Zuhören, auch wenn es unbequem wird

Zuhören, auch wenn es unbequem wird

Rückblick auf den oe-tag 2025

Im Vorfeld des oe-tags war unsere Unsicherheit groß, wir fragten uns: 

  • wie kommt das Thema an, das uns so intensiv beschäftigt, gleichzeitig und gleichzeitig  so weit weg scheint vom Kontext „Organisationsentwicklung“? 
  • Wie reagieren unsere langjährigen Berliner Teilnehmenden darauf, dass wir nach Halle gehen? 
  • Und wie sind wir selbst „sprechfähig“ für dieses Thema, als Kolleg:innenkreis, in dem mehr West- als Ost-Sozialisation stattfand? 

Unser Wunsch war es, dass der oe-tag Raum bietet, den unterschiedlichen Erfahrungen nachzugehen – in Erzählrunden, Impulsen, Dialogformaten und Workshops. 

Persönliches erzählen

Gleich zu Beginn wurde deutlich, wie kraftvoll und gleichzeitig herausfordernd es ist, wenn Menschen unterschiedlicher Herkunft und Prägung  ihre Geschichten zu teilen. Joana Ebbinghaus und Lysan Escher erzählten die ersten biografischen Geschichten des Tages.Und so setzte es sich den ganzen Tag weiter fort: immer wieder wurden sehr persönliche Erlebnisse geteilt. 

Dabei ging es nicht um Zuschreibungen, sondern um Erkundung. Nicht um Schuld oder Rechtfertigung, sondern um Resonanz. Und um die Frage, wie wir in Organisationen Räume schaffen können, in denen Unterschiedlichkeit nicht überdeckt, sondern gehalten wird. Vielfach war dies am oe-tag auch möglich und machbar, weil drei tolle Menschen als „Ansprechpartner:innen für innere Bewegtheit“ verfügbar waren und die Teilnehmenden wussten, dass sie mit ihren Emotionen nicht allein gelassen würden. Auch wenn diese Möglichkeit nur wenig in Anspruch genommen wurde, gab es die Rückmeldung, dass allein die Verfügbarkeit hilfreich war, anders im Austausch zu bleiben. 

Auch wenn es stellenweise schwierig wurde, nicht aus der Beschreibung in Zuschreibungen zu rutschen, gab es immer Hilfestellungen, um das Herz und den Geist zu öffnen und die Neugierde beim zuhören nicht zu verlieren. Unsere konzeptionelle Ausgangslage, möglichst konsequent Ost UND West zu betrachten, war nicht durchgehend so weit umsetzbar, wie wir es uns gewünscht haben und so blieb die Beschäftigung mit dem Leben und der Wende im Osten im Vordergrund. 

Zuhören als aktive Praxis

Auch – und vielleicht gerade – aufgrund dieser Dynamiken war es ein oe-tag voller vielfältiger Perspektiven. Zuhören war die prägende Haltung des Tages: offen, absichtslos, aufmerksam. Die Magie des Zuhörens entfaltete ihre Kraft: Es wurden Verbindungen geschaffen, Verständnis war wichtiger als Urteile, Räume für Einsichten, Vertrauen und gemeinsames Lernen wurden eröffnet, Wahrnehmung geweitet und auch dem Schweigen wurde zugehört.  

Damit konnten Spannungen spürbar werden – und gerade dadurch auch produktiv. Deutlich wurde: Erst, wenn wir aufhören, Unterschiede vorschnell zu glätten, entsteht die Chance auf echtes Verstehen. Teilnehmende beschrieben, wie heilsam es war, sich in ihren Perspektiven zeigen zu können, ohne sofort erklären oder einordnen zu müssen. 

Orientierung durch Fokus

Hilfreiche Orientierung boten die „Listening Lenses“: Sieben Fokuspunkte, von denen sich jede:r einen aussuchte und auf die wir über den Tag unsere Aufmerksamkeit im Zuhören richten konnten. Hier bildeten sich dann so genannte “Linsengruppen”, die sich über den Tag hinweg dreimal trafen und zum Abschluss die inhaltliche Reichhaltigkeit des Tages sichtbar werden ließen.

Unsere Kernkompetenz “Organisationsentwicklung” war an diesem oe-tag weniger gefragt als sonst und wir genossen den Blick weit über den Tellerrand. Was vom oe-tag 2025 auf jeden Fall als Impuls bleibt, ist: weiter fragen und weiter hören – auch und gerade da, wo es persönlich wird und vor allem  dort, wo es unbequem wird. 

SOCIUS salon am 22. Juli 

Wir laden ein zum Zuhören – Weiterdenken – Dranbleiben. Wir möchten mit euch weiter im Austausch sein:

  • Was hat das Erlebte in euch bewegt?
  • Wie wirken diese Erfahrungen in eure Kontexte hinein – persönlich, professionell, politisch?
  • Was bedeutet das für eure Arbeit mit Menschen und Organisationen?

Melde dich hier an. 

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Ungleich vereint – Warum der Osten anders bleibt

Ungleich vereint – Warum der Osten anders bleibt

Was Steffen Mau über Zusammenarbeit in einer gespaltenen Gesellschaft lehrt

Zur Vorbereitung auf den oe-tag 2025 am 13. Juni 2025 in Halle (Saale), an dem wir uns auf dialogische Spurensuche zur deutsch-deutschen Geschichte in Organisationen begeben wollen, weil wir finden es ist “Noch längst nicht alles gesagt!” habe ich gelesen. Unter anderem über “Drei ostdeutsche Frauen, die sich betrinken und einen idealen Staat gründen” und auch Steffen Maus “Ungleich vereint – Warum der Osten anders bleibt”.
Einer der wahrscheinlich am häufigsten zitierten Sätze aus Maus Buch ist “Wer in der Ost-West-Debatte mit Schuldbegriffen operiert, ist schon auf dem Holzweg.“ Und genau deswegen ist uns der Dialog am oe-tag 2025 so wichtig, weil wir überzeugt sind, dass Schuld nicht nur in der “Ost-West-Debatte” auf den Holzweg führt, sondern eigentlich immer. 

In unserer zunehmend diversen und komplexen Gesellschaft stellt sich uns als Prozessbegleiter:innen in der Organisationsentwicklung immer wieder die eine zentrale Frage: Wie gelingt Zusammenarbeit – in der Gesellschaft, aber auch ganz konkret in Organisationen? 

Steffen Mau liefert dazu eindrucksvolle Ansätze: Er zeigt, wie tief soziale Differenzierung in unsere Lebenswelten eingreift – und wie sich diese Unterschiede unmittelbar auf unser Miteinander auswirken. Besonders relevant dabei: die tief verwurzelte Ost-West-Differenz in Deutschland, die nicht nur gesamtgesellschaftlich, sondern auch in der Arbeitswelt unterschätzt wird.

Mehr als oben und unten: Gesellschaftliche Differenzierung neu gedacht

Mau geht über klassische Ungleichheitsnarrative hinaus. Ihn interessiert nicht allein der Gegensatz zwischen Arm und Reich oder Macht und Ohnmacht – sondern die vielen, oft subtilen Bruchlinien, die unsere Gesellschaft durchziehen: Bildung, Wohnort, Lebensstil, Mobilitätschancen, aber eben auch historische Prägungen wie die DDR-Sozialisation im Osten Deutschlands gehören dazu.

Diese Differenzlinien erzeugen keine glatten, einfachen Trennungen, sondern komplexe soziale Landkarten. In Organisationen bedeutet das: Unterschiedliche Erfahrungshorizonte, Werthaltungen und Erwartungshaltungen treffen aufeinander –  nur manchmal sichtbar, und immer latent wirksam.

Ost trifft West: Eine unterschätzte Konfliktlinie in Organisationen

Besonders eindrücklich behandelt Mau die dauerhafte Prägekraft der DDR-Erfahrung – und deren Nachwirkungen bis heute. Über drei Jahrzehnte nach der “Wiedervereinigung” bestehen kulturelle und soziale Unterschiede fort, die in Organisationen hochrelevant sind.

