SOCIUS onlinekurs : Soziokratie zieht Kreise

SOCIUS onlinekurs : Soziokratie zieht Kreise

Einführung in die Prinzipien der Soziokratie. 

Wenn Ihr darüber nachdenkt, oder schon erste Ansätze in Richtung soziokratischer Transformation in Eurer Organisation umsetzt, unterstützt dieser Kurs Euch dabei weitere Strukturen, Haltungen und Strategien in Eure Gemeinschaft zu bringen. 

Wir bieten sechs zweistündige wöchentliche Treffen an, in denen wir die Grundprinzipien der Soziokratie vorstellen und diskutieren. 

Soziokratie ist mehr als KonsenT Entscheidung

Das berühmteste Prinzip der Soziokratie ist wohl der KonsenT: Die von allen Beteiligten getragene Entscheidung ohne schwerwiegenden Einwand.
Der soziokratische KonsenT entsteht im Kreis derjenigen die von den Folgen der Entscheidung betroffen sind (bzw. ihrer Delegierten), nach einem nicht nur sehr gut beschriebenen, sondern auch sehr gut funktionierenden Verfahren.

Die Ideen und Prinzipien der Soziokratie bergen noch einiges mehr und dem wollen wir uns in diesem SOCIUS onlinekurs gemeinsam widmen:

  • Was hat es auf sich mit „semi-autonomen Kreisen„? Wie können diese in kleinen Strukturen funktionieren? Können auch Arbeitsgruppen semi-autonome Kreise sein? Und wieso überhaupt nur „semi“?
  • Was bedeutet dann „doppelte Verknüpfung“? Wieso ist die wichtig? Sind dann am Ende nicht doch wieder alle bei allem dabei?
  • Kann man als Team oder (kleine) Organisation auch soziokratisch organisiert sein, wenn es keine doppelte Verknüpfung gibt?
  • Was steckt drin in den Prinzipien der Soziokratie, die über den KonsenT hinausgehen?
  • Was bedeutet eine offene Wahl? Wie funktioniert dieses Verfahren? Und was hat es mit Rollenbeschreibungen zu tun?

Nach dem Kurs hast du:

  • einen Überblick über die vier Prinzipien der Soziokratie
  • echte Erfahrungsbeispiele aus (Freien und Demokratischen) Schulen, sowie kleinen Organisationen
  • ein Set an Arbeitsmaterialien mit dem Du weiterarbeiten kannst
  • und ein Netzwerk anderer Aktiver, die soziokratisch arbeiten (wollen).

Wer bietet den Kurs an?

Nicola Kriesel und Vivian Breucker arbeiten seit vielen Jahren im Feld der Freien und Demokratischen Schulen zusammen, und haben mit ihrer geteilten Leidenschaft für Soziokratie jetzt dieses Format entwickelt. 

Vivian ist Direktorin des oskinnovationlabs in Köln, Bildungsaktivistin und in zahlreichen weiteren Bewegungen aktiv.
Die Offene Schule Köln befindet sich im soziokratischen Transformationsprozess und Vivian stellt ihre Erfahrungen und Erkenntnisse in dieser Fortbildung zur Verfügung.

Nicola ist bei SOCIUS diejenige, die die soziokratische Transformation geduldig und beharrlich vorangetrieben hat, bis sich SOCIUS selbst auch als  soziokratische Organisation verstand und wir teilen gerne unsere Geschichte, unsere Erfahrungen und Erkenntnisse zum Thema Selbstorganisation. Sie begleitet Freie und Demokratische Schulen seit 20 Jahren in ihren Entwicklungsprozessen. ​

Da wir beide viel Erfahrung mit Soziokratie in der Schule haben, bzw. in kleinen Organisationen, werden unsere Fallbeispiele aus dem Alltag besonders aus diesem Kontext kommen.

Termine

Ab 8. Oktober 2024 für sechs Wochen jeden Dienstag von 17 bis 19 Uhr auf zoom. 

Check-in nach drei Monaten am 11. Februar 2025

Kosten

Nach Selbsteinschätzung zwischen 95€ und 280€ 

Maximal 25 Teilnehmende

Anmeldung

Wir bitten zur Anmeldung unser Formular auszufüllen.

Wenn du noch Fragen hast, schreib uns gerne eine Mail.

