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Kurz vor Beginn der langen Sommerpause hatten wir ein spannendes Labor zum Thema „Positive Führung“. Carolin Gebel führte ein in ein Grundverständnis von Positiver Führung und den spezifischen Ansatz PERMALead, der von Markus Ebner entwickelt wurde, aufbauend auf den Erkenntnissen und Haltungen der Positiven Psychologie. 

Während klassische Ansätze von Therapie, Beratung und Coaching in der Regel eher darauf ausgerichtet sind, Probleme zu beseitigen und Leid zu mindern, fragt die von Martin Seligman begründete Positive Psychologie: Was braucht es an Bedingungen und Zutaten, dass Menschen aufblühen und ihr Potenzial entfalten können? Dem Menschenbild einer Pflanze, die wachstumsfördernde Bedingungen braucht, um sich optimal zu entwickeln und ganz zur Blüte zu kommen, stellte Carolin die Metapher von Organisationen als Ökosystem gegenüber, die eine inhärente Lebendigkeit besitzen, sich von innen heraus weiterzuentwickeln und ihr Potenzial zu entfalten. Stichworte, die auftauchten, ein solch lebendiges Organisationssystem zu beschreiben, waren Kooperation, Durchlässigkeit, Vielfalt der Beziehungen, Wechselwirkung, Feedback, Begrenzung und Selbstorganisation.

PERMALead ist ein spezifischer Ansatz der Führungskräfteentwicklung, der 360 Grad Feedback Prozesse nutzt, um Führungskräfte dafür zu sensibilisieren, mit welcher Haltung und Verhalten sie dazu beitragen, wachstums- und potenzialfördernde Bedingungen zu schaffen. Die sogenannten PERMA Prinzipien, entlang derer das Feedback aufgebaut ist, lauten: 

P = Positive Emotionen

E = Engagement

R = Relationships (im Deutschen: Tragfähige Beziehungen)

M = Meaning (im Deutschen: Sinn der Arbeit)

A = Accomplishments (im Deutschen: Kleine Erfolge)

Die Fragen dahinter lauten, inwieweit ermögliche ich als Führungskraft positive Emotionen bei meinen Mitarbeitenden? Wie fördere ich mit Blick auf die spezifischen Stärken individuelles Engagement? Wie schaffe ich tragfähige Beziehungen mit meinen Kolleginnen und Kollegen? Wie vermittle ich einen Sinn in der Arbeit und wie mache ich Erreichtes sichtbar beziehungsweise würdige ich auch kleine Erfolge? 

In einer ersten Austauschrunde wurde deutlich, dass eine positive Feedback Kultur als Lieferantin für Energie und wichtige Entwicklungsschritte erlebt wird, dass die Umsetzung aber mit mindestens genau so großen Herausforderungen und Hürden verbunden ist. So wurden einige Erfahrungen geteilt, wie sehr sich Mitarbeitende in der Regel ein ehrliches Feedback von Vorgesetzten wünschen, um Orientierung zu erhalten, ob sie an sie gesetzte Erwartungen erfüllen, aber auch, um dazulernen zu können. Gleichzeitig steht dieses in einem sensiblen Verhältnis zu den hierarchischen Ausprägungen in der Organisation. Schon Führungskräften fällt es oft schwer, hilfreiches und zugleich auch ehrliches Feedback zu geben. Die Forschung sagt inzwischen, dass es grundsätzliche ein Verhältnis 5:1 von positivem zu kritischem Feedback braucht, damit wir kritische Rückmeldungen gut annehmen können. Gleichzeitig kommen wir dem mechanistischen „Sandwich- Prinzip“ – saftige Rückmeldungen in eine weiche Ober- und Unterklappe zu verpacken, damit sie verdaulich werden – als sensible Beziehungswesen in der Regel schnell auf die Spur! Dies bedeutet, dass positive Rückkopplungen grundsätzlich nur wirksam sind, wenn sie echt und authentisch sind und eben einer grundsätzlich eher positiven und wertschätzenden Grundstimmung in der Organisation entsprechen. Um so herausfordernder wird dann ein verordnetes Upward Feedback: Anfänglich ist mit Zurückhaltung zu rechnen bis wir erleben, dass diese Einladung ernst gemeint ist. Gibt es dann einige Mitarbeitende, die sich trauen, auch kritisches Feedback zu geben, wird sehr genau wahrgenommen, ob die Führungskraft in der Lage ist, dieses gut anzunehmen (ganz zu schweigen von gefürchteten Bestrafungen an anderer Stelle). Gibt es leise Anzeichen, dass dies nicht der Fall sein könnte, ist die Folge in der Regel, dass Feedback weichgewaschen wird und man sich aus Selbstschutz in einer Harmoniesauce verliert. Das Fazit an dieser Stelle war: Feedback funktioniert nur, wenn es in eine Feedback Kultur eingebettet ist, eine Kultur des Gedeihens, die das Augenmerk darauflegt, was die Pflanzen im Ökosystem Organisation wirklich benötigen, um zu wachsen und zu erblühen: Nährstoffe, gute Nachbarschaft, Luft und Licht!

