utopie auf mehreren Ebenen

Utopien zu entwerfen hat das große Potential, Menschen vor Augen zu führen, in welcher Welt sie eigentlich leben möchten und so zu gesellschaftspolitischem Engagement und Verantwortungsübernahme zu inspirieren. Dafür entscheidend ist die eigene Verortung im „Nicht-Ort“, die sinngemäße Bedeutung von Utopie. Das gilt sowohl individuell als auch organisational. Wenn die Welt so ist, wie wir sie uns wünschen würden – welchen Aktivitäten würden wir nachgehen? Welchen Aktivitäten würde unsere Organisation nachgehen, wenn sie ihr gesellschaftliches Ziel womöglich schon realisiert hätte?

Genauso stellt sich aber auch die Frage, wie wir dorthin gelangen. Der Weg in die Utopie kann zunächst unklar und unrealistisch erscheinen, er braucht Wegweiser. Entsprechend gibt es zwei entscheidende Bausteine, damit die Utopie nicht nur ein Luftschloss bleibt, sondern tatsächlich handlungsleitend wird. Das ist einerseits Ebenenkongruenz, andererseits Pfadkongruenz

Ebenenkongruenz

Bleibt eine Utopie auf der gesellschaftlichen Ebene und beschreibt ausschließlich die Verfasstheit einer optimalen Gesellschaft aus der jeweiligen Betrachter:innenperspektive, verschenkt sie wertvolles Potential. Um mit ihr zu arbeiten, müssen sich Organisationen die Fragen stellen „Wie würden wir in dieser Utopie arbeiten? Wie sähe es aus, wenn wir diese Utopie in unserem Innern bereits umsetzen würden?“ Genauso betrifft das auch die individuelle Ebene: „Wer wäre ich in dieser Utopie? Wie sähe es aus, wenn ich sie jetzt schon leben würde?“ Diese Übersetzungsleistung schafft Kongruenz zwischen den drei Ebenen und dadurch ein umso effektiveres Handeln.

Durch den Fokus auf die eigene Rolle werden plötzlich Lösungen zum Beitrag zu einer solchen Gesellschaft sichtbar. So können Individuen und Organisationen sich ausrichten und ihren Teil zur Lösung heutiger Herausforderungen umsetzen und selbst zu kraftvollen Impulsgeber:innen werden. Die Wirksamkeit, bereits in der Gegenwart die Lösung gesellschaftlicher Probleme zu sein, ist nicht zu unterschätzen.

Pfadkongruenz

In der Musik heißt es zuweilen, dass in der Ouvertüre – der Eröffnung – schon das gesamte Stück im Kern enthalten und zu erahnen ist. Ähnlich lässt sich diese Aussage für den Weg in die Realutopie treffen. Der Weg in die Realutopie bedarf selbst Mitteln, die in sich die Logik der angestrebten Utopie bergen. Das heißt, dass die Wahl der Methoden und Instrumente für den Pfad der eigenen Veränderung kongruent mit der eigenen Utopievorstellung sein sollte. Wir müssen uns also die Frage stellen: “Passen die gewählten Mittel zur angestrebten Utopie und bergen in sich bereits deren Prinzipien?”

Von der Utopie zur Realutopie

Eine der mit am häufigsten gestellten Fragen bei der Arbeit mit Utopien ist: „Und was mache ich jetzt mit der Utopie? Wie komme ich dahin?“ Der Entwurf einer Utopie markiert einen Anfang, die Gewahrwerdung dessen, in welcher Welt wir leben möchten. Der tatsächliche Weg beginnt erst. Um im Labor sofort ins Handeln zu kommen, experimentierten wir mit utopischem Prototyping. Diese aus Otto Scharmers Theorie U inspirierte und abgewandelte Methode zum Erstellen eines Prototypen der beschriebenen Utopie, bringt diese in eine erste Form und Umsetzung.

Utopisches Prototyping

Beim Prototyping ist es entscheidend, sofort in die Umsetzung zu kommen und erste Ergebnisse zu produzieren. Nicht lange überlegen – machen! Bereichert von der eigenen Utopie, überlegten die Teilnehmenden sich einen Prototypen, der daraus etwas Handfestes machte. Das konnte beispielsweise ein eigener Blogbeitrag sein, ein Podcast, ein neues Meeting(-format) im Team, ein neues Produkt der Organisation, ein Beteiligungsprozess, ein Beet in der Straße, eine Vereinfachung einer Regelung bei der Arbeit und und und.

Nach einer kurzen Zeit hatten die Teilnehmenden Skizzen, Grafiken und sogar einen Entwurf aus LEGO®-Steinen erstellt. In Breakout-Rooms wurden die Prototypen anschließend einander vorgestellt. Anhand einiger Leitfragen wurden die Entwürfe auf den Utopiegehalt überprüft, mit Ideen zur Umsetzung angereichert und auf Ebenenkongruenz getestet. So hielten die Teilnehmenden am Ende des Labors nicht nur eine eigene Utopie, sondern auch einen ersten Prototypen derselben in der Hand.

Mit utopischem Mindset in die Veränderung

Ein Prototyp ist ein erster kleiner Schritt und das Labor endete an dieser Stelle. Doch um im weiteren Verlauf konkreter Veränderungen auf Kurs zu bleiben und neue utopische Wege zu entdecken, ist es entscheidend, sich ein utopisches Mindset zu erarbeiten. Das bedeutet:

  • Upstating einüben: in den Momenten, in denen der eigene innere Zustand sich unangenehm anfühlt, sich zunächst um sich selbst zu kümmern, statt sich auf die nächste Aufgabe zu stürzen.
  • Potentiale sehen lernen: bewusst die utopische Brille aufsetzen und sich zu all dem, was uns im Alltag begegnet die Frage stellen “was ist das höchste Potential davon?” und so das utopische Denken kultivieren.
  • Experimentieren: wer überall Potentiale sieht, hat auch viele Ideen zu kleinen Verbesserungsschritten. Die Utopie wird spürbarer, wenn wir beginnen, unsere Ideen auszuprobieren und uns der Veränderung des Status quo spielerisch nähern.
  • Inspirieren lassen: die Welt ist schon voller Ansätze und Lösungen, die mit nächst besseren Logiken aufwarten. Wenn wir uns umfassender mit progressiven Lösungen beschäftigen, kommen wir in einen inspirierten Zustand und tragen die Lösungen unweigerlich auch in unsere eigenen Kontexte.

Die Utopie am Horizont

Der Weg zur Realutopie ist maximal transformierend. Er beinhaltet nicht nur die Hinbewegung zu einem schöneren Äußeren, sondern die profunde Wandlung des Inneren, sowohl individuell auch auch organisational. Dafür ist die kontinuierliche Rückbesinnung auf und Weiterentwicklung des Utopienarrativs entscheidend. Solch ein Wandel braucht Besonnenheit, Pioniergeist und Geduld. Dafür verspricht er eines: Freude bei der Transformation und am Ergebnis. Utopien haben mitunter die stärkste positive Veränderungskraft, die Hinbewegung auf einen neuen Zustand zu stützen. Wir stehen vermutlich erst am Anfang, das Potential von Utopien zu begreifen.

Quellenangaben Grafiken und Bilder

KÖLN UTOPIA 2048, BY AERROSCAPE, CREATIVE COMMONS LIZENZ: CC BY-NC-SA

Isola di Utopia Moro, Marcok at it.wikipedia, Public domain, via Wikimedia Commons

Sir Thomas More, Hans Holbein, Public domain, via Wikimedia Commons

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SOCIUS brief Mai 2021

SOCIUS brief Mai 2021

Liebe Leser:innen,
neben dem nun doch endlich eingetroffenen Frühling verändern sich langsam auch die Vorzeichen für eine vorsichtige Wiederannäherung im Arbeitskontext. Mit viel Kreativität versuchen Organisationen in unserem Umfeld, einschließlich wir selbst, einen Umgang mit Corona und dem Wunsch nach dem Sich-Sehen zu finden.

Darunter fallen Schnelltests, zunehmende Impfmöglichkeiten, Draußen-Meetings und sicher noch einige mehr. Das SOCIUS-Team führte seinen Teamtag zuletzt beim Tempelhofer Feld mit Abstand, versetztem Spaziergang und Headsets durch. Wenn das auch manchmal nur mittelmäßig funktioniert (altbekannte Schuldige: die Technik), ist es doch ein tolles Gefühl, sich wieder draußen zu treffen.

Da Präsenz so wertvoll sein kann, haben die Kolleg:innen Nicola Kriesel und Andreas Knoth ein Konzept für den Sommer-Turnus unserer erfolgreichen Fortbildung gemeinnützige Organisationen entwickeln! (gOe!), das es ermöglicht, sich echt und in Farbe zu treffen. Neben täglichen Schnelltests und Kleingruppen-Zellen haben sie als Ort das wunderschön in der Natur gelegene Stolzenhagen ausgewählt, wo es auch ohne Corona nur logisch wäre, so viel wie möglich draußen zu arbeiten. Mehr Details unten.

Ansonsten geben uns Christian Baier und Nicola Kriesel in einem lesenswerten Artikel einen tiefen Einblick ihrer Einschätzung zur Zukunft der Arbeit im Umgang mit komplexen Systemen und Kollaboration im Team. Erschienen ist dieser beim Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement. Ebenso zur Zukunft hybrider Arbeit können wir die Studie des Shift-Collectives empfehlen, das seine Ergebnisse online zur Verfügung stellt. 

Da unser Labor diesen Monat schon ausgebucht ist, sei hier diesmal nur ein kleiner Hinweis angebracht, dass die Warteliste noch leer ist. Im Labor wird uns Stella Schaller diesen Monat Ansätze zur Realisierung von Utopien vorstellen.

Simon Mohn (diesmal Red.), Andreas Knoth, Christian Baier, Joana Ebbinghaus, Kerstin Engelhardt, Julia Hoffmann, Nicola Kriesel, Denise Nörenberg, Ralph Piotrowski und Rudi Piwko.

Anmerkung: Um die Lesbarkeit zu fördern und gleichzeitig die Bandbreite unterschiedlicher Geschlechteridentitäten einzubeziehen, haben wir uns entschieden, fortan den Gender-Doppelpunkt zu nutzen.

 

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Von der Organisationsentwicklung zur Gesellschaftsentwicklung

Von der Organisationsentwicklung zur Gesellschaftsentwicklung

Ein gedankliches Experiment

Organisationsentwickler*innen begleiten Organisationen in ihren Entwicklungsprozessen. Doch was, wenn es auch für die Gesellschaft ähnlich begleitete Prozesse gäbe? Was, wenn es Gesellschaftsentwickler*innen gäbe? 

Ich möchte uns zu einem Gedankenexperiment einladen.

Unsere Gesellschaft steht vor immensen Herausforderungen, dazu gehören Entwurzelung und ökonomische Ungleichgewichte, der Klimawandel, soziale Isolation und Corona, neben vielen weiteren. Dabei werden die notwendigen Entwicklungsprozesse jedoch in den wenigsten Fällen gezielt begleitet. Viel häufiger geschieht ein Ringen und Verhandeln vieler Akteur*innen aus Politik, Zivilgesellschaft, Wirtschaft usw., häufig mit viel Reibung. Selten kommt es vor, dass die Reibung konstruktiv in eine gemeinsame Entwicklung der involvierten Akteur*innen eingebettet wird. Könnte das nicht anders sein?