Sinnvoll zusammen wirken

Soziokratie zieht Kreise

Soziokratie zieht Kreise

Wir haben nichts anderes beseitigt als das blinde, irrational autoritäre Gehabe, das sich produktivitätsmindernd auswirkt.

Mit diesem Zitat beschreibt Ricardo Semler, was sein Maschinenbau-Unternehmen SEMCO vor über 50 Jahren dazu bewegte, neue Wege zu gehen. Seitdem wurde in zahlreichen Eigenversuchen die „Technologie der Soziokratie“ weiterentwickelt – und so auch in diesem SOCIUS labor. 

Vivian Breucker (Offene Schule Köln) und Nicola Kriesel (SOCIUS Organisationsberatung) haben zu einem 4-stündigen Labor eingeladen, in dem wir gemeinsam mit 20 anderen Menschen in soziokratische Prinzipien eintauchten und Erfahrungen aus der Praxis teilten. 

Nach einem kurzen Input zum zweiten und dritten soziokratischen Prinzip (semi-autonome Kreise und doppelte Verknüpfung) ging es weiter mit einem Praxisgespräch, in dem Vivian Breucker ihre Erfahrungen soziokratischer Praktiken an der Offenen Schule Köln teilte. Die Offene Schule Köln ist eine anerkannte Ersatzschule in freier Trägerschaft und gibt Schüler:innen vom ersten bis zum dreizehnten Schuljahr die Möglichkeiten im Rahmen des Bildungsplans sich weitgehend selbstständig auf diverse Schulabschlüsse vorzubereiten. Dabei spielen Inklusion und Diversitätssensibilität ebenso eine Rolle wie Eigeninitiative und Bildungsgerechtigkeit in Bezug auf die Bedarfe einzelner. 

Semi-autonome Kreise

  • Jeder Kreis ist eine semi-autonome Einheit, dem ein Teil der Verantwortung und Arbeit delegiert wird, um das gemeinsame Ziel zu erreichen.
  • Kreise haben neben den gemeinsamen Organisationszielen, noch eigene Ziele/Purpose und eine Festlegung, an welcher Stelle die Autonomie endet. (Schnittstellen/Synergien).
  • Kreismitglieder sind gemeinsam für die Erreichung des Zieles und die Umsetzung der Aufgaben verantwortlich.
  • Auch in den Kreisen wird im KonsenT entschieden.
  • Kreismitglieder sind nicht nur in ihrer Fachkompetenz gefragt, sondern lernen organisationale Verantwortung zu übernehmen. 
  • um “Organisation zu produzieren” ist es sinnvoll, z.B. zu lernen, wie schwerwiegende Einwände argumentativ begründet werden (am Ziel ausgerichtet).  Vertrautheit mit dem Verfahren der KonsenT-Entscheidung ist wichtig.
  • wiederholtes Überprüfen von Entscheidungen: Leiten, Tun, Messen und ggf. verändern. Das wird im Logbuch der Entscheidungen festgehalten.

Doppelte Verknüpfung

  • Grundsätzliche Idee: Um die Verbindung zum nächsthöheren Kreis zu halten, nehmen jeweils zwei Menschen aus dem Kreis an den Beschlussfassungen des nächsthöheren Kreises teil. 
  • eine Organisation braucht in der Regel mehrere Kreise, um ihre Komplexität abbilden zu können, sowie Verantwortung und Arbeit zu teilen
  • Gleichzeitig braucht es Wege, um die Dynamik der einzelnen Kreise auf die anderen “übertragen” zu können. 
  • Es wird von “nächst höheren Kreisen” gesprochen, mit denen diese Verbindung (doppelte Verknüpfung) bestehen soll. 
  • Diese Person sind 
    • die leitungsgebende Person
    • eine delegierte (gewählte) Person
  • Hierdurch soll sichergestellt werden, dass der dynamische Prozess nicht unterbrochen wird, sondern Informationen, Spannung und Macht fließen können. 