Der nächste Austausch zwischen den Teilnehmenden befasste sich vor allem mit der Frage: Wie mache ich das ganz konkret? Wie bekomme ich es zum Beispiel hin, mir wirklich eine positive Grundhaltung anzueignen und es nicht als eine auferlegte Floskel zu begreifen? Zu den Einsichten, die dabei auftauchten, gehörte, dass der Rückzug auf unverrückbare Persönlichkeitsmerkmale an dieser Stelle nicht hilfreich und stimmig ist. Denn die Dimensionen von Führungsarbeit und Selbstführung sind nicht automatisch gleichzusetzen. Selbst wenn ich selbst keine heillose Optimistin bin und mir selbst vielleicht nicht immer mit einer positiven Grundhaltung begegne, bin ich möglicherweise trotzdem gut darin, eine solche Atmosphäre im Team zu fördern. Um uns bewusster zu erlauben, dass Spaß dazu gehört und ein wichtiger Bestandteil von Arbeit ist, könnten wir in einem ersten Schritt versuchen, die Worte „aber“ und „müssen“ aus unserem Wortschatz zu streichen!

Kompetenter zu werden, tragfähige Beziehungen aufzubauen, wenn mir das nicht natürlicherweise in die Wiege gelegt wurde, gehört hier mit Sicherheit zu den größten Herausforderungen. Die Relevanz überzeugte die meisten Anwesenden: Als Führungskraft kann ich nicht von allen Mitarbeitenden geliebt werden. Aber letztendlich geht es darum, berechenbar zu sein. Für diese Einschätzung braucht es wiederum sichtbare und nachvollziehbare Emotionen. Verstecken diese sich dauerhaft hinter einer Maske der Professionalität, entstehen sehr schnell Phantasien über eine mögliche hidden agenda.

Die zentrale Überlegung, die dem PERMALead Ansatz zugrunde liegt, lautet: Inwieweit ist mein Selbstbild kohärent mit dem, wie ich von außen wahrgenommen werde? Und dabei steht nicht eine vermeintlich objektive Bewertung im Vordergrund, sondern die hilfreiche Frage: Finde ich, dass Dein Verhalten / das Verhalten meiner Führungskraft stimmig ist in ihrer und meiner Welt? Somit geht es um Rückmeldungen zu wahrgenommenem Verhalten und ein Kohärenzerleben, aber nicht um Rückmeldungen zur Persönlichkeit. Dafür braucht es gleichzeitig von Seiten der Führungskraft auch die Selbstmitteilung: Wie sehe ich mich eigentlich selbst in Bezug auf diese Prinzipien, die für mich einen Werte- und Zielrahmen darstellt? Und inwiefern bin ich mir meiner Kompetenzen bewusst und kann mich anderen gegenüber auch erklären – um hier nicht als möglicherweise arrogant rüberzukommen? 

360 Grad Feedback in Zusammenhang mit einem klar definierten Werterahmen ist jedoch allein noch kein Tool der Führungskräfteentwicklung. Letztendlich braucht es eine Begleitung über Coaching, um aus dem Abgleich von Wahrnehmungen zu einem individuellen Entwicklungsprozess zu kommen.

Und last but not least, erfuhren wir auch noch einiges über die Ergebnisse der Forschung. Denn der PERMALead Ansatz ist inzwischen sehr gut wissenschaftlich untersucht und liefert uns somit einiges an Erkenntnisse über die Auswirkungen positiver Führung. So lässt sich feststellen, dass sie

  • positiv chronischer Stressbelastung entgegen wirkt,
  • Resilienz im Team stärkt,
  • Motivation und Engagement von Mitarbeitenden beflügelt
  • Flexibilität und Veränderungsbereitschaft fördert
  • und Kreativität und somit den Erfolg von Organisationen voranbringt. 

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