Rückblick auf den oe-tag 2025
Im Vorfeld des oe-tags war unsere Unsicherheit groß, wir fragten uns:
- wie kommt das Thema an, das uns so intensiv beschäftigt, gleichzeitig und gleichzeitig so weit weg scheint vom Kontext „Organisationsentwicklung“?
- Wie reagieren unsere langjährigen Berliner Teilnehmenden darauf, dass wir nach Halle gehen?
- Und wie sind wir selbst „sprechfähig“ für dieses Thema, als Kolleg:innenkreis, in dem mehr West- als Ost-Sozialisation stattfand?
Unser Wunsch war es, dass der oe-tag Raum bietet, den unterschiedlichen Erfahrungen nachzugehen – in Erzählrunden, Impulsen, Dialogformaten und Workshops.



Persönliches erzählen
Gleich zu Beginn wurde deutlich, wie kraftvoll und gleichzeitig herausfordernd es ist, wenn Menschen unterschiedlicher Herkunft und Prägung ihre Geschichten zu teilen. Joana Ebbinghaus und Lysan Escher erzählten die ersten biografischen Geschichten des Tages.Und so setzte es sich den ganzen Tag weiter fort: immer wieder wurden sehr persönliche Erlebnisse geteilt.
Dabei ging es nicht um Zuschreibungen, sondern um Erkundung. Nicht um Schuld oder Rechtfertigung, sondern um Resonanz. Und um die Frage, wie wir in Organisationen Räume schaffen können, in denen Unterschiedlichkeit nicht überdeckt, sondern gehalten wird. Vielfach war dies am oe-tag auch möglich und machbar, weil drei tolle Menschen als „Ansprechpartner:innen für innere Bewegtheit“ verfügbar waren und die Teilnehmenden wussten, dass sie mit ihren Emotionen nicht allein gelassen würden. Auch wenn diese Möglichkeit nur wenig in Anspruch genommen wurde, gab es die Rückmeldung, dass allein die Verfügbarkeit hilfreich war, anders im Austausch zu bleiben.
Auch wenn es stellenweise schwierig wurde, nicht aus der Beschreibung in Zuschreibungen zu rutschen, gab es immer Hilfestellungen, um das Herz und den Geist zu öffnen und die Neugierde beim zuhören nicht zu verlieren. Unsere konzeptionelle Ausgangslage, möglichst konsequent Ost UND West zu betrachten, war nicht durchgehend so weit umsetzbar, wie wir es uns gewünscht haben und so blieb die Beschäftigung mit dem Leben und der Wende im Osten im Vordergrund.



Zuhören als aktive Praxis
Auch – und vielleicht gerade – aufgrund dieser Dynamiken war es ein oe-tag voller vielfältiger Perspektiven. Zuhören war die prägende Haltung des Tages: offen, absichtslos, aufmerksam. Die Magie des Zuhörens entfaltete ihre Kraft: Es wurden Verbindungen geschaffen, Verständnis war wichtiger als Urteile, Räume für Einsichten, Vertrauen und gemeinsames Lernen wurden eröffnet, Wahrnehmung geweitet und auch dem Schweigen wurde zugehört.
Damit konnten Spannungen spürbar werden – und gerade dadurch auch produktiv. Deutlich wurde: Erst, wenn wir aufhören, Unterschiede vorschnell zu glätten, entsteht die Chance auf echtes Verstehen. Teilnehmende beschrieben, wie heilsam es war, sich in ihren Perspektiven zeigen zu können, ohne sofort erklären oder einordnen zu müssen.
Orientierung durch Fokus
Hilfreiche Orientierung boten die „Listening Lenses“: Sieben Fokuspunkte, von denen sich jede:r einen aussuchte und auf die wir über den Tag unsere Aufmerksamkeit im Zuhören richten konnten. Hier bildeten sich dann so genannte “Linsengruppen”, die sich über den Tag hinweg dreimal trafen und zum Abschluss die inhaltliche Reichhaltigkeit des Tages sichtbar werden ließen.
Unsere Kernkompetenz “Organisationsentwicklung” war an diesem oe-tag weniger gefragt als sonst und wir genossen den Blick weit über den Tellerrand. Was vom oe-tag 2025 auf jeden Fall als Impuls bleibt, ist: weiter fragen und weiter hören – auch und gerade da, wo es persönlich wird und vor allem dort, wo es unbequem wird.

SOCIUS salon am 22. Juli
Wir laden ein zum Zuhören – Weiterdenken – Dranbleiben. Wir möchten mit euch weiter im Austausch sein:
- Was hat das Erlebte in euch bewegt?
- Wie wirken diese Erfahrungen in eure Kontexte hinein – persönlich, professionell, politisch?
- Was bedeutet das für eure Arbeit mit Menschen und Organisationen?