Zu den inspirierenden Erkenntnissen aus der Praxis, zählen Einsichten wie:

  • Die Qualität des „soziokratischen Zuhören“ führt zu nachhaltigeren Entscheidungen, weil nicht nur die formalen Ergebnisse, sondern auch Sorgen und Perspektiven, die in einem Kreis geäußert werden, durch die Delegierten in den nächsthöheren Kreis mitgenommen werden. 
  • Bei der Einführung soziokratischer Praktiken muss die traditionelle Führung der Organisation mit an Bord sein – sonst hat die Soziokratie keine Chance. Dies gilt interessanterweise insbesondere auch für nicht-hierarchische Organisationen, in denen es auch immer Menschen gibt, die mehr Macht und Einfluss als andere haben. 
  • Sich nicht willenlos an soziokratische Vorgaben binden, sondern den Wechsel von soziokratischem Kreisgespräch und anderen Gesprächformaten zulassen. Formale soziokratische Kreisentscheidung und Konsent, z. B. nur wenn es um zukunftsweisende, essenzielle Entscheidungen geht, die eine hohe Verankerung brauchen.
  • Bei Entscheidungsprozessen immer wieder die Frage ins Bewusstsein holen: „Ist es gut genug für jetzt? Und sicher genug, um es auszuprobieren?“. Sich vor Augen führen, dass Antworten gefunden werden sollen, den nächsten Schritt zu gehen. Nicht Antworten, die 10 Jahre gelten müssen. 
  • Das Format der Entscheidungsrunden will geübt sein, hier ist die knackige und feste Formatierung hilfreich:
  1. Inforunde (1-2 mal)
  2. Meinungsrunde (2-3 mal)
  3. Vorschlag
  4. Einwandrunde
  5. Modifizierung
  6. Konsentrunde
  • Klarheit: Klar festlegen, welche Treffen verpflichtend für wen sind und welche Treffen freiwillig. Z. B. unterscheiden zwischen selbst-organisiertem Arbeitskreis (gibt sich eigene Regeln der Verbindlichkeit) und Leitungskreis (an dem Personen mit Leitungsaufgaben verpflichtend teilnehmen). Eine gute Visualisierungen der Entscheidungsstrukturen sind sehr hilfreich, wie z. B. die folgende Übersicht Offenen Schule Köln:

Neben praktischen Tipps bot das Labor auch Raum für Selbsterfahrung. Es kam unter anderem die Frage auch: “Wie vielen Personen kann ich in einer Kreismoderation zuhören? Was ist meine Obergrenze, bevor ich gedanklich abdrifte?” Die Antwort auf die Frage kann auch davon abhängen, was ich mir und meinen Kolleg:innen im Kreis zutraue. Und das wiederum brachte die Einsicht, dass die Kreisgespräche einen gemeinsamen Lernraum bieten, in dem wir die Praxis einüben, Runden mit 30 Personen ebenso energetisierend zu gestalten, wie mit sieben Personen.

Rückmeldungen aus der Abschlussrunde des Labors waren: 

  • ich habe viel gelernt, vor allem zu erleben, wie toll es ist im Kreis nacheinander zu sprechen, hat deutlich gemacht, dass alle den Raum halten
  • was ich hier lasse: meine Idee, dass Selbstorganisation Leitung überflüssig macht
  • Dass Bedenkenträger:innen in den Kreisen explizit willkommen sind, weil sie auf etwas hinweisen, was noch übersehen wurde, ist ein Mindshift
  • immer wieder: die Kraft des Kreises am eigenen Leib zu erfahren, ist so bereichernd, und auch entspannend. Dadurch kann Neues entstehen.

Insgesamt war die Stimmung nach vier Stunden SOCIUS labor inspiriert und hoffnungsvoll und nicht nur die Teilnehmenden hatten Lust auf mehr Soziokratie bekommen, sondern auch die Einladenden. 

Stay tuned!

Ressourcen

sinnvoll zusammen wirken

Socius change essentials

Entdecke praxisnahe Tipps für selbstorganisiertes Arbeiten in unserem gratis Onlinekurs, den SOCIUS change essentials. Mit über 30 Videos bietet der Kurs hilfreiche Selbstorganisations-Tools wie Konsentmoderation und Rollenboard-Tutorial.