Prozessbegleitung der Gesellschaft

Ähnlich wie eine Organisation hat eine Gesellschaft viele Teil- und Subsysteme (nur weitaus komplexer). Dies können Organisationen sein, aber genauso der Wohnblock um die Ecke, ein Familiensystem, eine Metropole, einzelne Menschen, Bündnisnetzwerke oder ganze Staaten. Gesellschaftsentwickler*innen hätten die Möglichkeit, auf ganz unterschiedlichen Ebenen bzw. in unterschiedlichen Systemen anzusetzen und konzertierte Entwicklungsprozesse darin zu begleiten. 

Nehmen wir an, die Auseinandersetzung mit einem bedingungslosen Grundeinkommen würde als Gesellschaftsentwicklungsprozess aufgesetzt werden. Ausgangslage bzw. Beauftragung wäre die erfolgreiche Petition dazu vom Frühjahr 2020. Solch ein Prozess könnte etwa die Durchführung verschiedener facilitierter Austauschforen beinhalten, in denen Vertreter*innen unterschiedlicher Positionen sich menschlich begegnen können um gemeinsam Synthesen zu erarbeiten. Womöglich würde es sich anbieten, Bürger*innenräte dazu durchzuführen, sowie Prozesse mit Verwaltungen, Kommunen, privatwirtschaftlichen Unternehmen und/oder Branchenverbänden zu initiieren. Gesellschaftsentwickler*innen könnten hier zwischen den Systemen vermitteln, für Öffentlichkeit und Transparenz sorgen und zugleich die Vulnerabilität der Entwicklungsprozesse schützen und Ergebnisse zusammenführen. 

Gesellschaftsentwickler*innen bekämen durch die Arbeit in so unterschiedlichen Systemen ein ausgeprägtes Feingefühl, sich auf jeweilige Systemkulturen einzustellen und zwischen ihnen zu übersetzen – dies würde gleichzeitig ein größeres Generalist*innenwissen bzw. -erfahrung als in der Organisationsentwicklung erfordern. Ihre Stärke läge vor allem im Vermitteln und Halten von ganz unterschiedlichen, teilweise verschränkten Prozessen. Umso wirksamer könnten sie sein, wenn sie in einem Moment mit einer Behörde arbeiten, im nächsten mit dem Familiensystem der Behördenleiterin und im dritten mit dem Klientel der Behörde.

Aus den Erkenntnissen der OE schöpfen

Es gibt viele Fälle, in denen OE-ler*innen neben ihrer „klassischen“ Tätigkeit Bürger*innenforen facilitieren, parallel einer therapeutischen Tätigkeit nachgehen und in ihre Arbeit integrieren oder Nachbarschafts- und Kommunalentwicklung begleiten. Wenn wir in den Bereich der Unternehmensberatung schauen, ist es heutzutage Usus, dass Beratungsfirmen Politiker*innen, Ministerien, Staaten usw. beraten. Dabei bleiben die Beratungen jedoch oft im Hintergrund und sind für die Betroffenen der Beratungsinhalte wenig sichtbar. Eine transparente Prozessbegleitung auf gesellschaftlicher Ebene könnte diese Lücke schließen.

Das Potential, aus der Disziplin der Organisationsentwicklung zu schöpfen, ist groß. Es ist sieben Jahre her, dass Frederic Laloux‘ Reinventing Organizations erschien. In dieser kurzen Zeit sind progressive Organisationen bzw. Praktiken aus der Nische getreten und haben einen nicht zu übersehenden Trend erzeugt. Die Nachfrage nach mehr Resilienz, Partizipation, Authentizität, Selbstverantwortung, Herzlichkeit und gesellschaftlicher Verantwortung in Organisationen ist sprunghaft angestiegen (was sicher nicht nur Laloux zu verdanken ist, doch markiert sein Buch diese Trendwende). Dass der Gesellschaft vieles davon zugute kommen könnte, liegt nahe.

Verantwortung für eine schönere Welt

Aus meiner Perspektive betreiben Organisationsentwickler*innen schon vielfach Gesellschaftsentwicklung, sind sich dieser großen Verantwortung aber nicht zwangsläufig bewusst. Das ist bedauerlich. Mehr denn je braucht unsere Gesellschaft Lösungen, die uns aus bestehenden Paradigmen heraushelfen und dringende Entwicklungen voranbringen. Es gibt glücklicherweise schon eine Menge progressiver Lösungen, wenn wir nur anfangen, uns ein wenig umzuschauen. Für einen guten Rundumschlag empfehle ich Zukunft für alle vom Konzeptwerk neue Ökonomie und Utopia 2048 von Lino Zeddies

Um solchen Lösungen in die Welt zu helfen und weitere zu entwickeln, braucht es Gesellschaftsentwickler*innen, die neben Prozessbegleitung verheißungsvolle Impulse in die Gesellschaft bringen. Der systemische Blick und Einblick in ausstehende Entwicklungsschritte der Gesellschaft ermöglichen es, hier passende Impulse zu setzen. Beispiele für bisherige konzeptionelle Impulse sind etwa Bürger*innenräte, Reinventing Organizations, das bedingungslose Grundeinkommen, die Gemeinwohlökonomie oder (auf niedrigerer Flughöhe) die beiden eben genannten Publikationen. In unserer Zeit reicht es nicht aus, nur auf das, was sich entwickeln will zu warten. Wir brauchen Impulse, die aktiv in eine schönere Welt einladen. Diese zu setzen wäre ebenso eine genuine Aufgabe von Gesellschaftsentwickler*innen. Mit solch einer Verantwortung geht allerdings genauso ein Bedarf an Kompetenzen einher, wozu ich im nächsten Abschnitt einige Vorschläge vorstelle.

Gesellschaftsentwicklung als Disziplin

Was könnte es konkret bedeuten, Gesellschaftsentwickler*in (GE-ler*in) zu sein? Welche Kompetenzen brauchen Menschen, die solch einer verantwortungsvollen Aufgabe nachgehen? Fünf Bereiche möchte ich dazu vorschlagen, die aus meiner Sicht entscheidend sind.

  • Persönlichkeit entwickeln – Ähnlich wie bei der OE ist schon auf dem Weg zur Tätigkeit als Gesellschaftsentwickler*in eine tiefe Auseinandersetzung mit sich selbst, den eigenen Wurzeln und Verletzungen von großer Bedeutung. Um mit Menschen und Systemen in Resonanz gehen zu können, brauchen wir eine innere Geklärtheit und Reife. Wer ständig emotional von anderen aktiviert wird, also starke emotionale Reaktionen erlebt, kann nur schwer in eine fruchtbare Resonanz mit ihnen treten und gemeinsam Entwicklungspotentiale erforschen, respektive den Entwicklungsprozess begleiten. Unbewusst feuernde Ego-Anteile können hier stattdessen Schaden anrichten. Persönliche Entwicklung ist insofern eine Grundvoraussetzung, gerade weil so viel Gestaltungsmacht in den Händen von GE-ler*innen liegt.
  • Utopien entwerfen – Was lässt sich alles aus der derzeitigen Corona-Pandemie an Potentialen heben? GE-ler*innen verbinden sich zwar mit der Tragik einer Situation (Resonanz), gehen aber einen Schritt weiter und fokussieren ebenso auf entstehenden Möglichkeiten. Sie stellen sich regelmäßig die Frage „Was ist in diesem Moment das höchste Potential von … z.B. dem Gesundheitssystem?“ So ergründen sie Potentiale, zeigen sie auf und laden ein, Chancen zu ergreifen. Insofern gehört die Fähigkeiten, Potentiale zu erkennen und frei in verschiedene Möglichkeitsrichtungen zu denken zum Repertoire. Mit ihren Gedankenexperimenten treten sie als Musen auf, um Entwicklungen zu inspirieren. Dabei verbinden GE-ler*innen in scheinbarem Widerspruch stehende Elemente und bilden Proto-Synthesen. Es zählt nicht, welche Idee besser ist als die andere, sondern wie sich die Kerne kreativ zusammenfügen lassen, um etwas Größeres zu schaffen. (Das Konzept der Gesellschaftsentwicklung als Disziplin selbst ist eine Proto-Synthese vieler Einflüsse und Konzepte, die mir bisher begegnet sind – es wird sich zeigen, ob es eine hilfreiche Synthese ist und wie sie sich ggf. weiter entwickelt.)

Beziehungsgeflechte weben – Da es immer unmöglicher wird, von einer einzelnen Warte aus verantwortungsvoll zu intervenieren und mit der uns umgebenden Komplexität umzugehen, brauchen wir die Unterstützung und Perspektiven anderer. Mit fundierter Multiperspektivität können GE-ler*innen adäquat agieren. Zweitens sind Gesellschaften selbst zu großen Teilen ein hyperkomplexes Beziehungsgeflecht. Diese Beziehungen werden ständig aktualisiert und in ihrer Qualität verändert – entsprechend auch das gesamte Geflecht, also die Gesellschaft. Durch das bewusste Gestalten von Beziehungen und Beziehungsgeflechten, prägen GE-ler*innen  unmittelbar die Muster unserer Gesellschaft. Sie können entscheiden, wie engmaschig, bunt oder tragend Netze gewoben sind – darüber entwickeln sie Gesellschaft.

  • Veränderung vorleben – Um in ein anderes Miteinander unserer Gesellschaft zu treten, braucht es Pionier*innen, die durch eigenes Experimentieren und Vorleben Eindrücke dessen transportieren können, was alles möglich ist und wünschenswert sein kann. Als immanenter Teil der gesellschaftlichen Systeme sind wir gefragt, mit den denkbaren Grenzen zu spielen, das scheinbar Unmachbare zu testen und Wege zu begehen, die visionär, reizvoll und einladend sind. Das gilt für unsere individuelle Ebene (wie gestalten wir Freundschaften und Liebe, wie gehen wir mit unserer Nachbarschaft und unserer Umwelt um, wie gehen wir mit unserem Geld um etc.?), es gilt für unsere organisationalen Ebenen (nach welchen Prinzipien organisieren wir uns, wie werden hier Beziehungen gepflegt, welchen Umgang mit Zeit, Stress, Geld, Macht und Inspiration wollen wir hier leben?) und für die gesellschaftlichen Ebenen (wie bringen wir uns bei den großen Themen ein, welches Geschenk haben wir unseren Mitmenschen zu geben, was haben wir der Welt anzubieten?).
  • Prozesse begleiten – Entwicklungen vollziehen sich in Prozessen. Ähnlich wie Kinder Begleitung in ihrer Entwicklung brauchen, bis sie auf eigenen Beinen stehen, können auch Systeme Entwicklungsbegleitung gut gebrauchen. Gesellschaftsentwickler*innen begleiten Prozesse unterschiedlicher Systeme. Diese können einzelne Menschen sein, ein Team, eine Familie, eine Organisation, eine Institution, eine Gemeinde, eine Subkultur, ein organisationales Netzwerk, ein Staat, ein Staatenbund oder ein supranationales Netzwerk. Dabei achten sie auf Wechselwirkungen der Systeme und wechseln wo sinnvoll die Systemebene. GE-ler*innen halten einen Rahmen, in dem sich ein System entwickeln kann. Sie achten darauf, was das System selbst entwickeln möchte und machen in Resonanz damit entsprechende Angebote zum gemeinsamen Explorieren. Für die Prozessbegleitung brauchen sie den entsprechenden Methodenkoffer, der speziell für Gesellschaftsentwicklung teilweise noch zu entwickeln wäre.

