Es beginnt mit einer unscheinbaren Schreib-Frage: Wo befinde ich mich selbst gerade in Übergängen? Und wie so oft ist es diese kleine initiale Reflexion, die alles weitere dann bedeutungsvoll macht: Transformation und Resilienz kann man auch akademisch abfrühstücken. Oder eben ganz persönlich.
Das virtuelle Januar-Labor ist mit 18 Personen gut gefüllt. Was viele von uns angezogen hat, ist die Einladung, Übergänge zu feiern. Sie nicht nur zu erdulden, als weiteres Wandelwehen im VUCA-Wald sondern tatsächlich freudig zu begehen. Wie kann das gelingen?
Ulrike lädt hierfür ein in die Räume der Veränderung. Dieses von Claes Janssen geprägte Modell beschreibt die psychologische Dynamik von Veränderungsprozessen in vier Phasen: Beginnend im Raum der Zufriedenheit führt der Weg über den Raum der Verleugnung und des Widerstands hin zum Raum von Irritation und Verwirrung, um schließlich im Raum der Veränderung mit der Hinwendung zum Neuen zu münden. Das Modell hilft nachzuvollziehen, dass Transformation nicht einfach ein Wechsel von einer warmen Badewanne in die andere ist, sondern ein Prozess, der auch konfliktreich, beängstigend und schmerzhaft sein kann. Im Labor erkunden wir in vier Breakout Gruppen, was und wie wir in jedem der vier Räume dennoch feiern können. Hier ein paar O-Töne:
Raum der Zufriedenheit
Die Behaglichkeit wahrnehmen, um sich zu wappnen für die nächsten Phasen. Auf dem Sofa Tee oder Wein trinken und Dankbarkeit und Kraft tanken. Wie im Sonnengruß einatmen und sich aufladen. Rituale des Loslassens und des Rückblickens einbauen, wahrnehmen, was sich verändert. Kleine Momente bewusst genießen.
Raum der Verleugnung und des Widerstands
Den Widerstand zulassen und würdigen. Feststellen, wogegen genau er sich richtet, was er uns anzeigen will, welche Facetten er aufzeigt. Sind wir zu schnell oder zu pauschal? Und wer definiert eigentlich, was Widerstand ist? „Sowohl-als-auch“ Gedanken aufmachen, das Alte würdigen, das Neue sehen. Punk, Techno und Metal aufdrehen, wie in der Jugendzeit den Widerstand genüsslich zelebrieren.
Raum von Chaos und Irritation
Sich geduldig Zeit nehmen, das Ungewisse auszuhalten, ohne es erzwingen zu wollen. Stabilitätsanker setzen – was kann Halt geben im Chaos? Was gibt uns wirklich Sicherheit? Rituale der Verabschiedung finden – loslassen. Wir sind schon einen großen Weg gegangen, alles was wir kannten ist nicht mehr so da, ist schon in Einzelteile zerteilt. Dara
Raum der Veränderung
Sich zeigen, als Schmetterling nach außen gehen, stolz die schönen neuen Flügel vorführen. Im Rückblick dabei auch andere Gefühle wahrnehmen: Melancholie, Traurigkeit, Abschied. Erste Reaktion: ja, das ist der Raum wo gefeiert wird, hier ist das Projekt abgeschlossen. Aber das liegt nicht jedem – vielleicht will man nicht ankommen in einem positiv veränderten Zustand, vielleicht lieber im Jammertal bleiben? Das hat auch mit Verletzlichkeit zu tun. Man muss sich sicher fühlen, um seine ganze Freude auszudrücken.
Nach dieser Runde geht es auf die Suche nach Ritualen, die Übergänge bedeutsam machen. Der Gang zur Klagemauer, der Schritt über die Schwelle, das Loslassen von Altem, das im Fluss weggespült, verbrannt oder mit Himmelslaternen in die Lüfte entlassen wird – das Ausschütteln, rituelle Schulterklopfen oder auch die meditative Einkehr im Moment des Wandels. All dies sind Rituale, die auch in Coaching und Beratungsprozessen genutzt werden können, um Übergänge zu gestalten. Sie sind meist sinnlich und körperlich erfahrbar. Gibt es auch Spielarten, die auf kognitiv beheimatete Menschen und Gruppen zugeschnitten sind? Auf jeden Fall.
Im dritten Teil des Labors geht es um die Frage, welche Kompetenzen wir brauchen, um Übergänge freudig und erfolgreich zu begehen. Wir streifen die Glückskompetenzen von Ha Vinh Tho (achtsamer Fokus, Dankbarkeit und Beziehungsorientierung), die von Bettina Rollow und Joana Breidenbach vorgestellten Inner Work Qualitäten und landen schließlich beim Bild des Muskeltrainings – dem kontinuierlichen Aufbau von Fähigkeiten, nicht als Vorbedingung, sondern als Resultat unserer Praxis.
Am Ende dieser vier Stunden ist klar: Das Thema ist reich und erstreckt sich von der ganz persönlichen bis hin zur gesellschaftlichen Makro Ebene. Es war ein anregender Austausch, ein von Ulrike wunderbar leicht aufgespannter und gehaltener Raum und ein schöner Anlass, sich wieder einmal verbunden zu fühlen mit einer Community of Practice. Danke!