Melde dich an und erhaltee zusätzlich den SOCIUS brief, unseren Newsletter mit spannenden Themen und Veranstaltungen.

ausgebucht! SOCIUS labor online: Soziokratie zieht Kreise

ausgebucht! SOCIUS labor online: Soziokratie zieht Kreise

Soziokratie ist mehr als KonsenT Entscheidung

Das berühmteste Prinzip der Soziokratie ist wohl der KonsenT: Die von allen Beteiligten getragene Entscheidung ohne schwerwiegenden Einwand.
Der soziokratische KonsenT möchte am liebsten im Kreis entstehen, nach einem nicht nur sehr gut beschriebenen, sondern auch sehr gut funktionierenden Verfahren.

Die Ideen und Prinzipien der Soziokratie bergen noch einiges mehr und dem wollen wir uns in diesem SOCIUS labor gemeinsam widmen:

  • Was hat es auf sich mit „semi-autonomen Kreisen“? Wie können diese in kleinen Strukturen funktionieren? Können auch Arbeitsgruppen semi-autonome Kreise sein? Und wieso überhaupt nur „semi“?
  • Was bedeutet dann „doppelte Verknüpfung“? Wieso ist die wichtig? Sind dann am Ende nicht doch wieder alle bei allem dabei?
  • Kann man als Team oder (kleine) Organisation auch soziokratisch organisiert sein, wenn es keine doppelte Verknüpfung gibt?
  • Was steckt drin in den Prinzipien der Soziokratie die über den KonsenT hinausgehen?

Nicola Kriesel hat Vivian Breucker ins SOCIUS labor eingeladen.

Vivian ist Schulleiterin einer staatlichen anerkannten Ersatzschule, Bildungsaktivistin und in zahlreichen weiteren Bewegungen aktiv.
Die Offene Schule Köln befindet sich im soziokratischen Transformationsprozess und Vivian stellt nicht nur ihre Erfahrungen und Erkenntnisse zur Verfügung, sondern bringt auch ihre Fragen mit, so dass wir gemeinsam im SOCIUS labor forschen und experimentieren können, wie die soziokratische Organisation gelingen kann.


Auch SOCIUS versteht sich seit einigen Jahren als soziokratische Organisation und wir teilen gerne unsere Geschichte, unsere Erfahrungen und Erkenntnisse zum Thema Selbstorganisation. 

Gerne würden wir den Austausch aufzeichnen, so dass er später geschnitten werden kann und ggf. veröffentlicht. Wenn du nicht mit veröffentlicht werden willst, dann gib uns Bescheid und es wird nicht passieren.

 

 

Vivian Breucker ist seit 2018 Teil des Schulleitungsteams der Offenen Schule Köln, einer staatlich genehmigten Ersatzschule und inklusiven Gesamtschule plus soziokratischer Grundschule.
Als Bildungsaktivistin engagiert sie sich seit 2009 insbesondere für die Themen Transkulturalität, Diversität, Unterrichtsöffnung, Agile Leitung, Soziokratie und Selbstorganisation in Schule

 

=

Die Kosten

Wir bitten um einen selbstgewählten Beitrag zwischen 10 und 50€ – die Summe kommt unseren Laborleiter:innen zu. Um sich im SOCIUS labor online einen von 20 Plätzen zu sichern, bitten wir darum den selbstgewählten Beitrag vor dem SOCIUS labor entweder per PayPal an payments-ggmbh@socius.de (Datum und Name nicht vergessen) zu senden, oder unsere Kontodaten per Mail bei der Anmeldung zu erfragen. 

=

Anmeldung

Wir freuen uns über Deine Anmeldung (unter Angabe der Rechnungsadresse) über fortbildung@socius.de.

Das SOCIUS labor online hat 20 Plätze.

Für die Teilnahme ist es sinnvoll mit Kamera bei Zoom teilzunehmen.

Wenn alle Plätze belegt sind, führen wir eine Warteliste und geben ggf kurzfristig Bescheid.

Unsere AGB findest Du hier.

Sinnvoll zusammen wirken

SOCIUS bei Sociocracy for all

SOCIUS bei Sociocracy for all

Am 13. Oktober 2022 waren Nicola Kriesel, Lysan Escher und Andreas Knoth bei der „Every voice matters“ online Konferenz von Sociocracy For All und haben über unseren eigenen Transformationsprozess gesprochen:

Wie wir uns in einer anhaltenden Entwicklung von einem heroisch geführten Unternehmen mit großem Herz und dem Willen zur Arbeit im Team über eine post-heroische Phase, in der wir auch viel Unsicherheit erlebt haben und Entscheidungen die im ganzen Team getroffen wurden die scheinbar besten, auf jeden Fall sichersten waren, hin zu einem pan-heroischen Team, in dem wir alle glänzen dürfen und vertrauen in die Fähigkeiten der anderen gute Entscheidungen für alle zu treffen.
Um die Fähigkeit zu vertrauen ging es dann auch in dem anschließenden Gespräch und wie wir hörten, scheint das ein Thema gewesen zu sein, dass sich durch die gesamte Konferenz zog.