Wenn ich Gesellschaftsentwickler*in wäre …

Unsere Welt braucht mehr denn je die Kraft aller, damit wir es hinbekommen, eine neue Geschichte der Verbundenheit statt der Trennung (das dominante Paradigma des 20. Jahrhunderts) zu schreiben. Durch die Komplexität unserer Welt brauchen wir gleichzeitig Menschen, die sich in vielen Bereichen auskennen und sich auf das Begleiten von Entwicklungsprozessen verstehen. Gesellschaftsentwicklung kann ein Weg sein, der es wert ist, weiter erforscht zu werden. Auf diesem Weg werden wir uns unserer schon vorhandenen Gestaltungsmacht bewusster und können sie entsprechend bewusster einsetzen. Fangen wir damit an, uns die Frage zu stellen: „Wenn ich Gesellschaftsentwickler*in wäre – was würde (s)ich ändern?“

Weiterführende Literatur

Über neue Formen gesellschaftlichen Wirkens

Eisenstein, Charles (2017): Die schönere Welt, die unser Herz kennt, ist möglich

Freinacht, Hanzi (2017; 2019): The Listening Society und Nordic Ideology

Dietrich, Wolfgang (2011): Variationen über die vielen Frieden Band 2: Elicitive Konflikttransformation und die transrationale Wende in der Friedenspolitik

Über konkrete Ideen, es anders zu machen

Konzeptwerk neue Ökonomie (2020): Zukunft für alle – Eine Vision für 2048

Zeddies, Lino (2020): Utopia 2048

Laloux, Frederic (2014): Reinventing Organizations

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Fortsätze des oe-tags Berlin 2020

Fortsätze des oe-tags Berlin 2020

Der oe-tag 2020 Berlin “oe-topia: Organisationsentwicklung für gesellschaftliche Veränderung” stand im Zeichen von Aufbruch und Ausprobieren ungewöhnlicher Gedanken zur Gestaltung unserer Zukunft. In Zeiten des zweiten Corona-Lockdowns wirkt es erstaunlich, dass wir uns im September 2020 mit fast 50 Personen an einem Ort getroffen haben. Wenn auch mit Maske und 1,5 Metern Abstand zwischen den Stühlen.

Drei Monate nach dem oe-tag haben wir bei denen, die dabei waren, nachgefragt, was sich aus den Inspirationen für sie weiter ergeben hat. Es ist selten, dass wir als Veranstalter*innen erfahren, was genau denn tatsächlich einen nachhaltigen Effekt hatte. Umso mehr freuen wir uns, dass Inspirationen hängen geblieben sind und wir ein paar Eindrücke davon hier teilen können. 

„Ich fand  es toll, dass eher die „jüngere Generation von Socius“ (sorry, wenn ich das mal so betitele) den OEtag gestaltet hat und präsent war – das fand ich schön und erfrischend.“

„der Satz „Was wäre das höchste Potential von …“ ist in meinem Alltag sehr präsent. DANKE, eine echte Bereicherung gerade in diesen verrückten Zeiten.“

„für mich war der Workshop von Tobi Rosswog inspirierend, auch wenn ich das Thema nicht weiter verfolgt habe.“

 

„also bei mir hängt noch: natürlich der Utopian Charge. Der klingt weiter und ich denke oft daran und denke oft darüber nach, wie man ihn einbauen kann in Prozesse und Rück- und Ausblicke und und und. Sehr simpel und sehr überzeugend.“ 

 

„was mir ist am stärksten in Erinnerung geblieben ist: Dass ich in einem Workshop zur Selbstorganisation selbst erleben konnte, wie das mit improvisierten Musikinstrumenten funktionierte und sich nach kurzer Zeit autopoietisch ein gemeinsamer Rhythmus einstellte, obwohl es keinerlei Vorgaben und Anleitung dazu gab. Das war wirklich beeindruckend, obwohl ich durchaus vorher schon gut funktionierende Selbstorganisation erlebt habe. Aber dass sich diese Erfahrung so einfach in einem Workshop vermitteln ließ, hätte ich mir nicht vorstellen können.“

„ich finde die Bilder, die entstanden sind, wirklich toll – tolle Fotografin! :)“

„ich habe mir auf Inspiration von Carolin Gebel die Karten für Erfolgsmuster in Gruppen www.groupworksdeck.org bestellt. Jetzt bin ich schon sehr gespannt, sie bald in der Praxis erproben zu können.“

 

 

„Das Buch Utopia 2048 von Lino habe ich schon fast durchgelesen und finde es sehr empfehlenswert!“

„Mir bleibt auch hängen, dass das alles Corona zum trotz ganz live und in Farbe stattgefunden hat. Wenn man will, geht so einiges… und eure schöne Energie, nicht zuletzt am Vorabend im Blue Nile.“

„Insgesamt bin ich sehr froh und dankbar, dass Ihr diesen Austausch unter den doch schwierigen Bedingungen ermöglicht habt und bin schon gespannt auf nächstes Jahr!“

Organisationsentwicklung in der Zukunft

Wir danken allen noch einmal ganz herzlich, die zum Gelingen des oe-tags beigetragen haben. Auch uns hat das Thema über das Jahr hinweg und über den oe-tag hinaus beschäftigt (hier spricht nun vor allem das Kern-Orga-Team – Jana Hornberger, Lino Zeddies und Simon Mohn). Drei konkrete Fortsätze wollen wir hier teilen:

  1. Utopian Charge – es ist mittlerweile eine vielfach verwendete Methode für unsere Vorhaben und Projekte geworden, diese mit einer utopischen Aufladung zu versehen. Der Frage “was ist das höchste Potential von…” methodisch nachzugehen hat etwas Magisches und bewährt sich auch in Kund*innenprojekten.

     

  2. OE und GE – die Disziplin der Organisationsentwicklung wird sich weiterentwickeln und auch wir stellen uns regelmäßig die Frage, in welche Richtung das geht. Ein möglicher Weg wurde am oe-tag ständig mitdiskutiert, wenn auch nicht so explizit ausgedrückt. Wie wäre es, wenn wir Gesellschaftsentwicklung zur Disziplin erheben? In diesem Artikel gibt es dazu weitere Gedanken.

3. Gründung Institut – dass persönliche, organisationale und gesellschaftliche Entwicklung einen harmonischen und vor allem wirkungsvollen Akkord beschreiben, ist kein Geheimnis mehr. Dennoch wird das selten konsequent zusammengedacht. Zwei von uns (Simon und Lino) gründen derzeit mit ein paar weiteren Menschen ein Institut, dass sich utopischen Gesellschaftsvisionen und dem Weg dahin in diesem Sinne annehmen wird. Stay tuned.

Sinnvoll zusammen wirken

OE-Topien – das war der oe-tag 2020 live in Berlin

OE-Topien – das war der oe-tag 2020 live in Berlin

Der zweite Teil unseres oe-tags 2020 ist mit viel inspirierter Energie und Veränderungsanregungen zu einem sehr schönen Ende gekommen.

Info: Dieser Artikel wurde kollektiv, Absatz für Absatz von unterschiedlichen Mitgliedern des SOCIUS-Teams geschrieben.

Wie wird in der Zukunft mit Geschlechtern im Arbeitskontext umgegangen? Was ist das höchste und konstruktivste Potential von Geld? Wird es in der Zukunft noch Gemeinnützigkeit geben? Und was macht die Organisationsentwicklung überhaupt in 10 Jahren? Nachdem wir im März den live oe-tag von Juni auf September verschieben mussten, schien es uns in dieser Zeit voller Unklarheit und offenen Möglichkeiten geboten, uns mit starken Utopien und positiven Gesellschaftsvisionen anzureichern und aufzuladen. Mit vielen Fragen an die Zukunft machten wir uns am oe-tag auf eine Reise hin zu progressiven Ansätzen, der Erforschung gesellschaftlicher Fragen und Verantwortung und dem Erkunden von Nischen und unentdeckten Lösungen. 

 

Utopisch aufgeladen

Du betrittst den Saal des Refugio – dem Sharehouse Projekt der Stadtmission im nördlichen Neukölln. Du hast keine Ahnung, was genau Dich erwartet. 50 Stühle stehen wie ein pandemisches Archipel im Raum verstreut: Everyone is an Island – ist das die Zukunft? Es wird schnell klar, dass dies keine Konsum-Konferenz wird, kein Berieselungsbuffet. Du bist gefragt: Wovon träumst Du? Woran glaubst Du? Was ist deine Rolle auf dem Weg zu dieser Utopie? Diese Denkrichtung ist nicht sofort vertraut, hier und da verhakt sich noch etwas. Vielleicht kein Zufall, dass der überwältigende Teil der Social Fiction Filme unserer Zeit dystopisch ist – sind Utopien gar ein Artefakt aus der Vergangenheit? Lino Zeddies, Autor von Utopia 2048, der als Besucher aus der goldenen Zukunft berichtet, lehrt uns anderes – eine sozial und ökologisch gesunde Welt ist vorstellbar. Du spürst in Dir eine Mischung aus Dankbarkeit und naiver Freude aufwallen. Du bist ready, aufgeladen vom Utopian Charge…

 

Utopian Charge? Diese Wortschöpfung beschreibt die Fähigkeit sich in einen anderen Bewusstseinszustand zu begeben, um sich mit utopischen Ideen zu verbinden und zu beginnen diese selbst zu leben und zu verkörpern. Das bedeutet, die Welt so zu akzeptieren, wie sie momentan ist. Angesichts aller gesellschaftlichen Missstände scheint dies nicht leicht. Dennoch geht es darum die Gegenwart aus sich selbst heraus neu und utopisch zu denken. Es geht auch darum, sich selbst zu akzeptieren, denn aus einem “Die Welt ist nicht okay und ich bin es auch nicht”-Gefühl heraus, kann kein utopischer Bewusstseinszustand entstehen. Uns war es wichtig, am oe-tag ein Gefühl dieses Utopian Charges zu vermitteln und wir haben dies verwoben mit den unterschiedlichen Ebenen, auf denen Veränderung stattfinden soll: Der individuellen und Beziehungsebene, auf der Organisations-und Arbeitsebene und der politisch-gesellschaftlichen.

 

Wofür denn eigentlich Utopie?

“Ich bekomme hier mehr Utopie als ich wollte,” bemerkt eine Teilnehmerin energetisiert während eines der acht Workshops. Denn Utopie heißt Hoffnung, Utopie ist die Fähigkeit, sich eine Zukunft auszumalen, die noch besser ist als die Gegenwart. Dies zu üben tut gut. Denn wir tun es viel zu selten. “Wer kennt einen Film, der ein positives Bild von der Zukunft zeichnet?” fragt Andreas Knoth von SOCIUS in seiner Keynote zu “Die Zukunft der OE – welche gesellschaftliche Verantwortung.” Keiner meldet sich. Doch – eine Stimme. Ein Jugendlicher. “Die Thundermans.” Alle anderen schauen sich an und zucken die Schultern. Nie gehört. (Eine nachgelagerte Recherche ergab, dass es sich hier zwar um eine Superheld*innenfamilie mit utopischen Fähigkeiten handelt, die Welt aber durchaus von Superschurken geprägt und weniger utopisch ist.)

