Brave New Work – Episode 143

Brave New Work – Episode 143

Mit Neuroleadership zur Geschenk-Idee 

Die Brave New Work Episode “How to think well at work” mit David Rock  

Alle Jahre wieder klopft so ungefähr um diese Zeit die spannende Frage an die Tür: Was schenke ich meinem Bruder zu Weihnachten? Ich bin Berater – ich sollte mit solchen Herausforderungen klar kommen. Ich grab mir eine Pausenloch zwischen zwei Calls, hol mir ein Stück Papier und lasse den Gedankensturm darauf los. Anything goes. Aber der Sturm bleibt ein Stürmchen, nichts Sinnvolles will sich zeigen. Ich werde nervös – ich will nichts Belangloses schenken und auch kein last Minute Dingsbums vom Grabbeltisch bei GIfts & Co. Mit dem gestählten Anspruch wird die Sache aber auch nicht besser, da ist eher noch mehr Blockade im Kopf. Die Pause ist vorbei. Ich geh vielleicht doch dann am Samstag nochmal bei Gifts & Co vorbei…

Dann fällt mir die Episode aus dem Brave New Work Podcast ein, die ich neulich beim Laufen gehört habe: Neuroleadership – How to think well at work“. Vielleicht hilft da was weiter?

Neuroleadership befasst sich damit, Erkenntnisse aus den Neurowissenschaften für die Führungspraxis fruchtbar zu machen: Sie fragt etwa, wie wir die instinktive Abwehr in Feedbackprozessen umschiffen können, welche Anforderungen Veränderung an unser Nervensystem stellt oder wie sich Aufmerksamkeit wirkungsvoll fokussieren lässt; nicht zuletzt erkundet sie, wie wir Kreativität und Innovation befeuern können. 

Im Podcast erklärt David Rock, Berater und Vordenker im Neuroleadership Feld, wie wir mit der richtigen kognitiven Ergonomie von 1-2 Big Ideas im Monat zu 1-2 Big Ideas am Tag kommen können. Klassische Beraterverheißung, denke ich mir – aber nicht nur zur Weihnachtszeit eine recht attraktive. 

Laufen wir also ein Stück mit David Rock durchs Neuroland: Erkenntnisse (Insights), entstehen immer dann, wenn die weniger bewussten Areale unseres Hirns das Problem für uns lösen. Neuronale Ereignisse in diesen Arealen haben eine geringere elektrische Erregung, mit weniger beteiligten Hirnzellen in tieferen Schichten. Wenn wir sie „hören“ wollen, müssen wir sehr aufmerksam sein. Rock zählt auf vier einfache Regeln, die uns die leisen Signale aus der Tiefe besser hören lassen. Manche von ihnen sind eher intuitiv, andere recht spannend:

1. Sorge für eine geringe Bewusstseinsaktivierung. Denk-Aufgaben, fachliche Gespräche, Calls oder Emailbearbeitung direkt vor dem kreativen Prozess führen zu einem kognitiven Grundrauschen, das die leisten Signale übertönt. Am besten platziert ist Kreativität gleich morgens oder nach einer längeren Pause – am besten mit Bewegung oder frischer Luft.

3. Finde ein positives Framing: Wenn wir uns einem Problem gegenübersehen, ist unser Bewusstsein aktivierter (bzw. in dem Maße wie das Problem als Gefahr interpretiert wird auch alarmierter) und damit „lauter“, als wenn wir über Chancen und Möglichkeiten nachdenken. Ein positiver Frame lässt somit mehr schwache Signale ins Spiel.

2. Schaffe ein störungsfreies Umfeld. Externe Signale sind Störfaktoren, die unwillkürlich inneren Alarm-Bereitschaft auslösen. Akustische Reize und kommunikative Erreichbarkeit sollten nach Möglichkeit ausgeschaltet sein. 

Soweit so klar.

4. Fokussiere nicht direkt auf die Frage. Die besten Erkenntnisse warten an den Rändern unserer Aufmerksamkeit. Wenn wir anfangs einmal klar die Fragestellung fokussieren und dann um sie herum spazierdenken, sind die Chancen auf einen Fang höher, als wenn wir mit kristalliner Laserkraftkraft auf das Problem braten. „Brainstorming the hell out of a question does nothing“, mahnt David Rock.

Oh je Brüderchen, alles falsch gemacht! Die nächste Runde Geschenk-Brainstorming mach ich dann also morgens beim Spaziergang im Park. Ich denk nicht über Belanglosigkeit und Last Minute Panik nach, sondern über Dein freudiges Gesicht beim Auspacken. Und eigentlich denk ich überhaupt nicht nach, sondern summe ein Liedchen und lausche in mich hinein, ob irgendwo von ganz tief innen etwas Spannendes zurückschwappt. Ich bin gespannt!