Wenn wir Soziokratie als eine Praxis von Selbstorganisation verstehen, dann können KonsenTentscheidungen einen wesentlichen Beitrag zum Aufbau von Vertrauen in der Organisation leisten. Nicht nur ihr ritueller Ablauf, der eine verabredete Vorhersehbarkeit mit sich bringt, sondern auch die Sicherheit auf jeden Fall gehört zu werden mit der eigenen Meinung und sich darauf verlassen zu können, dass es keine Ausgrenzungserfahrungen gibt, wenn ein schwerwiegender Einwand mit Hinblick auf das gemeinsame Ziel vorgebracht wird, trägt zur Vertrauensbildung bei.
Gleichwohl ist es unserer Erfahrung nach nicht damit getan im Kreis zu sprechen (obwohl das auf jeden Fall ein guter Anfang ist!), sondern auch den Mut zu haben für sich, die eigene Meinung, die eigene Erfahrung und die eigenen Argumente einzustehen und sich dem Team damit zu zeigen. Oft klingt das leichter als es in Wirklichkeit ist.
Und auch wenn wir bei SOCIUS seit letztem Jahr die KonsenTentscheidung gemeinsam mit der beratenen Entscheidung in unserer Satzung manifestiert haben, gibt es immer wieder Situationen in den wir uns aktiv gegenseitig an unsere Vereinbarungen erinnern müssen, um sie lebendig zu halten.
Das machen wir dann gerne und in großem Vertrauen auf die verabredeten Vorgehensweisen.

Sinnvoll zusammen wirken

Soziokratie – Potenziale und Hindernisse für moderne Organisationen

Soziokratie – Potenziale und Hindernisse für moderne Organisationen

Schon Anfang des Jahres 2017 habe ich dieses schriftliche Interview als Beitrag zur Masterarbeit von Christin Döhring zum Thema „Soziokratie – Potenziale und Hindernisse für moderne Organisationen“  gegeben. Sie hat mir 15 Fragen geschickt. Nun habe ich es wieder gefunden und beschlossen, es hier zu veröffentlichen , weil es auch andere interessieren könnte. Ich freu mich auch über Rückmeldungen.

  1. In welchem Rahmen sind Sie das erste Mal mit Soziokratie in Berührung gekommen?

Ich hab in brandeins 1/09 den Artikel „Die ideale Welt“ gelesen und wollte unbedingt mehr wissen. Ich bin dann auf das Soziokratische Zentrum Deutschland gestossen und habe im November 2009 ein Einführungsseminar Soziokratie bei Christian Rüther in München gemacht. 2012 habe ich dann das Intensivtraining „Creating workplaces where people can thrive“ bei Gregg Kendrick gemacht. Seitdem arbeite ich immer wieder gerne mit Christian Rüther zusammen und verbreite die Idee der Soziokratie wo es nur geht.

  1. Wie erklären Sie den geringen Bekanntheitsgrad der Soziokratie?

Meiner Beobachtung nach wird Soziokratie immer bekannter. Der eher langsame Prozess hat mE auch viel mit einer fehlenden Lobby zu tun. Die Aktivitäten der Soziokratischen Zentren DACH beugen sich offenbar nicht den Gesetzen eines Marketings des 21. Jahrhundert.