Wir sind viel Fahrstuhl gefahren an diesem Tag. Immer wieder war die Frage im Raum, wie sich meine Utopie mit dem gesellschaftlichen Zusammenleben in 2048 verbindet. Zwischen vermeintlich unterschiedlichen Workshops wie dem Umgang mit Geld in der Zukunft und unserem zukünftigen Bild vom Zusammenleben und -wirken der Geschlechter konnten Verknüpfungen gestaltet werden. So entstand auf großer gesellschaftlicher Ebene ein bewegendes utopisches Mosaik während individuell Energie und Ideen gesammelt werden konnten, dieses Mosaik täglich mit Freude anzureichern. Und so war es auch ein Verweben zwischen Menschen und eine Begegnung der ganz besonderen Art.

 

Wir danken allen, die sich mit uns auf diese Reise gemacht haben und dazu beigetragen haben, dass das Konzept des Tages so schön aufgegangen ist und seine Magie entfalten konnte. “Allem Anfang wohnt ein Zauber inne” – diesen Zauber zu systematisieren und als Referenzrahmen für die verschiedenen Workshops und Inputs der ganzen Konferenz zu nutzen, war ein gewagtes Experiment. Wir freuen uns sehr, dass es erfolgreich war.

Weitere Bilder und Infos zum oe-tag finden sich hier.

Book-release und Leseprobe: „Utopia 2048“ von Lino Zeddies

Book-release und Leseprobe: „Utopia 2048“ von Lino Zeddies

Wie würde eine Welt aussehen, in der die sozial-ökologische Wende gelungen ist und sich viele Herausforderungen unserer Zeit zum Positiven entwickelt haben? In einer Zeit vor Corona, genau genommen im Sommer 2019, machte sich ein befreundeter Beraterkollege daran, ein Buch darüber zu schreiben. Lino Zeddies, studierter Ökonom, Organisationsentwickler, Coach, Speaker, Heilpraktiker, Aktivist für eine schönere Welt und zuletzt auch Autor, geht in seiner Erzählung auf eine Vielfalt gesellschaftlicher Bereiche und Fragen ein und orchestriert diese in einem anregenden Werk zu einer gesellschaftlichen Utopie.

Vor etwa einem Monat wurde das Buch punktgenau zur Corona-Krise fertig und dient nun als inspirierendes Narrativ über Möglichkeiten, wie sie in ihren Ansätzen alle schon existieren. Es ist ihm sogar gelungen, die letzten Entwicklungen um Corona noch in die Erzählung einzubetten.

Wir als SOCIUS unterstützen das Projekt, etwa mit der Erstellung eines Videos und hatten Lino zuletzt auch als Facilitator in einem Labor zur Zukunft von Arbeit und Organisationen, dessen Ergebnisse hier nachgelesen werden können.

Einige Inhalte und Eindrücke vom Buch werden in dem vierminütigen Promo-Video deutlich:

Informationen zum Buch

  • Das Buch umfasst 312 Seiten und ist im April 2020 bei Books on Demand erschienen.
  • Die Entstehungsgeschichte, Infos zum Autor, sowie weitere Links zu progressiven Ansätzen sind auf Lino Zeddies‘ Website nachlesbar.
  • Bestellbar ist das Buch bei Books on Demand für € 11,99 gedruckt oder derzeit noch € 4,99 (später € 7,49) als E-Book. Alternativ ist es auch bei den üblichen Buchhändlern online erhältlich.

Leseprobe

Lino hat uns eine exklusive Leseprobe für unsere Leser*innenschaft zur Verfügung gestellt:

Setting der Szene: Lena ist nach einem fast 30-jährigen Komaschlaf im Jahr 2048 aufgewacht und unterhält sich mit dem Ehepaar Helge und Sally über den großen Wandel.

»Lena hat mich eben gefragt, wie wir damals den großen Wandel geschafft haben. Was meinst du? Wodurch wurden all die Veränderungen möglich?«, fragte Helge.
Sally legte sich nachdenklich die Hand ans Kinn und dachte einen Moment nach. Dann schaute sie auf. »Erstmal denke ich, dass der Einsatz für die Veränderungen im Außen nicht von den Veränderungen im Inneren zu trennen ist. Das war früher in der Regel viel zu separiert.«
»Meinst du mit Veränderungen im Inneren Psychotherapie und sowas?«, fragte Lena.
»Zum Beispiel. Wer die Welt verändern will, muss bei sich anfangen. Die innere Heilung und die Auseinandersetzung mit eigenen Verletzungen und Schatten ist daher enorm wichtig. Dabei kann Psychotherapie hilfreich sein oder auch Seminare, Selbsthilfegruppen, Meditations-Retreats oder Wandercoachings.«
Lena lächelte. »Viele Wege führen nach Rom.«
»Genau. Andererseits gab es früher in dem Kontext auch viele Menschen, die immerzu nur um ihre Probleme und Prozesse gekreist sind.« Sally nahm einen großen Schluck Apfelsaft. »Ich hatte mal so eine Freundin, die jede Woche zu ihrem Coach gerannt ist und die Lösung aller Probleme der Welt in der Aussöhnung mit dem inneren Kind gesehen hat. Sie meinte dann, erst alles in sich heilen zu müssen, damit sich die Welt verändert.«
»Aber ist da nicht was dran?«
»Klar ist da was dran. Aber es ein Kampf gegen Windmühlen, in einer verrückten Welt, die kontinuierlich die Menschen krank macht, nur am Individuum anzusetzen und zu versuchen, die Menschen einzeln zu heilen. Innere Heilung ist wichtig, aber es braucht auch unbedingt die damit einhergehenden Veränderungen im Außen.«
Lena nickte. »Die Geflüchteten, mit denen ich früher gearbeitet habe, waren fast alle traumatisiert. Ich habe manchmal gedacht, wenn man das ganze Geld und die Energie, die in die Geflüchtetenhilfe geflossen ist, ein paar Jahre vorher in Friedensarbeit und internationale Reformen gesteckt hätte, hätte man vielleicht manche der Kriege und damit dieses ganze Leid verhindern können.«
Sally nickte. »Genau das meine ich. Gleichzeitig gab es natürlich auch einen Haufen unreflektierter Aktivisten, denen ein bisschen Coaching und Selbstreflexion über ihr inneres Kind sehr gut getan hätte. Dann hätten sie mit ihren inneren Konflikten nicht ihre Projektgruppen und Organisationen belasten müssen.«
»Oh ja«, Lena verzog das Gesicht. »Diese Kandidaten kenne ich auch. Du meinst also, es braucht die Arbeit im Außen und im Innen?«
»Ganz genau. Sowohl als auch. Aber früher wurde alles getrennt und aufgespalten. Da wurde fröhlich der Umweltschutz gegen Soziales ausgespielt, Arm gegen Reich, Männer gegen Frauen, Norden gegen Süden und Alt gegen Jung.«
Lena blickte zu Boden. »Verdammt! Ja, das war schon sehr frustrierend.« Dann schaute sie wieder auf. »Und was führte dann zu dieser Wende? Es scheint ja, dass sich die Bewegungen doch irgendwann vereint haben. Wie kam es dazu, dass immer mehr den Bewusstseinssprung geschafft haben?«
»Vielleicht kann man es als eine Evolution des menschlichen Bewusstseins bezeichnen, dass die Zeit eines Tages reif war für das Integrieren der vermeintlichen Gegensätze. Irgendwann ging in dieser Hinsicht auf jeden Fall ein Ruck durch die Aktivisten. Gleichzeitig verbreiteten sich einige wirkmächtige soziale Technologien wie die Soziokratie, Dragon Dreaming, Theory U, Circling, Art of Hosting, gewaltfreie Kommunikation und so weiter. Das hat vieles in der Zusammenarbeit leichter gemacht.«
Lena zog die Augenbrauen zusammen. »Das meiste davon sagt mir kaum etwas.«
Helge ergriff das Wort: »Genau das war das Problem. Den meisten Aktivisten früher fehlte das grundlegende Handwerkszeug. Das sind alles Methoden für effektive, harmonische und sinnstiftende Zusammenarbeit. Soweit ich mich erinnere, kam das meiste davon erst nach der Jahrtausendwende auf. Außerdem dauert es natürlich, bis sich solche Methoden verbreiten. Diese neuen Ansätze waren jedenfalls extrem hilfreich dabei, ein vertrauensvolleres Miteinander zu schaffen. In den sozialen Bewegungen und NGOs flutschte das Zusammenwirken damit einfach viel besser.«
»Klingt vielversprechend.« Lena dachte eine Weile darüber nach und schob sich noch eine Kirsche in den Mund. »Angenommen, ich könnte in der Zeit wieder zurückreisen. Welche Erkenntnisse hättet ihr mir als Aktivistin vor dreißig Jahren mitgegeben?«
Sally ergriff das Wort. »Nicht gegen das alte System zu kämpfen, sondern für eine schönere Welt. Die Welt braucht stattdessen inspirierende Visionen und überzeugende Beispiele des Wandels. Früher war der Aktivismus meist zu negativ.«
Helge nickte bestätigend. »Das stimmt. Kampf und Widerstand sind die Methoden des alten Paradigmas. Was es für positive Veränderung braucht, sind Mitgefühl, Verständnis und Verbundenheit. Das war eine sehr wichtige Lektion für mich. Wenn man nur das Alte bekämpft, bleibt man stehen und reibt seine Ideale auf. Wie die vielen Freiheitskämpfer, die irgendwelche Diktatoren gestürzt haben und dann selbst zu Despoten wurden.«
»Aber wenn man das Falsche nicht bekämpft, wird es doch noch stärker«, sagte Lena irritiert.
»Natürlich gibt es auch eine Zeit des Kampfes und des Widerstands«, sagte Helge. »Aber meistens erfordert positive Veränderung andere Methoden.«
Sally ergänzte: »Zudem hatten die Mächtigen des alten Systems die Waffen, das Geld, den Überwachungsstaat, die Polizei und die Medien. Einen Kampf in Form eines Kräftemessens konnten wir gar nicht gewinnen.«
»Und was sollte man dann tun statt zu kämpfen?«, fragte Lena.
Helge erhob einen Zeigefinger. »Als Erstes sollte man dafür sorgen, dass es einem selber gut geht. Wenn man sich selber ausbeutet und kaputt macht, ist keinem geholfen. Man muss sich auch Zeit nehmen für die schönen Dinge. Sonst vergisst man, warum man tut, was man tut.«
Sally machte eine bedeutungsvolle Geste. »In der Hoffnung, den Mond zu erreichen, vergisst der Mensch, auf die Blumen zu schauen, die zu seinen Füße blühen. Albert Schweitzer.«
Lena blickte etwas niedergeschlagen. »Puh. Das berührt mich sehr und gleichzeitig fühle ich mich schuldig. Wenn ich ehrlich bin, war ich total drin im alten Trott der Selbstausbeutungsmühle. Da war nix mit Blumen und Leichtigkeit.« Sie nahm sich vom Tisch einen Keks und schob ihn sich in den Mund. »Habt ihr noch mehr guten Rat auf Lager?«
Helge nickte kräftig. »Die Revolution muss Spaß machen!«

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SOCIUS labor Bericht: Zukunft von Arbeit und Organisationen

SOCIUS labor Bericht: Zukunft von Arbeit und Organisationen

Was bringt die Zukunft?