Die westliche Sozialisierung und Prägung wurde 1990 zur Norm erhoben und führte so dazu, dass viele ostdeutsch sozialisierte Menschen plötzlich “anders” sind, so Mau: Sie sind in einem System aufgewachsen, das “andere” Normen, eine “andere” Arbeitskultur, ein “anderes” Verhältnis zu Autorität und Hierarchie vermittelt hat. Nach 1990 wurden diese Prägungen entwertet oder unsichtbar gemacht – sowohl im gesellschaftlichen Diskurs als auch in betrieblichen Strukturen.

In Organisationen führt das bis heute zu Missverständnissen, unausgesprochenen Spannungen oder unterschwelligen Statuskonflikten. Ostdeutsche Mitarbeitende berichten nicht selten davon, sich „übersehen“, „nicht ernst genommen“ oder „kulturell fremd“ zu fühlen – selbst dann, wenn sie längst “vollständig integriert” erscheinen, oder nach 1990 geboren wurden. Die soziale Gleichheit, die im DDR-System propagiert wurde, trifft hier auch heute noch auf westlich geprägte Leistungsideale, Selbstvermarktungsdruck und hierarchische Systeme der Anerkennung.

Steffen Mau spricht in diesem Zusammenhang von einer „Asymmetrie der Sichtbarkeit“: Ostdeutsche Erfahrungen sind in Führungspositionen und Leitbildern deutscher Organisationen unterrepräsentiert. Diese Form der strukturellen Nichtbeachtung wirkt sich direkt auf die Zusammenarbeit in Teams aus – denn wie gut man miteinander kooperiert, hängt auch davon ab, ob unterschiedliche Perspektiven überhaupt einen Platz bekommen.

Zusammenarbeit unter Bedingungen sozialer Differenz

Was bedeutet das nun für die Teamarbeit? Erstens: Diversität hat eine weitere Dimension: innerdeutsche Unterschiede – wie Ost- und West-Sozialisierungen – sind bedeutsam. Wer in einem Team führen oder arbeiten will, muss sich dieser Unterschiede bewusst sein. Es braucht Sensibilität für unterschiedliche Kommunikationsstile, Autoritätsverständnisse, Rollenbilder und biografische Erfahrungen.

Zweitens: Organisationen müssen immer noch lernen, Differenz nicht als Störung, sondern als Ressource zu verstehen. Auch Mau argumentiert hier, dass soziale Kohäsion nicht durch Uniformität entsteht, sondern durch das Anerkennen und Gestalten von Unterschieden. Gerade Ost-West-Erfahrungen bergen enormes Potenzial – etwa in Form von Resilienz, Improvisationstalent oder Teamorientierung auf der einen, und Innovations- und Wettbewerbsorientierung auf der anderen Seite.

Drittens: Es braucht aktive Anerkennung. Viele ostdeutsche Beschäftigte tragen das Gefühl mit sich, ihre Lebensleistung werde weniger geschätzt. In Teams und Organisationen kann das zu Rückzug, stillem Protest oder auch Misstrauen führen. Eine offene Gesprächskultur, in der biografische Prägungen thematisiert werden dürfen, ist daher essenziell für funktionierende Zusammenarbeit.

Status, Anerkennung und die unterschätzte Macht symbolischer Unterschiede

Mau betont außerdem: In modernen Organisationen geht es nicht nur um materielle Gerechtigkeit – sondern um Anerkennung. Wer wird gesehen? Wessen Perspektive zählt? Wer definiert die „normale“ Art zu arbeiten, zu kommunizieren, zu führen?

Gerade Ostdeutsche erleben oft eine doppelte Unsichtbarkeit: Einerseits wegen ihrer regionalen Herkunft, andererseits, weil sie in westlich geprägten Organisationen mit Codes, Netzwerken und Selbstverständnissen konfrontiert sind, die andere Prägungen haben als die, in den sie aufgewachsen sind oder in denen sie sich permanent anpassen müssen. Dies führt nicht selten zu stillen Loyalitätskonflikten oder Distanzierungsmechanismen – auch innerhalb von Teams.

Die Zukunft: Polarisierung, Diversität und eine neue Anerkennungskultur

Maus Buch verweist auf tiefere gesellschaftliche Trends, die Organisationen in Zukunft noch stärker herausfordern werden. Neben der digitalen Transformation und globaler Migration ist es für uns in Deutschland vor allem die Persistenz innerdeutscher Differenzlinien, die ernst genommen werden muss. Nur wer sich als Organisation fragt, wer fehlt, wer schweigt und wessen Perspektive strukturell unterrepräsentiert ist, wird eine inklusive und zukunftsfähige Arbeitskultur entwickeln.

Es braucht ein echtes Verständnis für die soziale Tiefenstruktur von Zusammenarbeit – und die Bereitschaft, auch unbequeme historische Unterschiede nicht nur zu benennen, sondern in positive Entwicklung zu überführen.

Fazit: Einheit in Vielfalt braucht Anerkennung

Ungleich vereint – warum der Osten anders bleibt ist ein wichtiges Buch für alle, die auch 35 Jahre nach der “Wiedervereinigung” finden, dass die innerdeutsche Ost-West-Thematik kein Anachronismus ist, sondern eine reale Kraft in der sozialen Architektur vieler Organisationen. Steffen Mau zeigt, dass Differenz kein Hindernis, sondern ein Gestaltungsspielraum ist.

Wer die Zusammenarbeit der Zukunft gestalten will, muss über klassische Diversitätskategorien hinausdenken. Es geht um biografische Gerechtigkeit, symbolische Anerkennung und die Bereitschaft, neue Formen der Einheit zuzulassen – eine Einheit, die nicht auf Gleichheit basiert, sondern auf respektvoller Differenz.

  • Suhrkamp Verlag
  • Erscheinungstermin ‏ : ‎ 17. Juni 2024
  • Seitenzahl der Print-Ausgabe ‏ : ‎ 168 Seiten
  • ISBN: ‎ 978-3518029893
  • 18,00 €uro

Autorin Nicola Kriesel

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Drei ostdeutsche Frauen betrinken sich und gründen den idealen Staat

Drei ostdeutsche Frauen betrinken sich und gründen den idealen Staat

Dieses Buch ist kein Roman, kein klassisches Sachbuch und keine polemische Streitschrift – es ist ein trialogisches Manifest, ein kollektiver Denk- und Erinnerungsraum. Die drei Autorinnen Peggy Mädler, Annett Gröschner und Wenke Seemann führen sieben Nächte lang Gespräche, die sie dann in ein Buch verwandeln. 

Zu dritt denken, sprechen und schreiben ist: Bereicherung, Spaß, Herausforderung, Entlastung, Vorantreiben, Reibung, Überraschung. Zu dritt in nur fünf Monaten dieses Buch zu denken und zu schreiben, war eine verrückte, anstrengende und großartige Angelegenheit.”

Sie sprechen über: “Das Klischee der Ostfrauen, das wir selber sind” (Nacht 1), “Eigentum oder warum die klassenlose Gesellschaft für die Mehrheit der Deutschen das Schlimmste ist” (Nacht 2), “Frauen in die Offensiven – wer sich nicht wehrt, kommt an die Kochinsel” (Nacht 3), “Der Appellplatz in uns – von solidarischen Idealen und traumschifflosen Wirklichkeiten” (Nacht 4), “Gummitwist oder der Körper als Schlachtfeld” (Nacht 5), “Die Schwerkraft der Verhältnisse oder was passiert hier gerade?” (Nacht 6) und zu guter letzt über “Geister der Zukunft oder ein “vom Utopismus entferntes Denken“” in Nacht 7. 

Worum geht’s?

  • Die DDR und ihre Ambivalenzen – zwischen emanzipatorischer Prägung und politischer Repression
  • Die Nachwendezeit – als Erfahrung von Entwertung, Umbrüchen und biografischer Desorientierung
  • Das Frausein im Osten – mit einem anderen Selbstverständnis von Arbeit, Care, Beruf und Körper
  • Ostdeutsche Kulturtechniken – wie Improvisieren, Teilen, Aushalten, Kümmern
  • Sprachkritik und Machtverhältnisse – insbesondere in Bezug auf westdeutsche Dominanz im Kulturbetrieb
  • Utopien – wie ein Staat aussehen könnte, der aus ostdeutscher weiblicher Perspektive heraus gedacht ist: gleichwürdig, solidarisch, pragmatisch, humorvoll, kritisch

“Immer radikal, niemals konsequent” wollen sie sein, weil Radikalität zusammen mit Konsequenz zum Dogmatismus führt, und der, so sind sie sich einig, hat selten zu Gutem geführt. 