  1. Warum haben Sie sich für das Arbeiten in einer soziokratischen Organisation entschieden?

Mein Unternehmen würde ich nicht als soziokratisch nach allen Regeln der Kunst bezeichnen, und das wird es auch nicht werden, dazu ist es auch zu klein. Gleichzeitig teilen wir hier die soziokratischen Werte seit Gründung 1998: Selbstbestimmung, Transparenz, Beteiligung, gemeinsame Entscheidungen, Kontakt und Augenhöhe. [Edit 2021: Seit 2017 hat sich bei SOCIUS einiges getan: seit neuestem haben wir das Bekenntnis zur Konsent-Entscheidung in der Geschäftsordnung der SOCIUS eG verankert] [Edit 2023: und im Oktober 2022 haben wir bei der ersten deutschen Sociocracy for all Konferenz darüber gesprochen]

Soziokratie: Potenziale und Hindernisse

  1. Warum sollten aus Ihrer Sicht hierarchische Organisationkonzepte überholt werden?

Das sollten sie aus meiner Sicht gar nicht. Ich denke, dass es Organisationen oder Arbeitsbereiche gibt, in denen hierarchische Strukturen sehr sinnvoll sind. Z.B. bei der Feuerwehr im Einsatz. Oder im Flugzeug. D.h. nicht dass eine Gesamtstruktur immer hierarchisch sein muss , aber es gibt reichlich Situationen in denen ich froh bin über hierarchische Konzepte. Bei medizinischen Operationen z.B. auch.

  1. Welche Vorteile bietet die Soziokratie gegenüber einem hierarchisch geführten Unternehmen?

Soziokratie bietet dann Vorteile, wenn die oben genannten Werte geteilt werden. Und wenn Verantwortungsübernahme der einzelnen gewollt und gekonnt ist. Dazu brauchen Menschen oft Unterstützung. Unsere Gesellschaft ist nicht sehr darauf ausgelegt, dass Eigenverantwortung groß geschrieben wird. [Edit 2021: hierzu haben Bettina Rollow und Joana Breidenbach ein sehr gutes Buch geschrieben: New Work needs Inner Work]

  1. Wie löst man sich am besten von alten Paradigmen und gefestigten Strukturen um sich auf das Konzept einzulassen?

Ich denke es ist hilfreich, wenn man zunächst Verbündete findet im Unternehmen, die ähnliche Werte teilen und sich dort mit dem Konzept und der Kommunikation der Soziokratie  im kleinen Kreis vertraut macht. Anschließend kann man anfangen mit den Ideen der Soziokratie in eben diesem Kreis „zu spielen“ und Einzelheiten davon weiter zu tragen, z.B. in Meetings. Wenn man jemanden aus der Führungsebene findet, der:die interessiert ist, gilt es diese Person einzubinden und nicht zu verprellen.

  1. Soziokratie basiert zu großen Teilen auf Vertrauen. Wie schafft man es, dieses bedingungslos auszuüben und „Macht und Kontrolle“ abzugeben?

Das ist oft eine große Herausforderung. Entweder hat es in der Führungsebene schon intrapersonelle Prozesse gegeben, in denen die Leitung persönlich an diesen Themen gearbeitet hat, oder aber es wird sie noch geben müssen. Soziokratie ist mE nicht ohne Persönlichkeitsentwicklung zu etablieren.

  1. Soziokratie bedeutet auch, nicht gleich die perfekte Lösung zu finden – wie geht man damit um?

Die perfekte Lösung gibt es auch außerhalb der Soziokratie nicht, ich denke das die Suche nach einer machbaren Lösung, so wie es in der Soziokratie „propagiert“ wird realistischer ist. Die Loslösung vom Perfektionismus ist überfällig.

  1. Welche Vor- und Nachteile sehen Sie in dem „iterativen“ Lösungsprozess? Ist dieser Prozess der klassischen Zielfestlegung überlegen? Wenn ja, warum?

Ich denke, dass iterative Prozesse einer „natürlichen“ Entwicklung  sehr viel mehr entsprechen als klassische Zielsetzungen, die im Zweifel nicht erreicht werden, dafür aber Gefühle von Versagen hervorrufen, die nachweislich die Motivation und Kraft von Mitarbeitenden senken.

  1. Wie werden soziokratische Prinzipien bewahrt, wenn im Notfall schnell eine Entscheidung getroffen werden muss?

Schnelle Notfallentscheidungen können und sollen auch in soziokatischen Unternehmen top-down entschieden werden. Es geht darum Organisationen arbeitsfähig zu halten, zur möglichst großen Zufriedenheit.

  1. Funktioniert Soziokratie auch unabhängig von der Arbeitsumgebung und ließe sich ausschließlich mit modernen Kommunikationsmitteln, wie Online-Kommunikation umsetzen oder ist die persönliche Kommunikation ein essentieller Bestandteil?

