SOCIUS.Blog

Von der Etage über uns drang Baulärm in den SOCIUS Seminarraum. Für die Check-in-Runde fand Christian das sehr nervig. Und sofort wurde klar, wie das hier heute laufen würde: “Christian, das ist kein Baulärm, das ist das Furzsoundsystem, das wir da vor einigen Wochen in der Vorbereitung für das Labor installiert haben! Sei froh, dass wir mit den Gerüchen noch nicht so weit sind!” erklärte Hannah Hummel und die ganze Gruppe lachte. So störte der Lärm aus der ersten Etage gar nicht mehr. 

Zu den sieben Muskeln der Selbstorganisation gesellte sich an diesem Nachmittag ein achter Muskel: der Leichtigkeitsmuskel. Und die kleine Gruppe nutzte die vier Stunden mit Hannah Hummel und Lea Fandrey aus Leipzig mit ernsthaft viel Spaß auf dem Trainingsparcour, den sie mitgebracht hatten. 

Es gab eine Schreibübung, einige persönliche Offenbarungen zu Glaubenssätzen zum Thema Spaß, einen Wettbewerb in arhythmischen Tanzen, einen Input zum verdrehten Eisberg, eine Sammlung von tools und skills die Leichtigkeit zum Leben erwecken, Forumtheater und zu guter Letzt das Manifest für mehr Leichtigkeit. 

Spaß hat einen schlechten Ruf

Im Anschluss an das conscious writing zur kleinen Frage: “Warum bist du hier?” bekamen die Teilnehmenden die Aufgabe, in den vier Kategorien: gesellschaftliche Kultur, Organisations/Arbeitskultur, Persönliche Glaubenssätze, Haltungen und Überzeugungen – je einen Gedanken, einen Satz zum Thema Spaß und Leichtigkeit aufzuschreiben; am besten den, der zuerst einfällt.

Zu den jeweiligen Gedanken haben sich die anderen Teilnehmenden dann positioniert. So war es jedenfalls gedacht. Schnell wurde klar, dass wir gerne in Austausch und Diskurs einsteigen wollen, dass wir die körperlichen Positionierungen zu den Aussagen nur noch ausnahmsweise umgesetzt haben. 

Wir stellten fest, dass es sehr unterschiedliche Organisationskulturen gibt. Solche in denen Sätze wie “Für Spaß und Leichtigkeit haben wir keine Zeit und auch kein Geld” und “Wenn Arbeit Spaß macht, ist es keine Arbeit und wir können uns nicht dafür bezahlen lassen” genauso vertraut sind wie solche in denen es eher Haltungen wie “Wir arbeiten und haben Spaß dabei” und “#SpaßbeiderArbeit ist essentiell für Produktivität und Wirksamkeit. Zwischenmenschliches gehört dazu, große Gefühle schließen Sachlichkeit nicht grundsätzlich aus” gibt. Die Erfahrungsspannbreite war also weit. 

Auf der gesellschaftlichen Ebene haben wir zu Spaß und Leichtigkeit vor allem eine Menge kollektiver Glaubenssätze gefunden, die wir alle schon mal gehört hatten:

  •  “Humor ist, wenn man trotzdem lacht.” – was soll das eigentlich bedeuten?
  • “ Wer feiern kann, kann auch arbeiten.”
  • “Spaß und Arbeit haben nichts miteinander zu tun.”
  • „Anstrengung zahlt sich aus.”
  • “Lachen verbindet.”
  • “Humor kann eine Waffe sein.”
  • “Wir sind ja nicht zum Vergnügen hier.” 

Das Bild von Arbeit, das wir hier auf gesellschaftlicher Eben vorgefunden haben, hat sich auch in den persönlichen Glaubenssätzen widergespiegelt, die uns hindern Spaß bei der Arbeit zu haben: “Albernheit ist unprofessionell”, “Hinter jedem Spaß steckt auch ein Ernst”, “Wenn ich ernst bin, werde ich auch ernst genommen„, “Watt mutt dat mutt”, “Für Teambesprechungen muss man sich hinsetzen” [heißt ja auch nicht umsonst TeamSITZung]. 

