Zum SOCIUS labor „Intuitive Prozessbegleitung“ hatten wir im April schon mal eingeladen und das Interesse war so gering, dass wir beschlossen das Angebot zu verschieben.
Was für eine gute Idee!
Am 19. September folgten 14 Personen unserer Einladung gemeinsam mit Heike Brembach der Intuition in der Prozessbegleitung auf die Spur zu kommen.
Nach einer Runde, in der wir unsere Position in oder bei der Organisation benennen sollten, ging es zunächst einmal darum, in Kleingruppen herauszufinden, was genau unsere eigene Fragestellung ist, die uns hergetrieben hat. Alles in allem kam heraus, dass es einem Großteil der Teilnehmenden darum ging, zu erfahren, was genau unter „Intuition“ zu verstehen ist, wie ich Zugang zu ihr bekomme und behalte und wie diese dann in Beratungsprozesse einzubetten ist.
Aus der großen Fragensammlung entspann sich im Anschluss ein interessanter Austausch in der Gruppe, der erste Antworten und noch mehr Fragen aufwarf.
Eine mögliche Antwort ist, dass es bei Intuition gerade nicht so sehr um Methodenkompetenz, sondern viel mehr um emotionale Kompetenzen geht. Um diese im Raum halten zu können und in Prozesse einbringen zu können, bedarf es persönlicher Arbeit – ob als Führungskraft, Berater*in, in der Facilitation oder als Kolleg*in ist dabei gleich.
Gleichwohl ist es hilfreich und wichtig, einige Denkmodelle, Methoden und Ansätze so parat zu haben, dass ich mich immer darauf verlassen kann, diese als Basis für meine Arbeit zugänglich zu haben. Heike Brembach präsentierte uns drei ihrer Denk- und Arbeitsmodelle, die ihr helfen, Situationen in Prozessen auch intuitiv einzuschätzen.
Zunächst gab es das Dreieck der Erkenntnis, das hilfreich ist, wenn wir uns fragen, wie kommen Erkenntnisse zu Stande – dafür gibt es drei Zugänge und in allen gibt es Intuition, die uns aus dem Erleben in die Erkenntnis führt.
Hier ist die Herausforderung im DENKEN beweglich zu bleiben und darauf zu vertrauen, dass dem Gedanken eine Erkenntnis folgt; beim FÜHLEN “in der Liebe” zu bleiben, auch wenn es schmerzhaft ist und beim HANDELN sich eben genau eines solchen Denkmodells zu bedienen, wenn Unsicherheit auftritt.
Und weil wir als Teilnehmende Zeug*innen eines dankenswerterweise transparent gemachten Momentes von Unsicherheit werden durften, kamen wir auch gleich in den Genuss eines weiteren Denkmodells: Den Stufen der Kompetenzentwicklung. Kompetenz wird hier verstanden als Wissen, Können, Dürfen und Fühlen.
Intuition findet hier auf der Stufe des unbewussten Wissen, Können, Dürfen und Fühlen statt und die große Frage ist: wie bringe ich das, was meine unbewusste Kompetenz ist, in ein Bewusstsein? Wie kann ich das, was mir selbstverständliche Gewohnheit ist, was ich verinnerlicht habe und automatisch tue so konfigurieren, dass ich es abrufbar habe und damit anderen zur Verfügung stellen kann, in dem Vertrauen, dass es ihnen dienlich ist.
An dieser Stelle kommt Verkörperung ins Spiel und die Möglichkeit das, was wir “verleiblicht” haben, wieder in Kontakt zu bringen. Da finden sich dann diverse Anknüpfungspunkte an das Thema, das Ralph Piotrowski und mich seit langem beschäftigt: empathy@work und die entsprechenden Auswirkungen und Bedingungen, die wir dafür in der so genannten Neuen Arbeitswelt brauchen. Und das führte uns sogleich zum dritten Denkmodell, dass oe-ler*innen wohlvertraut ist: zu den Organisationsentwicklungsphasen nach Friedrich Glasl.
Unser Blick lag dann vor allem auf den Randthemen der Phasen: Transparenz – Menschlichkeit – Machbarkeit und hier vor allem im Übergang von der Differenzierungsphase in der Integrationsphase, wo Empathie eine große Rolle spielt und mit ihr auch die Intuition, die ich als ein auf Erfahrungen basierendes Gespür für Situationen definieren würde.
Heike Brembach hat durch diese umfangreichen Inputs zu Basis-Modellen unter Aspekten der Intuition ein sattes Fundament gelegt für das Experimentieren mit der eigenen Intuition in Prozessen und Gruppen.
Die Idee 10 bis 15 Denkmodelle, Ansätze, Methoden so in- und auswendig zu kennen, dass sie zu jeder Zeit abrufbar sind, und damit ermöglichen, dem auf Erfahrung basierenden Gespür (Intuition) zu folgen, hat mich als Antwort auf die Frage: “Wie bringe ich Intuition in den Beratungsprozess?” überzeugt.
Gleichzeitig hallt mir der Satz einer Teilnehmerin im Ohr, die meinte “haben wir das nicht schon immer so gemacht und brauchen jetzt plötzlich so schicke Namen dafür?”.
Ich denke: Ja, vielleicht haben wir das schon immer so gemacht – unsere unbewusste Kompetenz genutzt und etwas gekonnt von dem wir nicht wussten, dass wir es können. Der qualitative Unterschied zur gemeinsamen Befassung damit, ist es, es in die bewusste Kompetenz zu bringen. Dazu hat das Labor am 19.9.19 beigetragen.