Dazu kann ich leider nichts sagen. Ich vermute, dass Organisationen in denen die Menschen sich NIE sehen, es etwas schwieriger haben. Ich denke aber auch, dass Organisationen in denen Menschen sich NIE live und in Farbe sehen, es ohnehin etwas schwieriger haben.

  1. Gab es Situationen, in der die Soziokratie an ihre Grenzen gestoßen ist und Sie das Konzept in Frage gestellt haben?

In meiner Erfahrung sind eher Menschen an ihre Grenzen gestoßen als Konzepte.

Abschluss

  1. Worin sehen Sie die größten Hürden bei der Einführung von Soziokratie?

Im Willen und im Vertrauen. Auf Macht zu verzichten bedarf großer innerer Freiheit.

  1. In welchem Umfang besteht die Notwendigkeit des Erlernens von Methodenkompetenzen um soziokratisch arbeiten zu können?

Insbesondere die Art der Moderation der Kreise und des Konsents sollte mE von möglichst vielen Beteiligten geübt und gelernt werden. Dazu braucht es Bereitschaft, Gelegenheit und Unterstützung.

  1. Lässt sich Soziokratie in jedem Unternehmen problemlos umsetzten oder würden Sie einer bestimmten Branche, bzw. Unternehmensgröße davon abraten?

Ich glaube: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Wenn der Fokus auf „problemlos“ liegt, würde ich wohl mit Nein antworten, wenn der Fokus auf „umsetzen“ liegt, würde ich eher mit Ja antworten.

Sinnvoll zusammen wirken

Soziokratische Konsent-Moderation

Soziokratische Konsent-Moderation

Wirkungsvoll Besprechungen moderieren und Entscheidungen finden, die von allen getragen werden

– mit Christian Rüther und Nicola Kriesel

Besprechungen sind nötig, um das Miteinander in Organisationen gut zu gestalten. Dabei gibt es immer wieder Herausforderungen:
* Wie können Entscheidungen so getroffen werden, dass alle betroffenen Mitarbeiter*innen auch gehört werden?
* Wie können schnelle Lösungen gefunden werden, so dass das Team/die Organisation handlungsfähig bleiben und sie von allen Beteiligten auch ausgeführt werden?

Konsent heißt: keine*r hat einen schwerwiegenden Einwand im Hinblick auf das gemeinsame Ziel. Die Konsent-Moderation stammt aus der Soziokratie, einem Organisations- modell, bei dem die Mitarbeiter*innen ein hohes Maß an Mitbestimmung haben.

Kursziele: Im Seminar lernen Sie die Konsent-Moderation kennen und üben anhand von praktischen Beispielen. Zusätzlich geben wir einen Einblick in die Soziokratie als Organisationsmodell.

 

Christian Rüther arbeitet seit 2008 Jahren mit der Soziokratie. Er war Mitglied des Soziokratischen Zentrums in Deutschland und hat eine Master-Thesis zur Soziokratie geschrieben, die kostenlos unter www.soziokratie.org zum Download steht (Soziokratie-Skript).

Nicola Kriesel arbeitet seit 2005 Jahren im Team der SOCIUS Organisationsberatung und beschäftigt sich seit 2008 mit Soziokratie. Vor allem im Kontext von Organisationsentwicklungsprozessen und Workshops hat sie Erfahrungen gesammelt mit Konsententscheidungen, und auch im Team von SOCIUS.

Zielgruppe: Führungskräfte, Teamleiter*innen, Mitarbeiter*innen, Projektleiter*innen, Lehrer*innen
Zeit: 15./16. Mai 2017 jeweils 9.30 bis 17 Uhr,
Ort: SOCIUS, Tempelhofer Ufer 21, 10963 Berlin
Beitrag: 290 bis 390€ nach Selbsteinschätzung

Kontakt und Anmeldung:  Nicola Kriesel, tel.: 030 403010225, fortbildung@socius.de

Diese Fortbildung ist als Bildungsurlaub gemäß §11 Berliner Bildungsurlaubsgesetz (BiUrlG) anerkannt.

PDF als Download

Visit Us On LinkedinVisit Us On FacebookVisit Us On InstagramVisit Us On Youtube