Welche Zukunft wünschen wir uns? Und was können wir tun, um dahin zu kommen?

Wie die Faust aufs Auge passte das schon länger geplante Labor von Lino Zeddies. Ohne eine Ahnung von Corona & co zu haben, hatten wir zu Beginn des Jahres ein Thema ins Auge gefasst, dass mit den dann kommenden Veränderungen der grassierenden Pandemie umso mehr an Relevanz gewann. Seit dem 2. Weltkrieg habe es keine so gravierenden Eingriffe in das öffentliche und private Leben mehr gegeben, schreiben die Zeitungen zu den Maßnahmen. Immer deutlicher zeigt sich, dass damit auch langfristige Veränderungen einhergehen, die wir jetzt noch nicht absehen können. Doch wir können vermuten, ahnen und vor allem: gestalten.

Die weitgreifenden Veränderungspotentiale einer Krise sind gewaltig, schreibt Matthias Horx, Zukunftsforscher, in seinem Buch des Wandels. Doch es gibt immer zwei Richtungen, in die wir gehen können: Regression oder Evolution. Weiter schreibt er „Krise bedeutet einen besonderen Energieaufwand, in dem die Variabilität des Organismus erhöht wird. In größeren Krisen müssen wir uns ‚verpuppen‘, um uns von allzu vielen Außenreizen abzuschirmen.“ (Horx 2011, 120).

Derzeit ist ein Fenster geöffnet um kurzfristige Veränderungen zu testen und in Folge ggf. zu verstetigen. Das gilt sowohl für positiv-utopische Schritte als auch für negativ-dystopische. Doch auch nach der Krisenzeit werden sich Umstände verändert haben und neue Möglichkeiten eröffnen. Ist es da nicht klug, sich jetzt darüber Gedanken zu machen, was auf uns zukommen könnte, welche Chancen sich uns eröffnen und diese zu ergreifen? Wir alle schaffen gesellschaftliche Realität, wenn wir beginnen, Updates von etwas Altem vorzunehmen und Neues zu verwirklichen. Das gelingt uns umso besser, je klarer wir eine Vision einer anzustrebenden Zukunft mit den Chancen der Gegenwart verknüpfen.

Die Zukunft unserer Arbeit unter Laborbedingungen

In Lino Zeddies’ SOCIUS online labor beschäftigten wir uns konkret mit den Möglichkeiten neuer Arbeits- und Organisationsformen. Mit 12 Teilnehmenden im online space gingen wir den Fragen nach, welche Corona-induzierten Veränderungen wir bisher beobachten, welche Utopie unserer eigenen Arbeit wir eigentlich haben, in welche Richtungen sich die derzeitigen Veränderungen (nicht nur die Corona-induzierten) weiterentwickeln könnten und welche Trends wir beobachten. Dabei schauten wir auch explizit auf die schönsten aller Möglichkeiten und auf die wirklich verstörendsten Szenarien.

Gemäß dem Motto „Die Zukunft der Arbeit“ veranstalteten wir passend das erste online-Labor (in dem Fall natürlich den derzeitigen Beschränkungen geschuldet) aus einer Verbindung aus Konferenzsoftware und digitalem Whiteboard.

Zu Beginn unseres Austausches haben wir uns über die Auswirkungen der aktuellen Situation bezogen auf unsere Arbeit unterhalten: Dabei wurden die neuen Möglichkeiten der online-Kommunikation positiv wahrgenommen, etwa durch die freie Gestaltung des Arbeitsortes und verbundenen Naturerlebnissen, und ebenso der erhöhten Reichweite (einige Teilnehmerinnen hätten sonst gar nicht an unserem Labor teilnehmen können). Auf der anderen Seite wurden schwierige Zugänglichkeit mancher Berufsgruppen, erschwerte Konfliktbearbeitung und die Anstrengungen durch die vielen online-Calls als schwierige Begleiterscheinungen aufgezählt.

Als Beraterkollegen und Freund von SOCIUS luden wir Lino Zeddies ein, das Labor für uns zu gestalten. Dabei ist Beratung allerdings nur ein kleiner Teil der Vielfältigkeit seines Wirkens. Als studierter Ökonom hat er sich viel mit alternativen Wirtschaftsmodellen beschäftigt und hält Vorträge und Workshops zum Thema Geld und der Finanzwirtschaft. Ebenso hat er sich mit Psychologie und Persönlichkeitsentwicklung beschäftigt und dadurch mitunter als Heilpraktiker und Coach gearbeitet. Unabhängig vom Thema, mit dem er sich beschäftigt, fallen bei Lino immer wieder die gleichen Querschnittsfragen: Wie könnte es in 20, 30 Jahren darum stehen? Was wäre das Beste, was sich daraus entwickeln ließe? Wie lässt sich das heute schon umsetzen? Als neuestes Projekt hat er seine gesammelten Bausteine einer schönen Zukunft in ein Buch gegossen: Utopia 2048, das just wenige Tage vor dem Labor fertig wurde. Darin beschreibt er erzählerisch eine inspirierende Welt, wie sie in knapp 30 Jahren aussehen könnte und was rückblickend nötig war, um diese Utopie Wirklichkeit werden zu lassen.

In Kleingruppen beschäftigten wir uns folgend mit unseren persönlichen Visionen unserer Arbeit, wo unter anderem sinnhaftes Tätigsein und eine Reduktion von Pflichtarbeitszeit im Vordergrund stand. Dies ging mit vielfach genannter Entkopplung von Einkommen und Tätigsein einher. Hier wurde deutlich, dass es einen großen Wunsch nach gesellschaftlicher Anerkennung aller Tätigkeiten gibt, auch derer, die bisher wenig unter dem Gesichtspunkt von Lohnarbeit betrachtet wurden. Hier wurde gleichzeitig eine stattfindende Veränderung deutlich, da die so genannte Care-Arbeit im öffentlichen Diskurs momentan als sehr systemrelevant erkannt wird.

 

Was bringt die Zukunft?

Als inspirierendes Bonbon erhielten wir an dieser Stelle eine Leseprobe aus Lino Zeddies’ Buch „Utopia 2048“. Darin hatte sich VW zum erfolgreichen Hersteller von Drohnen avanciert, die in dieser Zukunft einfache Aufgaben und Botengänge erledigten und den Menschen vielerlei hilfreiche Tätigkeiten abnahmen. Menschen beschäftigten sich dafür mit anregenden, sie erfüllenden Arbeiten, wobei der Begriff „Arbeit“ eher der Vergangenheit angehörte, da er so viele negative Assoziationen weckte. Folglich wurde auch das Arbeitsamt in „Berufungsamt“ umgetauft, welches die Bevölkerung beim Finden ihrer Berufung behilflich war. Durch die Absicherung eines bedingungslosen Grundeinkommens gab es in dieser utopischen Welt keinen Wegbruch von Sicherheiten zu befürchten. Im vorgelesenen Abschnitt wurde die Sinnlosigkeit der Erhebung von Arbeitslosigkeit von den Protagonist*innen diskutiert. Ebenso sprachen sie darüber, dass eine Abwicklung überholter Industrien und Einstellung der staatlichen Unterstützung sozial und ökologisch schädlicher Unternehmen finanziell für das Grundeinkommen aufgekommen war. Das Grundeinkommen unterstütze und die Menschen fortan beim Nachgehen ihrer Wunschberufe

Mit diesem mindset ging es dann richtig los mit dem Visionieren, als wir unseren kühnsten Phantasien – Utopie wie Dystopie – freien Lauf ließen. Hier einige der gesammelten Ideen:

Utopie 

  • Sowohl das Sein mit sich selbst als auch das Miteinander würde in der Zukunft anders sein. Die Menschen wüssten mehr, was ihnen eigentlich liegt und würden dem nachgehen. Arbeit würde individuell Sinn erzeugen und ggf. sogar tauschlogikfrei sein, also nicht an ein direktes Entgelt gebunden sein. So würde auch die Selbstoptimierungslogik der Vergangenheit angehören und Leistung käme aus einer Quelle der Inspiration und weniger aus Wettbewerbsängsten. Die Mitarbeiter*innen stünden in tiefen, authentischen Verbindungen miteinander.
  • Unternehmen und Organisationen wären eher klein bis mittelgroß und würden eine attraktive und inklusive Vielfalt abdecken. Die Arbeitsumgebungen wären so gestaltet, dass sie eine Wohlfühlatmosphäre verbreiten würden und vielerlei, teilweise naturverbundene Arbeitsplätze ermöglichen.
  • All jene, die von Entscheidungen in Unternehmen/Organisationen betroffen sind, würden in den Entscheidungsprozess eingebunden, genannt wurden hier Kreisorganisationen, entlehnt aus der Soziokratie.
  • Schulen wurden als eigene Organisationsform als Schutzräume des Experimentierens genannt, in denen neue Ideen entstehen und ausprobiert werden könnten.
  • Die Menschen wären in ihrem Leben nicht mehr an einen oder vielleicht zwei Berufe gebunden, sondern hätten größere Flexibilität der beruflichen Freizügigkeit. Dabei würde sich auch die Arbeitszeit verkürzen – Teilzeit wäre das neue Normal.

 

Dystopie

  • Die Messung und Bewertung all dessen, was Menschen beruflich und privat tun, würde zunehmen und als permanentes Damoklesschwert über ihren beruflichen Existenzsicherungen hängen. Ähnlich wie es in China bereits gehandhabt wird, wären social scoring Systeme verbreitet und eine Atmosphäre von Missgunst und Misstrauen würde die Menschen in zunehmend heftigeren Wettbewerb und Selbstausbeutung treiben.
  • Arbeit würde nur noch von einigen wenigen, monopolistischen Konzernen ermöglicht werden, deren Bosse sich in steilen Hierarchiepyramiden ausschließlich um Gewinne scherten. Produziert würden schlussendlich nur noch ausbeuterische und ungesunde Produkte. Die Arbeit selbst wäre monoton und fremdbestimmt.
  • Ein Rückgang an Sozialstaat und nationalistische Tendenzen würden den non-profit Sektor austrocknen, im Zuge dessen auch Care-Arbeit zum Erliegen käme. Diese würde wiederum von automatisierten Systemen übernommen, die in Kindergärten und anderen Einrichtungen die Betreuung aller Fürsorgebedürftigen mechanisch übernähmen.
  • Errungenschaften der Gleichberechtigung würden zurückgehen und soziale Ungleichheit würde massiv zunehmen.
  • Der Trend zur Verbindung von Arbeit mit Spiritualität und Persönlichkeitsentwicklung würde entweder wieder gekappt und ausgetrocknet oder so ausgehöhlt, sodass sogar diese intime Bastion der Menschen der Selbstvermarktungslogik zum Opfer fallen würde.