Brave New Work Episode 143. How to think well at work w/ David Rock  

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Brave New Work – Episode 143

SOCIUS hört: The Body as a Compass – Der Körper als Kompass

Es gibt wenige Podcasts, die ich mehrmals höre, um immer tiefer und tiefer einzutauchen in das, was in einem Gespräch zwischen zwei Menschen an die Oberfläche tritt und sich erst beim mehrmaligen Hören entfaltet. Der Podcast “The Body as a Compass” ist einer dieser Podcast- Juwelen. In ihm interviewt Ayanna Young die Beraterin, Community Strategin und ehemalige Hebamme Nkem Ndefo, alleinerziehende Mutter zweier Kinder.

Beginnend mit dem schwierigen Begriff der “Resilienz” tauchen die beiden ein in Nkems Arbeit – Jahrzehnte, die sie Menschen begleitet hat – im Gesundheits-, Bildungs- und Community Bereich. Ihre Themen Resilienz und Embodiment sind Ankerpunkte, die auch mich als Prozessbegleiterin mehr und mehr bewegen:

  • Wie begreifen wir die Intelligenz, die in unseren Körpern wohnt?
  • Wie beeinflusst sie unsere menschlichen Interaktionen?
  • Und, was bedeutet sie für die Arbeit in Veränderungsprozessen, in dem Vertrauen, Zuhören und Dialog über schwierige Themen unabdingbar sind?

Gleich zu Beginn erläutert Nkem, wie problematisch sie den Begriff “Resilienz” findet, und gleichzeitig keinen besseren gefunden hat. Resilienz wird oft verwendet um systemische Probleme zu individualisieren, und meist kommt in der Betrachtung von Resilienz vieles zu kurz, was unter der Oberfläche unserer Systeme wirkt: Trauma, (toxischer) Stress oder Komplizenschaft in gesellschaftlichen Strukturen. Resilienz versteht Nkem als “Zurückeroberung” des Worts, als Re-Kontextualiserung in die heutige Realität komplexer Systeme. Dabei ist der Körper aus ihrer Sicht ein Reservoir für Resilienz: Unsere Körper beinhalten Weisheiten und wir können sie als Kompass, Guide und Begleiter:in in unser Leben einbinden.

Mit ihrem erfahrenen, empathischen und realistisch-weisen Blick auf die Welt berichtet Nkem davon, wie Stress und Trauma auf unsere zwischenmenschlichen Beziehungen wirken und sie belasten. Um tiefgreifende Veränderungen zu bewirken, und um unsere gesellschaftlichen Systeme zu “shiften” (zu verändern), brauchen wir Resilienz. Und gleichzeitig investieren wir einen Großteil unserer Energie in Überreaktionen auf den Stress, dem wir begegnen. Nkems Arbeit ist es, Menschen dabei zu begleiten, ihre Stress- und Traumareaktionen flexibler zu gestalten:

Zu verstehen, was unsere Stress- oder Traumareaktionen sind: Helfen sie mir wirklich? Bin ich in einer Überreaktion?
Wie kann ich meine Stress- oder Traumareaktion herunterfahren oder anpassen?
Verstehe und praktiziere ich zu pausieren und mich zu regenerieren?

Soziale Veränderungen brauchen Dialog – oft zu Themen und Fragen, die schwer wiegen, groß sind, tiefe Wunden verursachen und manchmal über Generationen hinweg in Narrativen und Erzählungen an uns weitergegeben werden:

  • Wie wirken sich rassistische Ungleichheiten auf unser Leben aus?
  • Wie erleben wir das Leben in oder nach einem Krieg?
  • Was hindert uns daran, uns als gleichberechtigte Wesen – egal welcher Hautfarbe, Religion, Geschlecht, Bildungshintergrund oder sozialem Status – zu dieser Welt zugehörig und gesehen zu fühlen?

Teil der Resilienzarbeit nach Nkem ist es, in uns und mit anderen Kapazitäten aufzubauen, um in schweren und unbequemen Dialogräumen zu bleiben und uns dort zu begegnen. Resilienter zu werden bedeutet dabei zu lernen, wie wir unsere Stress- und Traumareaktionen anpassen – um soziale Transformationen quasi ins uns selbst vorzubereiten.

Wer Nkem zuhört, kriegt einen Eindruck davon, was es bedeuten kann, unsere verkörperten Fähigkeiten bewusst für die Entwicklung von sozialem Wandel einzusetzen. Für mich wird immer klarer, wie sehr unser “Kompass Körper” ein essentielles und unglaublich vielschichtiges Instrument für systemische Veränderungsarbeit ist – und wie viel wir miteinander in dieser Hinsicht lernen und entwickeln können.

Wer mehr erfahren möchte, kann hier tiefer eintauchen:
* Podcast “The Body as a Compass” mit Nkem Ndefo (Englisch)
* Dami Charf “Was ist ein Trauma?” (Deutsch) 
* Podcast “The Politics of Trauma” mit Staci Haines – über Somatik und soziale Gerechtigkeit  (Englisch)
* Appeasement als Trauma-Reaktion – Artikel von Nkem Ndefo und Rae Johnson
(Englisch)

Wer praktisch forschen möchte, wird im SOCIUS’ Werkstattzyklus “Bewegte Beratung” fündig. Dieser beginnt am 19. Mai 2022 – einige Plätze sind noch frei.