Allzu gerne hätte ich als stille und unsichtbare Zuhörerin mit den Dreien am Tisch gesessen und ihnen gelauscht, wie sie sich in Echtzeit in kollektives Nachdenken begeben – zart, unbequem, witzig und traurig zugleich – hinein in ein performatives Gesprächsexperiment auf eine Reise durch ihre Erinnerungen, politischen Erfahrungen und utopischen Gedanken.

Der Stil ist gesprächsnah, literarisch, klug und witzig. Es ist ein Text voller Erfahrungswissen, aber nicht belehrend – sondern einladend, auch mal verwirrend, fragmentarisch. Der Sound: empfindsam ohne Opferhaltung, kämpferisch ohne Pathos, subversiv statt nostalgisch.

Auf die Frage Wovon erzählt Drei ostdeutsche Frauen betrinken sich und gründen den idealen Staat?” geben die drei Autorinnen unterschiedliche Antworten:

Peggy Mädler: “Ich sag nur: 7 Nächte, 7 Alkoholsorten, 7 Themen, über die es sich zu reden lohnt – und ein bisschen Idealismus angesichts der Schwerkraft der Verhältnisse ist auch dabei.”

Wenke Seemann: “Von Gummitwist vorm Kinderferienlager des Transformatorenwerks, utopischen Splittern an Badeseen, von Geistern in Fabrikantenvillen und Siedlungshäusern und Kindheitsmustern in ORWO-Color.”

Annett Görschner: “Aber immer radikal, niemals konsequent: Eine Nacht war ein Tag, und ein alkoholisches Getränk wurde durch einen Eisbecher ersetzt. Und was ein idealer Staat sein soll, das wissen wir immer noch nicht, dafür aber, was an achtlos Wegggeworfenem sich lohnt, aus der Vergangenheit in die Gegenwart und Zukunft mitgenommen zu werden.”

 

Was ich mitnehme (mit meiner westdeutsch Sozialisation)

  • Die Ost-Erfahrung ist nicht nur Schmerz, sondern vor allem auch Kompetenz.
  • Eine „gute Organisation“ ist weniger das, was Beratungsfirmen so hinlänglich beschreiben – sondern das, was Menschen gemeinsam tragfähig machen.
  • Sichtbarkeit ostdeutscher Frauen – als politische Akteurinnen, Denkerinnen, Gestalterinnen.
  • Wie sehr Erfahrungen von Systembrüchen, Unsichtbarmachung und Überanpassung in Körpern, Karrieren und Sprache weiterwirken.
  • Wie viel kulturelle und soziale Intelligenz im vermeintlich „Randständigen“ steckt – eine Perspektive, die auch für Organisationen und Teams extrem wertvoll ist.
  • Die Bestärkung, dass Utopien nicht aus Managementtheorien, sondern aus biografischem Wissen geschöpft werden.
  • Und immer wieder die Frage: Wie kann man einen Ort schaffen, an dem es sich anders leben lässt – ohne zu vergessen, woher man kommt?
Erscheinungsdatum: 18.03.2024
320 Seiten
Hanser Verlag
ISBN 978-3-446-27984-1
22,00 €

Autorin Nicola Kriesel

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Warum ist uns das „Ost-West“-Thema wichtig?

Warum ist uns das „Ost-West“-Thema wichtig?

Joana Ebbinghaus ist intensiv in der Vorbereitung des oe-tages aktiv. In diesem Interview erzählt sie von ihrer Motivation und der Bedeutung, die das Thema auch heute noch hat – für Menschen und Organisationen. 

Wieso ist dir dieses Thema so wichtig, dass es auf einem oe-tag aufgegriffen wird?

Ich könnte hier eine wirklich lange Abhandlung schreiben. Zum einen gibt es für mich biographische Bezüge. In West-Berlin geboren, waren für mich die Kategorien Ost und West mein Leben lang präsent, von Bedeutung, auch mit starken Emotionen und immer mit Neugier verbunden. In Kindheit und Jugend hatte der Osten eher etwas geheimnisvolles für mich, präsent, sichtbar, aber trotzdem für mich verschlossen. Zu Studienzeiten hatte ich eine WG-Mitbewohnerin aus Karl-Marx-Stadt, die ich während der gemeinsamen Zeit viel löcherte, um die Unterschiede im Lebensgefühl zu verstehen. Weit bin ich damals nicht gekommen. Vielleicht weil es auch für meine Mitbewohnerin damals noch zu nah war. Und ich zu unsensibel, um die richtigen Fragen zu stellen. 

So richtig holte mich das Thema dann erst wieder 20 Jahre später ein, als ich nach langer Zeit im Ausland wieder in Deutschland lebte und arbeitete. Ich erinnere mich sehr genau, als ich zum ersten Mal als Organisationsberaterin in einer aufgeladenen Situation innerhalb einer Organisation im Einzelgespräch verstand, dass tiefe Konflikte und Verbitterungen in einem Team, das sich nicht gesehen, wertgeschätzt und angemessen bezahlt fühlte, gleichzeitig auch mit tiefer liegenden Schichten verbunden waren, wo es um Ost- und West Biographien ging, Erfahrungen des Verlusts von sozialem Status im Zuge der Wiedervereinigung sowie unsensiblem Umgang mit deutlichen Rangunterschieden in der Organisation. 

Erst langsam dämmerte mir auch, dass ich selbst nicht wahrgenommen haben, wie stark die Ost-West Dimension noch viele soziale Situationen prägt – in Bezug auf eine schnelle Einordnung und Orientierung (“bist Du aus dem Osten oder aus dem Westen?”), vorschnelle Zuschreibungen und Kategorisierungen sowie ein Erleben von Zugehörigkeit und Fremdheit. 

Zu Beginn des Jahres 2024 organisierten Bea Schramm und ich bei SOCIUS ein 4-stündiges Labor zum Thema “Ost-West in Organisationen”. Was sich in den Gesprächen an diesem Nachmittag zeigte, öffnete für mich noch einmal ganz andere Dimensionen – die mich auch sehr berührten: So viele rohe und auch selten so offen benannte Gefühle standen im Raum (so eine teilnehmende Person damals: “ich war noch nie an einem Ort mit anderen Menschen, wo es explizit nur um die persönlichen Erfahrungen im Kontext Ost-West ging!”). Besonders hängen geblieben sind mir Aussagen, die damit zu tun hatten, wie schwer es offensichtlich noch immer ist, die faktischen Unterschiede, das Erleben von Bewertung oder fehlender Augenhöhe in Wort zu fassen. Sei es, weil das eigene Schmerzerleben als zu niedrig wahrgenommen wird, um Ost-Deutschsein zum Thema machen zu wollen, oder weil man nicht gern der “Jammer-Ossi” ist. Und dass durchaus auch westlich sozialisierte Menschen schmerzliche Erfahrungen mit Ausgrenzung gemacht haben. 

In den letzten 1-2 Jahren ist in meinem Gefühl viel passiert, was den öffentlichen Diskurs über Ost-West Sozialisationen und Erfahrungen angeht, es gab in letzter Zeit viele Veröffentlichungen, Bücher, Workshops und Podcasts. Und trotzdem steht für mich noch immer vor allem der Eindruck im Vordergrund, dass es noch so viel zu sagen gibt!  

Wo wird die Frage von „Biografien Ost und West“ in Organisationen heute konkret lebendig?