Es war bemerkenswert, welche Spanne von schönen und abschreckenden Szenarien sich unsere Gehirne gemeinsam ausdenken konnten und das wiederum schaffte eine interessante Gleichzeitigkeit von Verheißung und Abstoßung. Es verdeutlichte uns als Gruppe außerdem die Lust aber auch Notwendigkeit eines beherzten Zupackens, um unsere Welt im Sinne der utopischen Möglichkeiten zu gestalten.

Wo setzen wir unseren Fokus?

Abschließend kamen wir darauf zu sprechen, welche derzeitigen Trends die zuvor skizzierten Möglichkeiten unterstützten und teilten sie nach Chancen und Gefahren. Erstaunlicherweise kamen in dieser Diskussion etwa zehn identifizierte Chancen entgegen nur einer Gefahr zusammen. In einer Reflexion über diese Disproportionalität wurden wir umso mehr gewahr, wie sehr eine schöne Zukunft für uns als Gruppe Zugkraft hatte. Dies brachte aber zugleich das Risiko mit sich, die Gefahren zu übersehen oder zu trivialisieren.

Es ist eine vermutlich individuell zu beantwortende Frage, inwieweit wir uns Gefahren oder Chancen zuwenden möchten. Implikationen hat es allemal, sowohl gesellschaftlich als auch für die eigene Lebensgestaltung. Ich zog für mich den Schluss, meine Offenheit gegenüber verheißungsvollen und realisierbaren Modellen einer schöneren Arbeits- und Organisationswelt zu vergrößern, Gefahren dabei aber weder zu ignorieren noch ihnen zu viel Raum einzuräumen.

Trotz der Distanz via online-Labor, entstand ein gemeinsames Verheißungsgefühl und löste bei einigen den Wunsch nach mehr Austausch über die Zukunft der Arbeit und Organisationen aus. Angeregt teilten wir am Ende noch einige Ressourcen zur Thematik.

Vielen Dank an Lino für die kurzweiligen Stunden und die vielen neuen Ideen einer lebenswerten Zukunft!

Wer dazu eine umfassende und schön eingebettete Sammlung an progressiven Ideen lesen möchte, kann sich auf Lino Zeddies’ Website näher über das Buch, die Ideen und Bestellmöglichkeiten informieren.

Literatur

Horx, Matthias, 2011: Das Buch des Wandels – Wie Menschen Zukunft gestalten. Erschienen im Pantheon Verlag

Zeddies, Lino, 2020: Utopia 2048. Erschienen im Selbstverlag bei Books on Demand

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Emotionale Transformation – Ralph Piotrowski – Mitschnitte vom oe-tag 2019

Emotionale Transformation – Ralph Piotrowski – Mitschnitte vom oe-tag 2019

Der oe-tag 2019– feelings@work wurde von Ralph Piotrowski mit einer 20min Keynote zum Thema Emotionale Transformation eröffnet. Aufgrund der Tonqualität empfehlen wir die Untertitel zuzuschalten. Unterhalb des Videos finden Sie auch die vollständige Transkription.

 

Ralph Piotrowski ist seit 2009 Teil des SOCIUS Teams und arbeitet dort viel zu Selbstorganisation und NewWork. Mit Emotionen beschäftigt er sich auch intensiv in seiner Tätigkeit als Paartherapeut.

Die im Vortrag verwendeten Graphiken können Sie hier runterladen.

Den Link zur Webseite des oe-tages 2019 finden sie hier.

 

Transkription der Keynote:

Emotionen. Emotionen sind in der traditionellen Arbeitswelt so etwas wie die ungeliebte Verwandtschaft, die bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit vorbeikommt. Viele junge Leute und viele Menschen wie ihr haben keine Lust mehr in traditionellen Arbeitskontexten zu leben, wo sie einen Teil Ihres Lebens abschneiden müssen, Teile ihrer Energie verlieren und deswegen sind wir gemeinsam auf der Suche danach neue Organisationsformen zu bauen.

(Mikrowechsel)

Warum sind wir auf der Suche nach neuen Organisationsformen. Einerseits natürlich, weil wir hoffen, dass wir unsere Organisationsziele noch besser erreichen, andererseits auch geht es mit der Annahme einher, dass es da draußen neue Herausforderungen gibt. Stichworte sind hier die VUCA – die Welt ist also volatiler, komplexer, wo wir andere Formen des Zusammenarbeitens brauchen, um bessere Antworten zu finden. Aber auch, um Organisationsformen zu finden, die uns gut tun, die menschengerechter sind, in die wir unsere Energie voll einbringen können. Die Stichworte hierfür sind bekannt von Soziokratie bis Holakratie, die ganze Diskussion über New Work. Es gibt eine ganze Tradition von Bewegungen, die versucht haben, anders mit Emotionen umzugehen, aber bisher noch nicht in den Mainstream gekommen sind.

Ich würde gerne einen kurzen theoretischen Input geben, ich habe im Vorfeld mit den Kolleg*innen und Referent*innen ein bisschen ausgetauscht und die Frage gestellt, was kommt euch in den Sinn, was versteht ihr unter Emotionen und wo begegnen euch Emotionen in der Arbeitswelt? Und das Spektrum war natürlich groß. Von Antworten wie Emotionen sind so was wie Seismographen für Bedürfnisse, so etwas wie, dass wir ein subtileres Sensorium entwickeln müssen, wie geht es uns mit unserer Steuerungsfähigkeit bis hin zu gesellschaftspolitischeren kritischeren Ansätzen, die Angst vor Emotionalisierung von Diskursen haben. Die Erfahrung, die wir gerade machen, dass Diskurse irgendwie von Rechtspopulisten belegt werden, dass Metaphern belegt werden, dass Bilder belegt werden, dass dies so eine emotionale Stimmung in uns erzeugt, die Angst schürt und Menschen in eine Handlungstendenz drängt.

Was sind Emotionen?

Emotionen werden unterschieden häufig auch in Abgrenzung zu Gefühlen und Stimmungen, das ist eine typische Differenzierung, dass Stimmungen etwas Langwierigeres sind, sie gehen nicht so schnell weg, sind eine Grundstimmung, eine Grundtendenz. Und ein Gefühl, das schnell hochkommt und an der Oberfläche ist. Das kann man dann auch unterscheiden zu Körperempfinden. Und das Körperempfinden dann z. B. abgrenzen zu Sinneswahrnehmung. Und eine spannende Frage, die Christian gestellt hat, ist was ist eigentlich der Unterschied zu Intuition. Was ist Intuition und wie unterscheidet man das?

 

Ich will hier eine Sichtweise auf Emotionen vorschlagen, die mehr das organismische Erleben als solches thematisiert und nicht zwischen Gefühlen und Stimmungen differenziert, es geht um die Gesamterfahrung und Ausgangspunkt ist eine evolutionäre Sicht auf Emotionen. Emotionen werden hier gesehen als teilautomatische Bewertungssysteme einer Situation, die mit einer gewissen Handlungstendenz einhergehen. Also teilautomatisch festlegen. Wenn uns gewisse Dinge entgegentreten, passieren automatisch gewisse Abläufe in uns. Das ist nicht komplett automatisch, sondern eben teilautomatisch und das, was mit uns passiert, bringt uns in eine Handlungstendenz.

 

Das Bekannteste hier ist der fight und flight Mechanismus, Angriff oder Flucht. Und der Hintergrund, warum sich das in der Evolution durchgesetzt hat, ist, wenn es darauf ankommt, wir schneller reagieren können, die Emotionen uns sofort in eine Handlungstendenz bringen. Jetzt kann das für die Situation stimmig sein, wir erleben aber auch oft, dass wir in irgendwelchen Emotionen sind, die für die Situation nicht so super hilfreich sind. Und das hat damit zu tun, dass es in der heutigen Zeit selten darauf ankommt (schnell reagieren zu müssen). Gleichzeitig gibt es – und das wollen wir gleich weiter ausdifferenzieren – unterschiedliche Formen von Emotionen, die unterschiedliche Ursachen haben.

 

 

 

Die Hauptthese, die ich hier vertrete, ist „Manchmal hören wir zu wenig auf unsere Emotionen“ das ist die ganze Tradition der Achtsamkeit, wo es darum geht einzuüben, wir brauchen ein feineres Sensorium um wahrzunehmen, was in uns geschieht. „Und manchmal hören wir zu viel auf uns“. Manchmal lassen wir uns von unseren Emotionen mitreißen und im Nachhinein ist es dann nicht so hilfreich gewesen.

3 Formen von Emotionen

Und was bedeutet das dann für emotionale Kompetenz? Eine gewisse Differenzierungsfähigkeit, wo wir uns befinden. Ein Vorschlag hierfür, der aus der emotionsfokussierten Therapie entlehnt ist, aber ein etwas vereinfachtes Modell ist, weil es in der emotionsfokussierten Therapie weitergehende Unterscheidung gibt. Ist zu unterscheiden zwischen primären Emotionen, sekundären Emotionen und instrumentellen Emotionen.

 

Primäre Emotionen

 

Primäre Emotionen, sind die, die total stimmig sind, die im Hier und Jetzt stattfinden. Z. B. es kommt etwas auf uns zu, ich erlebe vielleicht eine Grenzüberschreitung, ich bin wütend und ich bin ärgerlich und die Wut und der Ärger hilft mir Grenzen zu setzen. Das Besondere daran ist, dass wenn ich die Emotionen ausleben kann, sie auch komplett wieder verschwinden, dass ich sie komplett ausdrücken kann und dass die Energie fließt.

 

Ein Indikator von emotionaler Kompetenz oder von gesundem emotionalem Erleben ist auch fluide sein zu können im Wechsel der Emotionen. Also nicht zu sagen, es gibt eine schlechte Emotion und es gibt eine gute Emotion, sondern einfach die Zustände unblockiert wechseln zu können.

 

Sekundäre Emotionen

 

Nun gelingt uns das aber nicht immer, wir sind in Kontexten gewesen in der Schule und auch in Unternehmen, wo wir diese Emotionen nicht ausdrücken konnten, was dann passieren kann, ist, dass sich ein emotionaler Rucksack bildet, dass wir die Emotionen im Körper vielleicht speichern, dass wir die Emotionen in Gedanken umwandeln, dass wir Glaubenssätze haben oder dass wir auf Erfahrungen aus der Vergangenheit reagieren. Das wären dann so etwas wie sekundäre Emotionen.

 

Ein Beispiel hierfür wäre, das mir kürzlich passiert ist, ich bin von einem Tagesauftrag zurückgekommen und war mit meiner Frau Anne verabredet. Und hatte mir das so schön vorgestellt, wie sie am Bahnhof steht, ich weiß gar nicht, was ich mir vorgestellt habe, ich habe mir irgendetwas vorgestellt, offensichtlich, dass sie mit verliebten Augen schon Hufe scharrend am Bahnsteig steht, habe mir das ausgemalt, dass es eine total schöne Situation werden wird. Ich sehe sie schon aus dem Fenster und sie telefoniert mit jemand anderem und hat mit jemand anderem Spaß. Und in dem Moment – und ich kann ja nur spekulieren – irgendeine Emotion kam hoch, von früher, nicht genug beachtet zu werden oder was weiß ich. Bis ich dann draußen war, hat Anne schon längst aufgelegt und ich hatte noch mit meiner Emotion zu kämpfen, die mich in dem Moment überwältigt hat. Und das sind Mechanismen, mit denen wir umgehen müssen. In diesem Moment ist mir das ganz gut gelungen, wieder einzufangen, aber ich erinnere mich an genug Beispiele in meinem Leben, wo es mir das nicht so gut gelungen ist. Wo ich in dieser Emotion verhaftet blieb. Ich hatte mir explizit vorgenommen ein schönes Willkommen zu haben. Und das sind sekundäre Emotionen, die dann auftauchen, die nichts mit der Situation zu tun haben. Überhaupt nichts.