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Brave New Work – Episode 143

SOCIUS hört: Brené Brown

Im Januar 2020 kündigte Brené Brown ihren Podcast „Unlocking Us“ an und am 20. März 2020 erschien die erste Folge. Pünktlich zum ersten Lockdown und passender könnte der Titel des Podcast wohl nicht gewählt sein, obwohl im Januar 2020 wohl niemandem klar war, dass die Welt nur zwei Monate später in einen Zustand namens „Lockdown“ versetzt würde, dessen Name wohl die meisten von uns bis dahin nicht mal in ihrem aktiven Wortschatz hatten. Mit „Unlocking Us“ lädt die bekannte Sozialforscherin, Professorin an den Universitäten in Houston und Austin, Texas, USA, wo sie zu Themen wie Verletzlichkeit, Scham, Wut und Empathie arbeitet, ein sich mit ihr und ihren Gesprächspartner*innen auf die Reise des „Entpackens“ und Entdeckens zu begeben. Wie können Ideen, Geschichten Erfahrungen, Bücher, Filme und Musik reflektieren welche universellen Erfahrungen wir als Menschen machen können, von den mutigsten Momenten bis hin zu denen die uns das Herz brechen. Es geht um Gespräche die den zutiefst menschlichen Teil offenbaren, so dass wir mit mehr Mut und Herz, leben, lieben und führen können.

Die erste Folge war wohl  nicht so wie die Macherin sich das ursprünglich vorgestellt hatte, sie spricht über „FFTs“, die wir in diesen Wochen im Frühjahr 2020 alle zu Hauf erlebten: „Freaking First Time“s. So übersetzt Brené Brown das Phänomen in „kindertaugliche“ Sprache für texanische Verhältnisse. Eigentlich – so räumt sie ein – steht es für „Fucking First Time“.

Dieser Moment, wenn wir etwas das erste Mal tun, wenn uns etwas das erste Mal geschieht, wir es das erste Mal beobachten. Diese Momente von denen viele von uns im vergangenen Jahr vielleicht auch zu viele hatten. Und gleich in der ersten Folge gibt sie Impulse mit, die alltagstauglich sind: „Name it! Normalize it! Put it in perspective! Reality check expectations!“

Für mich war das vor knapp einem Jahr wirklich hilfreich: Worte finden für das, was mich überrascht und vielleicht auch überfordert. Den Eindrücken, Gefühlen und Herausforderungen einen Namen geben, sie benennen, eine Sprache finden. Dann tief durchatmen und schauen, dass wir sie „normalisieren“ können, also raus aus dem (inneren) Ausnahmezustand. Auch dafür ist Sprache hilfreich. Und nicht zuletzt: der Perspektivwechsel! Wie kann das, was ich hier gerade das erste Mal erlebe, vielleicht noch betrachtet werden? Wie kann das, was mich herausfordert, zu einer Chance werden? Was gibt es hier zu lernen?

Mittlerweile gibt es über 40 Folgen von „Unlocking Us“ und für mich hatte Brené Browns Stimme und die Gespräche mit ihren Gästen – von Tarana Burke (#metoo) über Harriet Lerner („Wohin mit meiner Wut?“), Reese Witherspoon & Kerry Washington, Laverne Cox bis hin zu Barack Obama und Joe Biden – in all den vielen Wochen seit Ausbruch der Pandemie nicht nur etwas beruhigendes und beständiges, sondern war immer auch ein Quell von Inspiration, mutig zu sein, zuversichtlich zu bleiben, Kontakt und Beziehung anzubieten, wenn das „physical distancing“ uns das Leben in diesen Tagen manchmal so schwer macht.

Seit Oktober 2020 gibt es einen zweiten Podcast von Brené Brown: Dare to lead. Ihr gleichnamiges Buch ist bereits 2018 erschienen und wird ab Frühjahr 2021 auch in deutscher Übersetzung vorliegen. Dazu gibt es dann demnächst einen SOCIUS liest – Beitrag.

Der Podcast „Unlocking Us“ jedenfalls ist eine SOCIUS Hörempfehlung, für alle, die nicht sofort weglaufen, wenn weiße US-amerikanische Bildungs-Mittelstandsfrauen, sich kluge Gedanken machen.

Link: https://brenebrown.com/unlockingus/

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SOCIUS hört: Leadermorphosis

Heute mal keine Buchrezension, sondern eine Empfehlung zum Hören: mein absoluter Favorit unter den OE Podcasts ist „Leadermorphosis“ mit Lisa Gills. Die Sammlung umfasst über 50 einstündige Gespräche mit Vordenker*innen und Pionieren der Selbstorganisation. Es sind alte Bekannte dabei – etwa Brian Robertson, Margaret Wheatley oder Frederic Laloux – aber auch neue Stimmen aus der Forschung und Praxis der „emerging world of self-management and progressive organisations“. Im Mosaik der Beiträge wird deutlich: Selbstorganisation ist weit mehr als eine Modeerscheinung – sie ist eine weltweite lebendige Bewegung. https://leadermorphosis.co

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