Die nach der Wiedervereinigung in vielen Bereichen entstandene Situation, dass die Leitungsebene größtenteils westdeutsch sozialisiert war, während die Teams eher ostdeutsch waren, hat sich im letzten Jahrzehnt sicherlich aufgeweicht – und ist trotzdem in manchen Bereichen tendenziell immer noch zu beobachten. Aber ich denke, es ist insgesamt sehr differenziert, vielfältig und auch ambivalent. Ost-West als Kategorien reichen oft nicht aus. Hier überlagern sich inzwischen verschiedene Kategorien der Diversität: Generationenunterschiede, Geschlechter und Prägungen aufgrund von vermeintlichen “Klassenunterschieden”. Ich nehme aber zum Beispiel durchaus Unterschiede wahr in Führungs- und Kommunikationsstilen zwischen ost und west.

Und was macht es manchmal schwer, darüber zu reden?

Ich denke, wir leben in einer Zeit und bewegen uns in sozialen und in sinn-getriebenen Organisationen oft in einem Feld, wo die Menschen überwiegend sensibilisiert sind für Themen von Privilegien, Diskriminierung und Rassismus. Die Dimension ost-deutsch – west-deutsch-sozialisiert wird, glaube ich, zum Teil als nicht gewichtig genug erlebt, um es zum Thema zu machen. Wir sind hier noch zu wenig geübt, Sprache zu finden, für etwas, das sich meistens sehr subtil abspielt. Und wenn ich von meiner eigenen Erfahrung her komme, würde ich sagen, dass gerade west-deutsch geprägte Menschen – wie es so oft der Fall ist im Kontext von Privilegien –  zu weiten Teilen wenig Bewusstsein dafür haben, dass sich dieselbe Situation für eine ost-deutsch sozialisierte Person anders anfühlen kann. Dass es biographische Unterschiede geben kann, z.b. in der eigenen Bildungsbiographie, in den Auswirkungen, wie die eigene Familie von den Transformationen der Wendezeit betroffen waren (oder während der DDR Zeit Freiräume genutzt oder zur Anpassung gezwungen wurden) und diese verarbeitet haben, welche noch ins Hier und Jetzt hineinwirken.

Über was würdest Du Dich am oe-tag besonders freuen?

Mich würde sehr freuen, wenn mindestens genauso viele west-deutsch sozialisierte Teilnehmende mit viel Neugier im Rucksack den Weg nach Halle finden, wie ost-deutsche. Denn am Ende geht es ja um Austausch und Dialog und darum, sich gemeinsam auf eine Suche zu begeben, einander Geschichten zu erzählen, Gemeinsames und Unterschiede zu entdecken. Und ich würde mich riesig freuen, wenn viele Teilnehmende am Ende des Tages sagen: Ich habe spannende neue Menschen kennengelernt und viel Neues gelernt! 

Warum seid Ihr dieses Jahr in Halle? Und wird der jährliche oe-tag jetzt häufiger reisen?

Es lag ja auf der Hand, zu diesem Thema die Berlin-Zentrierung, die wir natürlich durch unseren Bürostandort und unser Betätigungs- und Vernetzungsfeld haben, zu verlassen. Aber wenn wir etwas über deutsch-deutsche Geschichte verstehen wollen, müssen wir eben auch die “Hauptstadt-Blase” mal verlassen. Es ist eine Freude, in der Vorbereitung zu erleben, welche neuen Möglichkeiten sich daraus ergeben, an einem ganz anderen Standort zu sein: Die Wege sind überschaubarer, die Kontakte direkter und persönlicher. Meine Kollegin, Lysan, die in Halle lebt, scheint mit fast allen interessanten Menschen in der Region persönlich bekannt zu sein 🙂: Vom Buchladen, den wir mit einbeziehen, zum Kaffee-Feuerwehrauto, das uns mit gutem Kaffee versorgen wird, zu spannenden Referent:innen vor Ort. Ich hoffe, wir können langjährige oe-tags Besucher:innen zusammenbringen mit ganz neuen Menschen, die bisher noch nicht den Weg zu uns gefunden haben! Wenn die Resonanz hoch ist, reisen wir gern das nächste Mal zu einem anderen Ort weiter!

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So viele nicht erzählte Geschichten

So viele nicht erzählte Geschichten

Sabine Ayeni treibt die Suche an, mit Teams Wege zu finden, wie eine Veränderung Spaß macht und sie weiter voranbringt. In Westdeutschland aufgewachsen, hat sie lange Zeit ihres Lebens in Irland und Südafrika verbracht. Heute wohnt sie bei Halle. Im Workshop, den sie zusammen mit Agnes Sander durchführt, wollen sie der Frage nachgehen, wie unterschiedliche Perspektiven auf “Ost” und “West” in einen Austausch kommen können. 

„Noch längst nicht alles gesagt“ – Was ist aus Deiner Perspektive offen und Thema zum oe-tag zwischen Ost und West?

Gesamtdeutsch ist die Wende für mich immer noch ein Ort mit offener Verwundung, Trauer und nicht ausgesprochenen Verletzungen. Wichtig – finde ich – ist, dass wir das nicht als ein ausschließlich ostdeutsches Thema sehen. Menschen, die hier lebten, wurden in das westdeutsch geprägte System hineingezogen und hatten keine Möglichkeit selbst daran etwas mitzugestalten. Auch die meisten Menschen in Westdeutschland hatten kaum Gelegenheit, diese Prozesse eines „gemeinsamen“ Deutschlands mitzugestalten. Insofern ist es wirklich ein gesamtdeutsches Phänomen, das immer verliert, wenn wir es “nur” aus Ost- oder West-Perspektive betrachten.

Allerdings: Das heutige deutsche Gesellschafts-System ist näher am Westen als am Osten. Insofern kann ich verstehen, wenn Menschen sagen, dass sie in der Wende ihre Heimat verloren haben. Auch wenn keine geografische Migration stattgefunden hat, sind sie in sehr existenziellen Fragen doch in ein neues System gespült worden. “Das Land in dem ich geboren wurde, gibt es heute nicht mehr.” höre ich ausschließlich in Ostdeutschland, nicht im Westen. Insofern gibt es – auch aus einer umfassenden Perspektive – natürlich unterschiedliche Betroffenheit. 

Aus meiner Sicht ist es bis heute nicht gelungen, zu diesen Erfahrungen – als ein gesamtdeutsches Phänomen – miteinander in Verbindung treten. Von den eigenen Erfahrungen, Verletzungen und Eindrücken erzählen können und anderen zuhören, ohne in eine Beschuldigung oder in eine Selbstrechtfertigung zu rutschen, dafür gibt es noch viel zu wenige „Räume“. Ich glaube, wir müssen uns da nochmal wirklich völlig neu begegnen, auf einer ganz menschlichen Ebene, sonst wird dieser Konflikt und dieses “nicht ausgesprochene” weiter tief in uns bleiben. Hier gibt es einfach noch sehr viele nicht erzählte Geschichten. („There is no greater agony than bearing an untold story in you.” Maya Angelou)

Was ist Voraussetzung, um zu diesem Thema gut miteinander ins Gespräch zu kommen?

Zusammen mit Agnes Sander habe ich im Rahmen der Workshopvorbereitung da schon viel darüber nachgedacht. Unser Ansatz, den wir am 13.6. auch mitbringen werden, lautet: “Verbindung herstellen”. Tiefgehende Konflikte – und so nehmen wir diese, seit langem tiefsitzenden Erfahrungen in Bezug auf “Ost” und “West” durchaus wahr – passieren dort, wo wir Menschen ausgrenzen, nicht mehr auf Verbindung und Miteinander achten sondern auf Abwertung und Ausgrenzung. Unser Ziel ist es, zunächst miteinander Verbindung aufzunehmen und in Kontakt zu kommen, auf ganz menschlicher Ebene. 

Ich habe längere Zeit in Irland und Südafrika gelebt. Beides auch Länder mit tiefliegenden Konflikten und gegenseitigen Prozessen der Abwertung. Dort habe ich häufig erfahren, wie wichtig es ist, dass Menschen in Kontakt kommen, einander in erster Linie als Menschen erleben und so Wege für echte Gespräche finden. In Begegnungen, in denen sich Menschen trauen, sich zu zeigen kann es auch gelingen über die Dynamik und die Abwertung, die historisch stattgefunden hat, zu reden. Wenn die eigenen Erfahrungen im Zuören des anderen eine Resonanz erhalten, ist es möglich, sich von dem Trauma und den Schmerzen, die darin stecken zu lösen. Und nochmal: das ist eine gemeinsame und gesamtdeutsche Aufgabe, die wir da haben, wir können das nicht einer Region überlassen.