Ganz im Gegensatz dazu standen die (erarbeiteten) Überzeugungen und Haltungen: 

  • “Arbeit ohne Spaß und Leichtigkeit ist unprofessionell.”
  • “Arbeit darf/soll/kann Spaß machen und bereichern. Es braucht keine Angst vor Anstrengung geben.”
  • “Humor kann befreiend sein.”
  • “Humor kann heilsam sein.”
  • “Im Grunde geht es immer um Präsenz und Kontakt.”

Wenn wir das Pareto-Prinzip auf das Verhältnis von Spaß und Arbeit anwenden, dann – so waren wir uns einig – sollte 80% der Arbeit mit Spaß verbunden sein, so dass die restlichen 20% auch erledigt werden können. 

Heiter weiter

Nach einer Pause stiegen wir mit einer Tanzübung wieder in die Arbeit ein – arhythmischen zu tanzen war eine Herausforderung, die allen viel Spaß gemacht hat und zu vielen Lachern geführt hat. Probiert es gerne mal in Eurem Team aus, wenn Ihr ein bißchen Leichtigkeit braucht! 

Hannah und Lea haben uns dann mitgenommen in ihre Überlegungen rund um die Möglichkeiten der Messung: Wie können wir feststellen, dass wir unseren Leichtigkeitsmuskel trainieren? Wo befinden wir uns – individuell und als Gruppe – auf dem Kontinuum von Leichtigkeit und Schwere? Vor allem wenn wir wissen, dass wir in Schwere so viel besser geschult sind, und diese auch viel unmittelbarer wahrnehmen. 

Die Wahrnehmung somatischer Reaktionen ist ein wunderbarer Schlüssel. Wenn es schwer wird oder ist, wird der Atem flacher, die Schultern verspannen sich, wir bewegen uns nicht mehr, können nicht mehr frei denken, der Magen zieht sich zusammen, wir haben einen Stein im Bauch, manchmal hören wir gleich ganz auf zu atmen und halten die Luft an, wir werden nervös und “gehen in den Kopf”. 

Und was kann für Erleichterung sorgen, wenn der berühmte rosa Elefant im Raum steht und keine:r ihn anspricht? 

Nachfragen – “Merkst du das auch? Diese Schwere gerade?”: Wenn die Kolleg:innen es auch spüren, könnt Ihr zusammen was ändern. Wenn nur du es spürst, ist das wahrscheinlich ein Hinweis darauf, dass du ein persönliches Thema gefunden hast, das es zu betrachten und zu bearbeiten gilt.

Wir spüren Leichtigkeit, wenn wir tief atmen können, unser Körper entspannt ist,  wir vor Freude sprudeln, wir kichern vor Auf- oder Anregung, uns ein Lächeln auf den Lippen liegt, wir den Überblick über die aktuelle Situation haben, wir gemeinsam in den flow kommen.

Der verdrehte Eisberg

Die Idee von Hannah und Lea den allseits bekannten Eisberg einmal umzudrehen und die somatischen Reaktionen verbalisiert weit aus dem Wasser ragen zu lassen und die Analyse der Situation etwas unter die Oberfläche verschwinden zu lassen, fanden wir alle so interessant, dass sich eine lebhafte Diskussion entspann, was hier noch weiter zu beachten und zu verändern sein könnte. 

Auf die Bühne

Die letzte Stunde im SOCIUS labor nutzen wir, um in zwei Kleingruppen Forum-Theater zu spielen. Auf die Bühne gebracht wurden jeweils zwei Szenen mit Teamsituationen, die eine Schwere in sich hatten und in denen Menschen nicht gut in der Lage waren, miteinander in Kontakt zu kommen. Hannah und Lea hatten einen “Werkzeugkoffer für Leichtigkeit” vorbereitet und die Aufgabe war, dass jede Person auf der Bühne ein Werkzeug bekam und die Szene dann noch mal gespielt wurde, in dem diese Werkzeuge genutzt wurden. 

Es war durchaus verblüffend, wie sehr kleine Interventionen die Situation verändern können, und auch wie jede:r einzelne dazu beitragen kann, wenn die bekannten skills und tools bewusst eingesetzt werden. 

Zum Schluss schreiben wir das “Manifest für mehr Leichtigkeit” – in zwei Teilen.

Im Anschluss an das Labor sassen wir noch über eine Stunde zusammen in der SOCIUS lounge und ließen im Gespräch dieses SOCIUS labor nachklingen, bevor alle leicht und beschwingt nach Hause gingen. 

sinnvoll zusammen wirken

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