 

Instrumentelle Emotionen

 

Und einen dritten Typus von Emotionen sind instrumentelle Emotionen, das sind sowas wie Krokodilstränen weinen, wo wir so einen bewussten oder unbewussten Manipulationsimpuls haben. Wo wir irgendwann in der Vergangenheit gelernt haben, wenn wir diese Emotion zur Schau stellen, dann bekomme ich ein Ergebnis, das ich gut finde. Und wie gesagt, das muss uns gar nicht bewusst sein, das ist irgendwas, was wir gelernt haben, was sich für uns in dem Moment normal anfühlt.

Emotionen im Arbeitsalltag

Dann Umgang mit Emotionen in professionellen Kontexten. Im traditionellen Mainstream spielen Emotionen eine sehr kleine Rolle. Sie spielen schon eine Rolle, wenn man in den Bereich des Marketings reinschaut, man hat sich immer schon gefragt, „in welche emotionalen Zustände muss ich Menschen bringen, um ihnen Dinge zu verkaufen“. Auch in der ganzen Diskussion um Motivation: wie motiviere ich Menschen?

Aber eigentlich ist es das, was wir vorhin gesagt haben, Emotionen sind hier das Schmuddelkind, mit denen wir nichts zu tun haben wollen, wir wollen lieber rational sein und Emotionen wegschieben. Weil Emotionen funken uns dazwischen und wenn wir uns damit beschäftigen und in die Tiefe reingehen, dann ist das viel zu kompliziert und wenn das schief geht, dann wird es noch viel schlimmer. Also werden Emotionen hier eher weggedrückt.

Und was macht das mit uns? Es gibt ja auch Situationen, da ist das sogar kurzfristig funktional, aber die Gefahr ist immer, dass wir unseren emotionalen Rucksack sehr stark aufbauen und das uns an anderer Stelle wieder dazwischenfunkt. Das viele Konflikte viel langfristiger sind als sie sein müssen, dass wir nicht in die positive Energie reinkommen, nicht in die Kreativität wie wir sie eigentlich haben wollen.

 

Dann, im aktuellen Diskurs (um New Work) wird versucht einen aktiveren Umgang mit Emotionen zu pflegen, einen bewussteren Umgang mit Emotionen zu haben. Wir sind alle auf der Suche nach irgendwelchen Tools, nach irgendwelchen Dingen wie wir Emotionen in den Arbeitsalltag integrieren können. Und Energien sollen hier zum Fließen gebracht werden. Viele sagen auch, wenn wir vollständig da sind, dann haben wir auch ein ganz anderes Miteinander und einen ganz anderen Modus des Zusammenarbeitens.

 

Und zukünftig sind wir vielleicht mal – was weiß ich in 100 Jahren – in einer Welt, in der wir Emotionen so gut integriert haben, dass wir kaum noch mit unserem emotionalen Rucksack zu kämpfen haben, dass wir vor allem mit unseren primären Emotionen unterwegs sind, dass wir Räume haben, in denen wir Emotionen ausleben können und wir zusammen in einen schönen energetischen Fluss gibt.

 

Emotionen und Selbstorganisation

 

Dann ist derzeit ein großer Trend der Weg zur Selbstorganisation. Und Selbstorganisation geht einher mit der Fantasie, mit der Forderung, mit der Hoffnung auf andere emotionale Kompetenzen und ein Bild, das wir dafür gerne verwenden, ist, dass es in traditionellen Organisationen noch einen festen Rahmen gibt, da gibt es eine Struktur und diese Struktur hat auch eine bestimmte Funktion. Das ist eine gute Funktion, sie stellt Sicherheit her, sie stellt eine Handlungsorientierung sicher und teilweise dient sie auch zur Motivation von Menschen. Das leistet sie normalerweise. Motivation vielleicht nicht unbedingt auf die beste Art und Weise, aber die Menschen kommen zumindest zur Arbeit.

Dann, wenn wir den Weg hin zur Selbstorganisation gehen, dann haben wir eher so etwas wie eine Spielfeldbegrenzung und die Funktion, die eine äußere Struktur wahrgenommen hat, die muss an einer anderen Stelle wahrgenommen werden. Von daher rührt die Vorstellung, dass diese Funktionen von einer inneren Struktur her übernommen werden kann. Und dass diese Funktion besser übernommen werden kann als sie die äußere Funktion leisten kann. Aber es ist eben nicht so einfach Sicherheit, Motivation, Handlungsorientierung aus sich selbst zu schöpfen, wenn man das nicht eingeübt hat. Und das ist die Reise, auf der wir alle gemeinsam sind, dafür Strukturen zu finden, dafür Methoden zu finden, das gemeinsam zu lernen.

New Work: Verheißung oder Anforderung?

Und gleichzeitig ist das immer ein bisschen so ein schmaler Grat. Also wenn man das in ein Vokabular fasst von „Das ist Selbstentfaltung, es geht um Verbundenheit in der Welt“ dann geht uns das Herz auf. Wenn wir aber von „emotionaler Fitness“ reden, von „emotionaler Agilität“, wenn das zu einer Forderung wird, ich muss jetzt ins emotionale Fitnessstudio gehen, um den Anforderungen dieser Welt gerecht zu werden. Was mache ich denn, wenn ich die inneren Strukturen nicht zur Verfügung habe? Was mache ich denn, wenn die äußere Struktur mich verlässt? Dann fühle ich mich vielleicht verloren.

Während unserer Vorbesprechung hatten wir einen schönen Gedanken: Eine Organisation, die versucht, das einzufordern, im Gegensatz zu einer Organisation, die das Thema als gemeinsames Lernfeld angeht. Was würden denn da Unterschiedliches in der einer Stellenausschreibung stehen?

Im ersten Fall würde vielleicht so etwas drinstehen wie „Wir brauchen jemanden der teamfähig ist, wir brauchen jemanden, die emotional fluide ist“ und da kommt es wie eine Anforderung daher. Du musst emotional kompetent sein, um bei uns arbeiten zu können. Und wenn du das nicht bist, dann musst du in ein Trainingslager, dann kannst du in drei GFK-Workshops gehen und dann musst du kompetent sein.

Und im zweiten Fall würde in der Stellenausschreibung so etwas drinstehen wie die Bereitschaft, sich mit sich selber auseinanderzusetzen, die Bereitschaft, sich mit uns in einen Lernraum zu begeben. Ich glaube, das muss schon da sein. Die innere Bereitschaft zu sagen, ok, darauf habe ich Lust. Und ich habe auch Lust auf Momente, die nicht so lustig sind. Was heißt hier Lust, Persönlichkeitsentwicklung heißt auch immer ein stückweit aus der Komfortzone herauszugehen. Das ist der Unterschied zwischen „Ich muss das machen“ oder „Ich kann das machen, ich will das machen“. Und ich kann mich auch zurückziehen. Hier in diesem Bereich ist es auch ganz wichtig, dass die Menschen die Erlaubnis haben, nicht mitzumachen. Auch mal zu sagen „Nee, ich will mich gerade nicht zeigen. Das ist mir gerade zu verletzlich.“ Dass das auf Freiwilligkeit beruht.

 

Emotionen in der Organisationsentwicklung: Vier Lernfelder.

Lernfeld 1: Das Potential von Emotionen nutzen

Dann, was heißt das für die Organisationsentwicklung? Wir haben unterschiedliche Lernfelder identifiziert. Das erste ist, Räume zu schaffen, das Potential von Emotionen zu nutzen. Eine gemeinsame Sprache zu finden. Emotionen wahrnehmen zu können und anschlussfähig ausdrücken zu können. Auf eine Art und Weise, die uns auch in Kontakt bringt. Erich Fromm hat einmal gesagt, dass Menschen sehr dazu neigen, über Emotionen zu sprechen und sehr wenig dazu, die eigenen Emotionen zu fühlen. Und dass wir Räume in Organisationen schaffen, um gemeinsam zu fühlen.

Wir hatten kürzlich ein Labor zu dem Thema Trauer in Organisationen. Und es könnte zum Beispiel darum gehen, heilsame Räume zu schaffen, wo wir gemeinsam fühlen und wo wir uns gegenseitig hören und uns verstanden fühlen.

  Und was da im Kern passiert ist, dass wir Vertrauen einüben. Vertrauen darauf, dass, wenn wir uns verletzlich zeigen, dass es zumindest langfristig einen Umgang damit gibt. Es gehört auch dazu – wir haben ja alle diesen emotionalen Rucksack – es wäre naiv zu sagen, wir zeigen uns verletzlich, wir können darauf vertrauen, dass diese Verletzlichkeit nicht wieder an irgendeinem Punkt – missbraucht ist vielleicht zu viel gesagt – aber es wird passieren, dass wir verletzlich sind und wir uns gegenseitig weh tun. Aber dann zumindest wieder in Kontakt gehen und darauf zu vertrauen, dass es einen Prozess gibt, der das auch wieder aufnehmen kann. Dass wir uns gegenseitig in die Augen schauen und sagen, dass ist die gemeinsame Reise, die wir machen. Das ist der Weg, den wir gehen.

Lernfeld 2: Der Umgang mit unserem emotionalen Rucksack
Dann Umgang mit Emotionen, dieser Rucksack, Emotionen im Alltag. Wenn wir unsere eigenen Emotionen nicht als sonderlich hilfreich erleben, wenn wir die Emotionen der anderen nicht als sonderlich hilfreich erleben, dafür Räume zu schaffen, definitiv in Teammeetings, in Konflikten, und was wir da tun können, ist Haltungen zu fördern. In Teamsupervisionen sind das häufig Prozesse, für die man etwas länger Zeit braucht. Und eine Haltung, ein Begriff, den wir häufig verwenden ist „Neugier statt Empörung“. Immer wieder einzuüben mit Neugier auf den Anderen zu schauen, mit Neugier zu schauen, was steht dahinter, was sind die Ausdrucksformen und was sind die dahinter liegenden Bedürfnisse.

Lernfeld 3: Emotionen transformieren

Dann Emotionen transformieren. Zum Einen diese Vorstellungen – sei es, dass wir das bewusst machen oder unbewusst machen – dass wir nicht nur damit beschäftigt sind kognitiv unterwegs zu sein, sondern dass sich auch natürlich irgendwelche Dinge in der Gruppe (emotional) verändern. Wenn wir zum Beispiel auf ressourcenorientiertes Arbeiten schauen, was jede*r von uns bestimmt schon gemacht hat, dann hat das ja diese Komponente von, ok, ich vergesse auch bestimmte Ressourcen nicht, die ich habe. Also etwas kognitives. Was ja eigentlich auch passiert, Hypnotherapeuten würden das so fassen, dass wir eine Gruppe von einer Problemtrance in eine lösungsorientierte Trance bringen, dass sich physiologisch auch etwas ändert. Wir hatten das kürzlich. Allein dieser Fokus (auf Emotionen) auch wenn man denkt man macht das Gleiche – so habe ich das erlebt – allein wenn ich den Fokus habe, es geht auch darum, die Gruppe auch in eine Emotion zu bringen, macht es mit der Gruppe etwas anderes als wenn ich denke, ich schreibe nur die Ressourcen auf, die uns gerade einfallen.