Das ist für mein Empfinden die große Aufgabe. Klassisch darin eingebunden ist natürlich die Frage nach safe spaces um sich in einem solchen Raum auch entsprechend öffnen zu können, sind Kommunikationsregeln, die von allen anerkannt werden und ist eine klare menschenzugewandte Haltung als Ausgangslage. Insofern ist es alles andere als trivial, aber ich glaube, das brauchen wir. 

Du bist in Bayern aufgewachsen, lebst heute bei Halle und hast internationale Berufserfahrung gesammelt. Wo nimmst Du wahr, dass unterschiedliche Prägungen von „Ost“ und „West“ heute noch in Organisationen eine Rolle spielen?

Diese tiefe Verletzung schimmert in vielem durch. Wenn wir davon für den Moment mal weggehen, sehe ich unterschiedliche Prägungen an verschiedenen Stellen, ich will ein paar Aspekte herausgreifen: 

Als ich 2012 hier angefangen habe zu arbeiten, ich wurde erstmal beäugt als Person, die nicht von hier kam und bin dabei auf viel Unverständnis gestoßen, warum ich vom Westen in den Osten gezogen bin. Viel Kredibilität habe ich durch meinen jetzigen Partner erhalten, der aus Erfurt kommt. An so manchen Stellen wurde mir deutlich gemacht, dass ich nicht mitreden kann, weil ich „hier“ nicht aufgewachsen bin. Das stimmt ja zum Teil auch, denn die Sozialisation war schon sehr verschieden. Diese Dynamik ist natürlich auch in Unternehmen spürbar.

Für mich zeigt sich hier vieles auch noch nicht so “fertig” wie an vielen Orten, die ich aus meiner Heimat oder sonst im Westen kenne. Hier gibt es mehr Gestaltungsspielraum. Und klar – gegenwärtig sind wir in Phasen einer Krise. Aber trotzdem finde ich das auch positiv, da kreativ heranzugehen und etwas mitgestalten zu können. 

Und ich erlebe immer wieder, dass es hier ein deutlich anderes Frauen- und Familienbild gab als im Westen. Es war schon immer selbstverständlich, dass Frauen erwerbstätig waren und dafür haben sie viel Unterstützung erfahren: die Kita-Zeiten waren ganz andere als “im Westen” – und sind es teilweise auch heute noch. In Unternehmen gab es einen Frauenruheraum … das ist für die westliche Perspektive fast revolutionär. 
Und hier findet sich dann auch gleich die Verletzung wieder: Manche Frauen hier können nicht nachvollziehen, warum wir wieder über diese Themen diskutieren müssen, die doch mal selbstverständlich waren. 

Wenn wir jetzt Organisationen betrachten, brauchen wir – egal ob Unternehmen oder Nachbarschaftsladen oder Schule – mehr Räume für Begegnung. Ich sage das so, weil ich denke, dass wir es auch angesichts der Krisen und Unsicherheiten, die gegenwärtig überall spürbar sind, brauchen. Aber wir brauchen es auch, um uns in und nach Verletzungen menschlich zu begegnen. Verbinden, Reden, Zuhören, Schmerz teilen und zulassen. Das sind große Herausforderungen, aber auch die Möglichkeiten, wo echte verändernde Begegnungen drinstecken. Da würde ich mich über viel mehr freuen. 

Was wünscht Du Dir vom oe-tag?

Gute Kontakte. Ich war schon angemeldet, bevor ich für den Workshop angefragt wurde. Und ich freue mich, ihn jetzt einmal mitzugestalten. Ich wünsche mir gute Gelegenheiten, Kontakte zu knüpfen und Menschen kennenzulernen. Ich wünsche mir gute Begegnungen und Inspiration für mich und ich hoffe, dass ich dabei auch andere inspirieren kann. Aus einem oe-tag vor ein paar Jahren ist für mich eine tiefe Freundschaft entstanden. Ich wünsche mir diese Offenheit, dass aus so einem Tag etwas ganz besonderes entstehen kann… eigentlich gibt es doch in dem Sinn unseres Gespräches nichts besseres. 

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Gen Z und der Osten

Gen Z und der Osten

Lisa Trebs ist 1997 südlich von Leipzig geboren und aufgewachsen, heute lebt sie in Bonn. Ihre ostdeutsche Identität hat sie durch Erfahrungen außerhalb des Ostens entdeckt und daraus den Wunsch entwickelt, andere Perspektiven auf den Osten zu prägen. Auf dem oe-tag will sie den Blick besonders auf Perspektiven der Generation Z richten. 

„Noch längst nicht alles gesagt“ – Was ist aus Deiner Perspektive offen und Thema zum oe-tag zwischen Ost und West?

Oft wird der Osten nicht differenziert dargestellt. In einem Raum, der von Umbruch geprägt ist, wird die Ambivalenz, mit der junge Menschen aus Ostdeutschland aufwachsen, häufig übersehen: –  zwischen Erinnerungen der Familie zur DDR- und (Nach-)Wendezeit, gesamtdeutschen Erzählungen und den eigenen Erfahrungen zu den Folgen der Nachwendezeit, konkret auch zwischen rechten Strukturen und  demokratischem Engagement, Perspektivlosigkeit und dem Willen etwas zu ändern, zwischen Bleiben und Gehen. 

Die Vielfalt ostdeutscher Lebensrealitäten ist längst noch nicht im gesamtdeutschen Diskurs angekommen. Gleichzeitig wird auch im Osten der Westen häufig homogenisiert. Das muss sich ändern – dafür ist auch der oe-tag eine tolle Möglichkeit.

Was ist Voraussetzung, um zu diesem Thema gut miteinander ins Gespräch zu kommen?

Gegenseitiges Zuhören, Offenheit und Neugierde! Die Workshops beim oe-Tag sind ein guter Ausgangspunkt für „Unlearning“ – also sich von Kenntnissen und Verhaltensweisen, die als Norm wahrgenommen werden, zu lösen und Platz für neue Perspektiven und Erkenntnisse zu schaffen. Das ist besonders bei Themen, wie der deutschen Teilung, Einheit und Nachwirkungen der DDR- und Wendezeit relevant, bei denenm eigene Geschichten und Emotionen eine wichtige Rolle spielen.

Du bist im Landkreis Leipzig geboren, wohnst heute in Bonn und hast internationale Studien- und Berufserfahrung gesammelt. Wo nimmst Du wahr, dass unterschiedliche Prägungen von „Ost“ und „West“ heute noch in Organisationen eine Rolle spielen?

Das Herkunftsmilieu und Netzwerke bestimmen in vielen Teilen unseren Werdegang und welche Chancen wir haben – und dementsprechend auch wo wir arbeiten oder uns engagieren. Ungleiche Startchancen schlagen sich letztendlich auch in der Repräsentation in Organisationen wieder. 

So sind Ostdeutsche in Führungs- und Spitzenpositionen noch immer unterrepräsentiert. Das setzt sich bei jüngeren Generationen fort, als nachhaltige Folge des Elitentransfers der 1990er Jahre in Ostdeutschland wie eine Studie der Uni Leipzig zeigt. 

Die Stiftungsdichte – nur 7% sind in Ostdeutschland angesiedelt – beeinflusst, ob sich (freiwilliges) Engagement entwickeln und langfristig halten kann. Ostdeutsche Vereine erleben bereits einen Rückgang von Mitgliedern. 

Außerdem sind wir es gewohnt den Westen als Norm zu betrachten – in der Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Akteuren im deutschen, genauso wie im europäischen Kontext. Das schließt bestimmte Perspektiven aus. Wir wollen das mit (K)Einheit aufbrechen, beispielsweise in dem wir Akteure aus Polen und Tschechien in unsere Awareness Raising-Arbeit einbeziehen – ohne dabei den Vergleichsstab Westeuropas anzulegen.

Was wünscht Du Dir vom oe-tag?

Interessierten Austausch und viele Aha-Momente! Und dass wir aus den Workshops Kraft und Motivation für ein solidarisches Miteinander generieren. 

