SOCIUS.Blog

Was passiert, wenn wir die gewohnte Kontrolle verlieren und stattdessen Raum geben – für Fehler, für Nicht-Wissen, für das Ungeplante? Beim SOCIUS labor in Hamburg sind wir genau dieser Frage nachgegangen – mit Impulsen aus der Kunsttherapie und der Organisationsentwicklung.

Organisationsentwicklung meets Kunsttherapie – unter diesem Dach fand das SOCIUS labor in Hamburg mit Annika Trosien und Hannah aus dem SOCIUS Team statt. Im Zentrum stand die Frage: Wie gehen wir mit (vermeintlichen) Fehlern um – in Organisationen und als Prozessbegleiter:innen –, wenn der „richtige Schritt“ oder die „richtige Lösung“ immer schwerer vorhersehbar ist?

Aus der Perspektive der Organisationsentwicklung haben wir uns dabei von Otto Scharmers U-Prozess und dem Konzept der Psychologischen Sicherheit von Amy Edmondson leiten lassen. Präsenz, Offenheit und eine gelebte Lernkultur bilden hier die Grundlage. Was Veränderungen verhindert, sind vorschnelle Urteile, zynischer Rückzug und die Angst vor Bewertung – alles auch Ausdruck einer unsicheren Teamkultur. Wo Teams hingegen überzeugt sind, dass es sicher ist, sich zwischenmenschlich mutig zu zeigen, sinken diese Barrieren. Verletzlichkeit zeigen zu dürfen, offen sprechen und zuhören zu können – das ermöglicht nicht nur Lernen, sondern auch das schöpferische Potenzial von Fehlern zu nutzen.

Annika Trosien hat mit ihren künstlerischen Übungen Räume geöffnet, in denen sich genau das erleben ließ: Was passiert, wenn etwas nicht gelingt – oder ganz anders wird als geplant? Wie gehe ich damit um, wenn ich mit je einem Wachsmalblock in jeder Hand gleichzeitig eine liegende Acht zeichnen soll – und es bei der Nachbarin scheinbar besser klappt? Langsamer werden, den Blick von außen nach innen richten, den Vergleich loslassen – das waren einige der Erkenntnisse, die ganz konkret spürbar wurden.

Besonders eindrücklich war die Übung mit dem „perfekten Kreis: Zuerst einige Minuten lang mit größter Sorgfalt am eigenen Kreis arbeiten – und ihn dann weitergeben. Eine andere Person sollte nun absichtlich einen massiven „Fehler“ hinzufügen. Eine echte Zumutung – und genau deshalb so aufschlussreich. Denn danach kam das Bild zurück, und es entstand die Möglichkeit, um etwas Neues zu gestalten, das die Veränderung nicht nur akzeptiert, sondern integriert.

Im Raum waren nun ganz unterschiedliche Gefühle: Traurigkeit über das Verlorene, Frust über zerstörte Perfektion – aber auch Leichtigkeit, Spielfreude, Neugier. Die Kunst hat dabei geholfen, das Gefühl von Scheitern, Scham und Angst zu transformieren. Respekt und Demut vor dem Prozess – aber auch vor der Idee des Neuen – haben diesen Wandel spürbar gemacht. Erwartungen loslassen, den eigenen Anspruch hinterfragen, sich auf das Unbekannte einlassen: All das hat den Blick auf Transformation verändert.

Neben den individuellen Reflexionen hat sich mit Blick auf Organisationen eines deutlich gezeigt: Veränderung braucht Zeit. Zeit zum Loslassen, zum Wertschätzen, zum Anerkennen. Schuld und Scham blockieren Veränderung. Aber wenn Freiräume entstehen, in denen Teilhabe und Spiel möglich sind, dann entsteht auch das, was Zukunft braucht: Vertrauen, Verbindung – und neue Ideen.

Vielleicht ist genau das der Anfang von Veränderung: wenn wir bereit sind, nicht nur mit dem Kopf, sondern mit allen Sinnen zu lernen – und uns auch dort zu zeigen, wo noch nichts „perfekt“ ist.

Autorin Hannah Kalhorn

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