Lernfeld 4: Bewusster Umgang mit zu erwartenden Emotionen

Und Umgang mit zu erwartenden Emotionen, Reaktionen in besonderen Situationen. Was ich damit meine ist, dass es bestimmte Prozesse gibt, in denen bestimmte Emotionen wahrscheinlich werden. In Change Prozessen gibt es z. B. unterschiedliche Kurven, an welcher Stelle welche Emotionen auftreten. Und ich glaube, auch da können wir noch ein viel ausgefeilteres Instrumentarium entwickeln. Und heutzutage sind viele ständig in prekären Arbeitsverhältnissen oder in kurzfristigen Arbeitsverhältnissen, z. B. in Universitäten. Wenn wir mit Universitäten zusammenarbeiten, wissen viele nicht, wann ihr Vertrag verlängert wird. Und die ganze Zeit ist Unsicherheit ein Thema. Letztendlich geht es darum zu lernen, Unsicherheit zu ertragen. Wir wissen oft, es gibt Strukturen, die werden bestimmte Emotionen hervorrufen und wie können wir damit umgehen. Wir haben alle gemeinsam viele solcher Instrumentarien entwickelt. Viele Tools und Praktiken, die entweder dazu da sind, mit Emotionen umzugehen oder Emotionen hervorzurufen. Wenn wir z. B. in Organisationen sind, die gemeinsam ihr Gehalt aushandeln, werden ganz andere Emotionen aktiviert als wenn man sein Gehalt automatisch bekommt. Und wir kennen alle unterschiedliche Tools. Vielleicht gelingt es uns im Laufe des Tages weitere Tools zu sammeln und uns auszutauschen, was wir gerne machen, um gegenseitig Anregungen zu bekommen.

Praxisbeispiele

Und drei Sachen, die wir gerne machen – das kennt ihr vom oe-tag – das ist z. B. eine Minute Stille, das ist nur so etwas ganz kleines, damit haben wir vor zwei Jahren den oe-tag begonnen. Wenn man das z. B. bei Teammeetings macht, sich diese Zeit zu nehmen, sich zu fokussieren, dann macht das einen riesigen Unterschied. Und das spannende ist, dass wir das alle wissen, wir haben das alle positiv erfahren und trotzdem verläuft sich diese Praxis bei uns. Und es ist ein spannendes Thema, wie wir diese Praxis aufrechterhalten können. Und ich habe mir z. B. vorgenommen, dass wir das wieder machen.

Ein zweites Tool, das wir häufig verwenden ist, unser sogenanntes Emo-Board. Wir legen einfach bestimmte Emotionen auf dem Boden und entweder am Anfang, währenddessen oder am Ende die Menschen bitten, Figuren darauf zu positionieren, wie geht es euch gerade. Das ist ein bisschen wie ein iteratives Check-In. Aber dadurch, dass Emotionen vorgegeben werden, ist ein bisschen ziselierter. Und die Diskussionen, die da auftreten sind sehr spannend. Und natürlich kann auch jede*r eigene Emotionen ergänzen. Was ich hier besonders spannend fand ist, dass hier z. B. auch Scham benannt wurde, dass Scham hierdurch in diesem Kontext besprechbar wurde.

Und das Dritte ist – bei uns heißt das Führungskompass, Kommunikationskompass, das kann man auf ganz unterschiedliche Felder anwenden.

Aus dem Publikum: „Ich wollte kurz fragen, ob ihr die Slides danach zur Verfügung stellt oder nicht, weil hier alle fotografieren“. Ja, können wir gerne machen.

Und da geht es um vier Ebenen, die euch wahrscheinlich alle vertraut sind. Da geht es darum, wo kann ich hinschauen, wenn irgendetwas nicht so läuft, wo kann ich hinschauen, wenn ich will, dass irgendetwas läuft. Das eine ist die Beziehung zu mir selber, der Bereich der Selbstfürsorge, der Bereich der Bedürfnisse, der Selbstklärung, der Bereich, dass ich auch meine eigenen sekundären Emotionen wahrnehme. Dann: was passiert in mir im direkten Kontakt, dafür ein Bewusstsein zu entwickeln, den Bereich der Verantwortung, der Response-Ability, kann ich auf die Situation eine Antwort finden. Dann: wie sind wir gemeinsam unterwegs, was sind unsere Absprachen, was ist unsere Kultur, was habe ich für eine Beziehung zur Organisation, wie bin ich dort beheimatet, wie geht es mir da und auch letztendlich wie geht es mir, wie fühle ich mich in der Umwelt beheimatet, was ist der übergeordnete Sinn?

Eine Sache, die mir eine Kollegin erzählt hat, das fand ich sehr schön, auch ein schönes Beispiel. Kerstin war das. Sie hat einer Gruppe die Frage gestellt, wie bekommen wir mehr Freude in die Organisation. Sie haben dann drei unterschiedliche Arbeitsgruppen gegründet. Die erste Arbeitsgruppe, war der Vorschlag, wir machen jetzt einen ganz langen Spaziergang. Ok, sie machten einen ganz langen Spaziergang. Zweite Arbeitsgruppe war, wir machen dynamisches Yoga. Ok, sie machten dynamisches Yoga. Die dritte Arbeitsgruppe, da hat eine Person vorgeschlagen, ich weiß noch nicht, aber wir machen einfach das, was uns Freude macht. Wir finden das dann raus. Was die Arbeitsgruppe dann gemacht hat, sie haben sich auf einen Steg gestellt und haben sich freudvoll ins Wasser plumpsen lassen. Und das fand ich so ein schönes Bild, dass ich uns diese Energie jetzt wünsche, dass wir uns genauso freudvoll uns in die anstehenden Mini-Lectures plumpsen lassen und mit dieser Freude genießen.

Vielen Dank.

Gehaltene Räume & Facilitation (1/2)

Gehaltene Räume & Facilitation (1/2)

Wie entstehen Settings für kreative Öffnung und Transformation?

In der Begleitung von Gruppenprozessen ist es etabliert, in den Entwicklungsprozessen von Organisationen gewinnt es zunehmend an Bedeutung – das Konzept der „Gehaltenen Räume“. Ein gehaltener Raum ist schwer fassbar, ihn macht eine unsichtbare Qualität aus, vorstellbar als sozial konstruierte Blase, die Entwicklungs- und Veränderungsmöglichkeiten eröffnen und begehbar machen kann. Das Verständnis darüber, was einen gehaltenen Raum ausmacht, ist ebenso breit gefächert, wie die Vielfalt seiner Erscheinungsformen, die mit dem Zweck variieren: Der Raum für einen Kreativprozess im Team mag sich von dem einer Konfliktklärung stark unterscheiden, der Raum für gemeinsame Lernprozesse fühlt sich wieder ganz anders an. (mehr …)

STAR E: Change Training für mehr Diversität in Organisationen

STAR E: Change Training für mehr Diversität in Organisationen

„Jetzt ist mir deutlich klarer, wie wir Veränderungsprozesse wirklich gestalten können. Das letzte Mal hatte ich eine Draufschau; jetzt verstehe ich es wirklich“, so einer der Teilnehmer des ICJA-Trainings vergangene Woche. 5 Tage kamen etwa 15 Kolleg*innen aus ganz Europa zum Training in der Begleitung von Veränderungsprozessen zusammen, hin zu einer rassismuskritischen und diversitätssensiblen Organisation. Angeleitet wurde das Training von Joana Ebbinghaus und Simon Mohn.

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Eine Haltung der Freigiebigkeit und Dankbarkeit

Eine Haltung der Freigiebigkeit und Dankbarkeit

(Foto: privat – diese Pflanze wurde mir von meiner Lebensgefährtin und Freundin für mein Büro geschenkt)

Autor: Simon Mohn

Dieser Artikel baut auf dem vorherigen (Organisationen anders erleben) auf, in dem Bedeutung und Sinn einer dankbaren und freigiebigen Haltung besprochen wird. Zum besseren Verständnis empfiehlt sich das Lesen des vorangegangenen Artikels, das ist jedoch nicht unbedingt notwendig.

Kultivierung von Freigiebigkeit und Dankbarkeit

Einige Studien haben die vielen Vorteile von Dankbarkeit in Organisationen bereits beschrieben, die sich ähnlich wie die individuellen, nur eben auf Organisationsebene lesen – in einer entsprechenden Ausdrucksweise (als Übersicht eignet sich Di Fabio et al. 2017). Entsprechend ist die Sprache von organisationale Resilienz, freundlicherem Arbeitsklima, größerem organisationalem Erfolg. Mitarbeiter*innen sind effizienter, loyaler, unterstützender und produktiver, es gibt gesteigerte generalisierte Reziprozität („ich unterstütze dich und du unterstützt dann jemand anderes“) usw. Mein Fokus bei der praktischen Implementierung gilt in diesem Artikel etwas mehr der Dankbarkeit, da ich unterstelle, dass Dankbarkeit eher zu Freigiebigkeit motiviert als andersherum. Das ist jedoch nur eine Tendenz und schließt die gegenläufige Wechselwirkung nicht aus. (mehr …)

SOCIUS liest: A hidden wholeness

SOCIUS liest: A hidden wholeness

In Palmers Buch geht es um das Erschaffen von sozialen Räumen, in denen Menschen dezidiert besser in Kontakt mit ihrer inneren Weisheit bzw. ihrer inneren Stimme kommen. Ihm ist daran gelegen, die Vereinigung von gesellschaftlicher Rolle und innerer Überzeugung in Einklang zu bringen. Dafür beschreibt er recht eingängig Wege, wodurch vertrauensvolle Räume geschaffen werden können. Er widmet dabei eigene Kapitel der Nutzung von Metaphern und Erzählungen, der Kunst zuzuhören und zu sprechen, sowie der Schwierigkeit, Menschen Raum zur Auseinandersetzung mit eigenen Herausforderungen zu geben, ohne sie dabei zu analysieren oder in eine vermeintlich richtige Richtung zu lenken. Im Appendix gibt es einen extra Teil (ca. 40 Seiten), in dem konkrete Anwendungsbeispiele stehen, die von Anwender*innen seiner Methoden geschrieben sind, außerdem ist eine DVD mit Interviews und Anwendungen beigelegt. (mehr …)

Organisationen anders erleben – eine Haltungsveränderung

Organisationen anders erleben – eine Haltungsveränderung

Autor: Simon Mohn

Jüngst hat sich die Sozialpsychologie mit bestimmten Einstellungs- und Haltungsfragen beschäftigt, die bisher eher dem Bereich der Religionen oder philosophischen Strömungen zugerechnet wurden. Konkret geht es um das Begriffspaar „Freigiebigkeit und Dankbarkeit“. Durch neue Abhandlungen, die losgelöst von religiösen Kontexten veröffentlicht wurden und werden, kommen nun erstaunliche Ergebnisse zustande, die für die Organisationsentwicklung in Zeiten von Laloux’ Reinventing Organizations eine große Bedeutung entwickeln können.

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