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oe-tag 2024 – Es war laut und rhythmisch

oe-tag 2024 – Es war laut und rhythmisch

Raus aus Ruhe und Abgeschiedenheit, rein in die Mitte der Großstadt. Dieses Jahr fand der oe-tag direkt neben dem Alexanderplatz im Haus der Statistik statt. Statt Weite und Sonnenschein überall war der Blick geprägt von Zweckbauten mit Waschbeton, statt drohender Ruhestörung, konkurrierten wir mit dem Verkehrslärm der Otto-Braun-Straße. 

Und trotzdem war es ein “typischer” oe-tag: 

  • es gab eine große Bandbreite sehr verschiedener Workshops, 
  • es gab viel Raum für Begegnung, Austausch und Gespräch – der auch intensiv genutzt wurde, 
  • wir haben viel gelacht. Alle zusammen schon zu Beginn (schonmal zu “Bruder Jakob” improvisiert?); irgendwo im Gespräch zwischen Wald, Bibliothek und Halle oder natürlich auch in den verschiedenen Workshops. 

“Playfulness”, das Spielerische wurde an diesem Tag gesucht; von “scheiter heiter” wurde vielfach gesprochen oder von körperlicher Resonanz auf eine kognitive Ausgangslage. “Improvisation” als das Handeln im nicht-Vorhersehbaren braucht dieses spielerische, das Aufweichen von “richtig” und “falsch” zugunsten einer gelebten Erfahrung und anschließender (wenn wir das wollen) Reflexion. Und in so vielen Momenten wird diese Fähigkeit zunehmend notwendig: in komplexen Situationen, in denen wir uns alle bewegen. Aber auch in der Selbstorganisation ist der Freiraum zum Experiment = Improvisation ein wesentlicher Moment und in kreativen Ideenentwicklungen sowieso. “Die zunehmende Spiel- und Experimentierfreude während des Workshops nehme ich als Ausdruck dafür, dass es den Teilnehmenden gefallen und zur Inspiration beigetragen hat.” So die zusammenfassende Rückmeldung eines Referenten. 

Hier steckte auch der inhaltliche Zugang zum diesjährigen oe-tag: aus kreativen Verfahren des Theaters, des Schreibens, Malens und der Musik wollten wir Anregung finden und lernen für Prozesse der Organisationsentwicklung und für offene Experimente. Und es machte Spaß! So viel gelacht wie an diesem oe-tag wurde nach meinem Eindruck noch nie. 

Seit über 15 Jahren ist der oe-tag: Tankstelle, Ort für Inspiration, Forum für Kennenlernen, Austausch und Wiedersehen. Besonders eindrücklich waren viele neue und junge Teilnehmende, die den Kreis der ca. 80 Personen bereichert hatten: “Mir ist aufgefallen dass es sehr viele junge Menschen waren und auch dadurch hatte das ganze so gar keine alte-Berater-in-Anzügen-Staubigkeit und ich habe mit Überraschung festgestellt, dass da eine ganze neue Generation da ist (und dass ich älter werde 😂)”, so eine wiederkehrende Teilnehmerin im Anschluss. Und eine weitere Rückmeldung, die die Bedeutung für die Community der sinnbezogenen Organisationsentwicklung beschreibt: “Ich war zum ersten Mal (beim oe-tag) dabei und fand es absolut großartig! Es tat gut zu sehen, dass es eine Gemeinschaft an gleichgesinnten Berater*innen gibt.”

 

Autor Christian Baier

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Strategische Improvisation  –  Der oe-tag als Spielplatz der Veränderung

Strategische Improvisation – Der oe-tag als Spielplatz der Veränderung

  • Trägt Otto Scharmer eine Clowns-Nase? Nein, aber er lädt uns ein, eine kreative oder kontemplative Praxis zu pflegen, die uns am unteren Ende des U die Tür öffnet.
  • Schreibt Karl Weick Poesie? Eher nicht, aber er lenkt den Blick auf die poetische Bedingtheit unserer Rationalität, bei der Sinn immer erst im Rückspiegel entsteht.
  • Stellt adrienne maree brown die Ästhetik der Emergenz über den Willen zur Gestaltung der Welt? Nein, aber sie weist uns darauf hin, dass strategische Wirkung nicht ohne den Respekt für die Schönheit von Eigenlogiken zu haben ist.

Organisationsentwicklung als Technik geplanter Veränderung in Systemen ist mehr oder weniger passé. Die Krise wird auch dadurch zur Krise, dass der Plan nicht mehr greift. Die Kunst der Stunde ist der kollektive Tanz mit dem Unplanbaren. Dass das nicht nur anstrengend und heavy sein muss, zeigt uns neben dem Kinderspiel nicht zuletzt die performative Praxis der Improvisation. 

Welche Tugenden der Improvisation sind für die OE unserer Zeit besonders relevant?

  • Handeln in Unsicherheit: Navigieren im Nebel, Experiment und Entdeckung.
  • Kollektive Kreativität: Co-Creation, Schöpferische Resonanz und spontane Kommunikation.
  • Minimale Strukturierung: Die Eleganz schlanker Regeln, Vertrauen in emergente Ordnungen, Loslassen, um gemeinsam handlungsfähig zu werden

 

Der oe-tag wirft das Scheinwerferlicht in diesem Jahr auf die Kunst der Improvisation: Welche Erfahrungen und Essenzen der künstlerischen und performativen Praxis können wir für die Organisationsentwicklung nutzbar machen? Welches Potential der Problemlösung und kollektiven Entwicklung steckt im Modus des Improvisierens? Welche Rahmen, Kompetenzen und Haltungen braucht es, damit Improvisation gelingt?

Dich erwarten im Haus der Statistik am 31.5.: 

  • eine Reihe kreativer Impulse und ungewöhnlicher Impro-Erfahrungen in Workshops am Vormittag. 
  • Einblicke und Austausche zum Transfer von Konzepten und Praktiken der Improvisation in die Organisationsentwicklung bei den Nachmittagsworkshops. 
  • Inspirierende Gespräche und neue Begegnungen dazwischen und zum Ausklang bei kühlen Drinks im Urban Forest.

Autor Andi Knoth

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Gastbeitrag von Jonas Friedrich: Reflexionen zum oe-tag 2023

Gastbeitrag von Jonas Friedrich: Reflexionen zum oe-tag 2023

Zuhören, Wir als Natur und demokratisch-feministisches Organisieren 

Meine Wahrnehmung schweift zu den Seiten hinaus, unter dem Sonnensegel der gesellig-leichtfüßigen Auftaktrede des oe-tag-Teams hervor; die Raben, ihre Verfolgungsjagden, der Wind in den Bäumen, vibrierende Blätter in der Morgensonne. Später frage ich mich, ob eine Art des „horizontalen Fühlens und Hörens“ nicht ein noch weiter zu entwickelnder Baustein von ‚Regenerativen Kulturen‘ und deren Organisation sein mag. Zack, und meine Aufmerksamkeit ist bei den SOCIUS Initiator*innen. Aspekte von Regenerativität, lerne ich, sind sowohl gesundes Arbeiten – konzentrieren, gestalten, wertschätzen, regenerieren, – aber auch eine ökologische Ausrichtung, die über traditionelle Verständnisse von Nachhaltigkeit hinausgehen: Natur wird nicht als getrennt vom Menschen und damit extern, als eine Ressource zu unserem Gebrauch, als anthropozentrisch (durch den anthropos [ἄνθρωπος], griechisch Mensch) kontrolliert verstanden (Gaard, 2021; Oksala, 2018). Mensch und Natur sind untrennbar verschränkt, oder wie der dänisch-französische Soziologe Nicolay Schultz formuliert: in der Klimakatastrophe besitzt die Erde uns, und nicht andersherum.

Wie organisieren wir uns also regenerativ?

