SOCIUS.Blog

Liebe Leser:innen,

vor kurzem war ich Teilnehmerin eines Seminars zu Critical Whiteness. Gleich in der Einstiegsrunde erinnerte uns die Seminarleitung daran, dass wir uns Mutlosigkeit und Klagen über den derzeitigen Zustand der Welt nicht leisten können. Was sich in den drei Tagen entfaltete, war eine berührende Erfahrung dessen, was es braucht, um Dunkelheit und Ohnmacht etwas entgegenzusetzen: gelebte Verletzlichkeit, Vertrauen in Beziehung – und radikale Zuversicht.

Es braucht den Blick für das Widerständige, das Helle, das Mut macht – gerade, wenn es überlagert wird von der Dauerbeschallung des Weltuntergangs. Denn die Aufmerksamkeitsökonomie bevorzugt das Spektakuläre, das Katastrophale – und wir gewöhnen uns daran. So sehr, dass wir das Hoffnungsvolle fast übersehen.

Doch: Zuversicht macht Menschen gut. Und gut gelaunt.

Wenn wir Hoffnung in die Zukunft verlieren, verlieren wir uns selbst. Nur als hoffende, vorfreudige Wesen können wir wachsen, handeln und gestalten. Und somit kann Zuversicht auch eine politische Dimension beinhalten: Sich nicht in die Verzagtheit abgleiten zu lassen und dem Status Quo zuzuschauen, sondern handlungsfähig zu bleiben. Auch Hartmut Rosa spricht im Rahmen seiner Resonanztheorie, dass das aktive mit- der-Welt-in-Beziehung-gehen die Voraussetzung für Zuversicht ist.

Was es dafür braucht? Ich würde sagen, das Erleben eigener Wirksamkeit und Verbundenheit mit anderen. Und gleichzeitig braucht es am Horizont auch deutlich erkennbare Anzeichen von Gegenbewegungen und -entwürfen zum oft entmutigenden Mainstream. 

Die Zukunftsforscher Tristan und Matthias Horx zeigen in ihrem 2024 erschienenen Buch „15 Gegentrends – wie die Zukunft ihre Richtung ändert“ anschaulich auf, dass es zu jedem Megatrend einen Gegentrend gibt. Gegenbewegungen als systemische Muster. Gegentrends erzählen von den Tiefenschichten der Gesellschaft, in denen  Überreife, Sättigung und Erschöpfung entstehen und Signale aussenden. Sie rebellieren gegen das trendhafte „immer weiter“ – und eröffnen Möglichkeitsräume für neue Ausrichtungen. 

In emotional belastenden Situationen braucht es ein aktives Arbeiten gegen Ängste, Zweifel oder Ohnmachtsgefühle. Emotionsregulation kostet Kraft und Energie. Zuversicht ist somit auch Arbeit. Aber besonders spannend sind hier Erkenntnisse der Neurowissenschaften, die zeigen, dass Optimismus in keinster Weise angeboren ist, sondern mit der Aktivierung bestimmter Systeme im Gehirn einhergeht, was wiederum trainiert werden kann, z.B. durch soziale Interaktion oder das bewußte Imaginieren von positiven Zukünften.

Und in einer Talkshow hörte ich neulich den Satz „Zuversicht bildet sich aus, wenn wir in Bodennähe sind. Wenn wir irgendwo unter uns wieder Sicherheit spüren.“ Einen solchen Boden zu bereiten – dazu möchten wir einen Beitrag leisten mit unseren kleinen und großen Veranstaltungen, die Reflexion und Resonanz ermöglichen und gleichzeitig die Präsenz und Unterstützung einer zugewandten Community.

So wollen wir bei unserem diesjährigen oe-tag am 13. Juni in Halle zur Spurensuche von Ost- oder West Prägungen in Organisationen  neugierig, kritisch und achtsam unser Blickfeld und unsere Erfahrungsräume erweitern. Aber vor allem auch einen Raum für Begegnung, Verbindung, Zuversicht und viel gute Laune gestalten!

Ein Beitrag in diesem Newsletter – Nicolas Rezension des Buches „Kinder – Minderheit ohne Schutz“ – inspirierte mich übrigens dazu, meinen 19-jährigen Sohn zu fragen, was ihm Hoffnung macht und wovor er Angst hat, wenn er an die Zukunft denkt.
Seine größte Sorge: dass KI seine Generation überflüssig machen könnte.
Seine größte Hoffnung: dass die Menschheit den Wert von Zusammenarbeit erkennt – über Grenzen und Unterschiede hinweg.

Wir sollten jungen Menschen häufiger zuhören. Und genau das wollen wir tun:
Für den oe-tag am 13. Juni vergeben wir 10 Freitickets an junge Menschen, die sich am dialogischen Erkunden der Auswirkungen der deutsch-deutschen Geschichte in Organisationen beteiligen möchten.

👉 Wenn ein solcher junger Mensch gerade neben Dir sitzt und beim Lesen dieses Textes über Deine Schulter hinweg zustimmend nickt – dann meldet euch gern bei uns!

Joana Ebbinghaus

Autorin Joana Ebbinghaus

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