„Resonanz erzeugen; Zuhören mit allen Sinnen“ war Teil einer Übung zu „schöpferischer Aufmerksamkeit“, die mir in einem ersten Workshop begegnet. Britta Heine unterstreicht: nicht reagieren, nicht bewerten, kein Ergebnisfokus – einfach 5 Minuten offen zuhören und das Gesagte durch den Körper fließen lassen. Dabei ist Feedback, ein Rat oder eine Meinung – außer es wird ausdrücklich gefragt – nicht das Ziel. Ich verstehe diese Form des generativen Zuhörens als kreativen „Safe Space“, der sich unserer kapitalistischen Logik der Instrumentalität, auf ein Ziel hinzuarbeiten, der „tyranny of success“ wie Jack Halberstram (2011) es nennt, entzieht. Zuhören wird generativ, wenn der*die Zuhörende sich Bewertungen enthält und der sprechenden Person durch aufmerksame Präsenz Räume der Selbst-Exploration ermöglicht – bewertungsarme Reflexion als Re-generation.

An diese neue Zuhör-Erfahrung schlossen sich weitere im Verlauf des oe-tags an. Meine derzeitige Forschung spinnt sich um partizipatives, demokratisches Organisieren und Selbst-Management, im Rahmen dessen Austausch, Dialog, Debatte und dabei auch Zuhören eine ganz neue Bedeutung gewinnt. Aber wie können Qualitäten des Zuhörens in neuen, egalitäreren Formen des Zusammenarbeitens, flacheren und demokratisch legitimierten Hierarchien, und Spielarten von ‚new work‘ aussehen?

Im Folgenden versuche ich, Zuhören nach Zeit bzw. Tiefe des Zuhörens und Intensität des Dialogs zu unterscheiden und eine Taxonomie zu erstellen. 

 

(-) Zeit

(+) Zeit

(-) Dialog-Fokus

Direktives Zuhören

Charakter: Zuhören als Gehorsam; die Empfangende soll etwas verstehen. Es geht nicht um Zuhören für einen Dialog, sondern zuhören als Element für Koordination. 

Beispiel: Klassische hierarchische Organisationen e.g. Extrembeispiele: Militär, Kirche, Autokratien. 

Prekaritäten: Koordination und Effizienz im besten und Machtausübung und -missbrauch im schlechtesten Fall können Teil dieser Art des Zuhörens sein. Zuhören ist eingebettet in Hierarchien und Abhängigkeiten, die mögliche Antworten oder Reaktionen (incl. Ausführung) auf das Gesagte rahmen. 

Generierendes Zuhören

Charakter: Verstehen der Zuhörenden tritt in den Hintergrund, während die Selbstexploration der Sprechenden ermöglicht wird. Das Gesagte wird nicht bewertet und nur bei expliziter Nachfrage kommentiert. 

Beispiel: Schöpferische Aufmerksamkeit, achtsames Zuhören (z.B. in der Tradition von Thich Nhat Hanh)

Prekaritäten: Das Grundprinzip des Nicht-bewertens kann schwer umzusetzen sein. Die Auswirkungen des schöpferischen Zuhörens auf die Beziehung der involvierten Personen kann herausfordernd sein, besonders wenn tiefgreifende weltanschauliche Differenzen bestehen, die danach nicht diskutiert werden. 

(+) Dialog- Fokus

Assoziatives Zuhören

Charakter: Zuhören in schnellen, assoziativen, iterativen Austauschzirkeln; Ziel ist die gemeinsame Ideengeneration und der Wissensaustausch.

Beispiel: Eingesetzt oft in kreativen, innovations- oder strategiebezogenen Kontexten z.B. Brainstormings.

Prekaritäten: Zuhören kann zum ‚downloaden‘ der eigenen Ideen verkommen; ein Nicht-zuhören. Dominante Stimmen können in diesen Formaten Überhand nehmen. 

Tiefes Zuhören

Charakter: Interesse an dem Verstehen der Inhalte des anderen, aktiven Zuhörens durch Nachfragen, nachhaken, paraphrasieren.

Beispiel: Entschleunigte Strategieformate, Supervision, tiefe Dialogformate, Mediation.

Prekaritäten: Kann starke emotionale Arbeit bedeuten, die nicht selten unbezahlt von weiblich gelesenen Personen ausgeführt wird. 

 „Direktives Zuhören“ bildet dabei die klassischste Form einer Zuhörqualität, die eher mit hierarchisch gegliederten Organisationen und klaren Arbeits-Abhängigkeiten in Verbindung steht – Überspitzt wird Zuhören zum Befehlsempfang und das akkurate Verstehen der Anweisung zur Voraussetzung, in der Organisation fortbestehen zu können. Eine Vielfalt von Spielarten des Zuhörens versteckt sich hinter dieser weitverbreiteten Kategorie, die sowohl im klassischen Verständnis von Bürokratie effizient, zweckrational und Ordnung-schaffend sein kann, als auch vielfältige Elemente der Über- und Unterordnung und Macht impliziert. Eine Chance demokratischen Organisierens ist, dass solche Hierarchien erst durch ‚alle‘ demokratisch legitimiert werden müssen, und nicht wie in vielen klassischen Unternehmen vornehmlich Kapital-getrieben sind. 

„Assoziatives Zuhören“ und „Tiefes Zuhören“ haben einen stärkeren Dialog- und Austausch-Fokus, da es um gemeinsames Verstehen, Weiterdenken, Informationsweitergabe, aber auch Lösungen finden und Verhandeln geht. 

Besonders spannend finde ich, dass „Generierendes Zuhören“ sowie „Direktives Zuhören“, wenngleich ganz anders gelagert, beides einseitig funktioniert. Dabei verkehren sich jedoch die Dominanzverhältnisse: das Generierende Zuhören wird zur Befähigung einer kreativen Selbst-Exploration im Gegensatz zur direktiven Befehlsannahme. Und dabei soll nicht gesagt sein, dass Hierarchie und direktive Anweisung in bestimmten Momenten des Organisierens nicht nur effizient, sondern auch ethisch vertretbar sein können. Beispiele sind Einsätze von Notärzt:innen oder der Feuerwehr und andere zeit- und verantwortungsintensive Kontexte. In anderen Organisationen mag einseitige Direktion wertvollen Dialog verhindern, besonders bei informationsintensiver Wissensarbeit, in welcher unterschiedliche Perspektiven Grundlage für gute Ergebnisse sind. 

Eine feministische Perspektive auf’s Zuhören

Sich als „Source“ verstehen, sich selbst zuhören, kann feministische Führung in Genossenschaften, aber auch anderen Organisationen stärken. In einem zweiten Workshop von Wera Stein und Amelie Salameh von der Kampagnenagentur und Organisationsberatung WIGWAM lerne ich: Das Betonen von Gleichheit in Eigentums-Strukturen und Gerechtigkeit in demokratischen Prozeduren bedeutet nicht, dass die Unterschiedlichkeit von Mit-Unternehmer*innen immer geachtet ist. In ihrem Workshop beschreiben sie die Gefahr des Glattbügelns vielfältiger Persönlichkeiten in (zu wenig agiler) demokratischer Führung. Damit verbunden seien träge Prozesse und nicht selten fehlende Initiative – Gleichheits-Überschuss kann in kollektiven Organisationen blockieren. Hinzufügen möchte ich gerne, ein Streben nach formaler organisationaler Gleichheit in Organisationen findet stets im Rahmen einer ungleichen Gesellschaft statt. Unsere Gesellschaft verteilt Handlungspotentiale und Macht verschieden. Analysiert man sie anhand von Aspekten wie Geschlecht, Hautfarbe, sozio-ökonomischer Schicht und anderen Merkmalen sowie ihren Schnittstellen, wird deutlich, dass einige im Durchschnitt Privilegien, andere Diskriminierungen mit sich bringen. Diese werden auch in Organisationen sichtbar; auch wenn dort formelle Gleichheit z.B. durch demokratische Strukturen angestrebt wird, vermenget sich dies mit den Ungleichheiten unserer Welt. 

Aber zurück zum feministischen Führen, für welches Wera Stein und Amelie Salameh zwei Konzepte in Dialog bringen. Anhand von Ursula K. Le Guins (2020) „Tragetaschentheorie“ wird spielerisch-poetisch die Menschheitsgeschichte aus weiblich-fürsorgender Perspektive statt über „Speer“, Kampf und Wettbewerb neu erzählt. Damit verbunden sind Forderungen zur „Entmaskulinisierung“ von Führung (Bastida et al., 2020) und dem gerechten Verteilen und Wertschätzen von Fürsorge-Arbeit (Fraser, 2016). Zudem wird das Konzept „Work with Source“ aus Peter König und Tom Nixons (2020) Arbeit vorgestellt. Es richtet die Aufmerksamkeit auf die Kraft von Initiator*innen und das Potential von Ideen. Der eigenen ‚Source‘ zuzuhören, eigene Kräfte und Impulse zu entdecken und diese mutig nach außen zu kommunizieren, kann als Moment des Selbst-Zuhörens und kraftvoll unternehmerisch zu sein, verstanden werden. Ich lerne: im Verfolgen von organisationaler Gerechtigkeit, Demokratie und Partizipation, bedarf es Empowerment und die Legitimation und Kraft, die eigene „Source“ zu ergreifen und sich einzubringen. Das ist aus feministischer Sicht besonders für Frauen und andere Personen, die durch unterschiedliche Formen von Diskriminierung ihr Potential nicht umfänglich in die Organisation einbringen können, wichtig und stärkend. 

Resümee

Nun ist der Text beinahe geschrieben und schon erwische ich mich wieder dabei, Zuhören und feministisches Führen vornehmlich als sozialen Prozess zu präsentieren. Wo sind die Raben, die Bäume, das Säuseln des Windes und das Wahrnehmen der so sehr vertrockneten Landschaften Berlins? Erschreckend schlecht bin ich, wie wohl viele von uns, dem Sozialen, auch wenn es dort um wichtige Kämpfe und Gerechtigkeitsfragen geht, den Fokus auf Natur nebenanzustellen. Dabei zeigt eine Reihe von Forschungen, dass die Arbeit an Gender-Gerechtigkeit in vielerlei Hinsicht auch eine Arbeit gegen die Klimakatastrophe ist (siehe hierzu: Gloor J. L. et al. 2022). Ich möchte daher argumentieren, regenerative Kulturen transformieren die Ungleichheiten des Sozialen, schaffen neue Räume der Ruhe, des Zuhörens und der Regeneration, aber gleichzeitig lauschen und antworten sie auf die desaströsen Veränderungen unserer Mitwelt und begegnen ihnen regenerativ. Wie funktioniert also Zuhören der Natur, oder tiefer Zuhören als Teil der Natur? Vielleicht sollten wir Workshops, Konferenzen, unsere Arbeit, oe-tage nicht im Plenum von Menschen, sondern im Parlament der Natur starten? Z.B. zehn Minuten raus zu den Raben, zu den Linden und dann erst in soziale Interaktion? Zudem, sprechend mit Bruno Latour (2004), sehe ich auch die Notwendigkeit, Natur vermittelt über Expert*innen, ihren Forschungen und Positionen zuzuhören. Unsere Ökosysteme sind größer und komplexer als das, was wir unmittelbar erspüren und erfahren können. Daher vielleicht auch eine obligatorische Pause in jeder Konferenz, jedem Workshop oder Arbeitstag, um neuesten, unterschiedlichen Forschungen zu lauschen? Ihr seht schon, nun könnte ich neu beginnen mit einer Taxonomie des Zuhörens. Vielleicht nehmen wir uns das gemeinsam vor? 

Ausgewählte Literatur Hinweise:

Bastida, M., Pinto, L. H., Olveira Blanco, A., & Cancelo, M. (2020). Female Entrepreneurship: Can Cooperatives Contribute to Overcoming the Gender Gap? A Spanish First Step to Equality. Sustainability, 12(6)

Fraser, N. (2016). Contradictions of Capital and Care. New Left Review, 100, 99–117.

Gaard, G. (2021). Queering the climate. Men, Masculinities, and Earth: Contending with the (m) Anthropocene, 515–536.

Gloor, J. L., Eugenia, B. M., Post, C., & Winfried, R. (2022). We Can’t Fight Climate Change Without Fighting for Gender Equity. Harvard Business Review; Harvard Business Publishing: Brighton, MA, USA.

Halberstam, J. (2011). The Queer Art of Failure. In The Queer Art of Failure. Duke University Press. 

Latour, B. (2004). Politics of nature. Harvard University Press.

Le Guin, U. K. (2020) Am Anfang war der Beutel. Warum uns Fortschritts-Utopien an den Rand des Abgrunds führten und wie Denken in Rundungen die Grundlage für gutes Leben schafft. Drachen Verlag

Nixon, T. (2020) Working with Source. Realize big ideas, organize for emergence and work artfully with money. 

Oksala, J. (2018). Feminism, capitalism, and ecology. Hypatia, 33(2), 216–234.

Über den Schreibenden

Jonas beschäftigt seit seiner Jugend die Frage, wie wir die Wirtschaft sozialer und ökologischer gestalten können. Er hat Ökonomik und Soziologie an der Uni Witten/Herdecke und Oxford University studiert und promoviert derzeit zu ‚Democratic Organizing Opportunities and Challenges for the Socio-Ecological Transformation‘ an der Universität St. Gallen. Darin bezieht er sich auf queer-feministische Theorien und relationale Ethiken. Praktisch begleitet er Organisationen zu kollegialer co-leadership, partizipativen und demokratischen Prozessen und gerechter ‚new work‘.

Schreibt mir gern: LinkedIn / mail@jonasfriedrich.eu

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Zwischen Schubkarre und Hängematte

Zwischen Schubkarre und Hängematte

Eindrücke vom oe-tag 2023 zu Regenerativen Kulturen auf der Floating Berlin

Nur weil wir wissen,
wie es nicht mehr sein soll,
wissen wir noch lange nicht,
wie es geht

15 Jahre oe-tag – 25 Jahre SOCIUS

2023 ist für uns ein besonderes Jahr und da sollte auch der oe-tag (mal wieder) besonders werden. Eine geschätzte Kollegin hat vor einigen Jahren gesagt: “der oe-tag ist sowas wie das SOCIUS Weihnachtsfest”; und selbst wenn wir uns von Überhöhungen zu verabschieden versuchen, bleibt der Tag energetisch und emotional aufgeladen und eben das Highlight in unserem Jahres-Kalender. Danach ist es oft auch ein bisschen wie nach Weihnachten: “Was für ein feiner Tag!” “So toll alle mal wieder zu sehen!” “Irgendwie auch anstrengend!“ “Wäre toll wenn wir jetzt eine Pause haben könnten!“ “Aber Ach – schön war’s gewesen!” Und so war es auch dieses Jahr: Mit 85 Teilnehmenden und über 30 Mitgestaltenden und Helfer:innen haben wir ein kleines Festival der Organisationsentwicklung zelebriert.

Regenerative Kulturen

Statt einer Keynote startete der Tag mit gemeinsamem Atmen und Austauschen zur Frage, was Regenerative Kulturen für uns alle ausmacht. Eine kleine inhaltliche Rahmung dazu: Für uns ist das Thema nicht nur als gegenwärtiger Trend relevant, sondern als zunehmend tiefe Notwendigkeit gemeinsamen Wirkens in Teams, Organisationen und in der Gesellschaft. Mit dem Programm des oe-tags haben wir dabei den Fokus auf die stimmige Verbindung von Innen und Außen gerichtet: das auf die Welt gerichtete regenerative Wirken und die Achtsamkeit für seine Verwirklichung im inneren Zusammenspiel gehören untrennbar zusammen. Das Bild der Schubkarre, die „hochgekrempelten Ärmel“ des Aktivismus, und das Bild der Hängematte – oder weniger belastet, die „ins Wasser gestreckten Füße“ des Ausruhens, der Reflexion und des Wieder-Kraft-Schöpfens – sind kein Widerspruch. Kaum etwas verursacht eine so schmerzhafte Spannung, wie das Erleben der Diskrepanz zwischen diesen Ebenen. Und kaum etwas macht Organisationen so wirksam und strahlend, wie wenn Kohärenz und Stimmigkeit von vielen Menschen erlebt wird. 

Wie also können wir „das Große“ im Kleinen vorwegnehmen? Was ist das Bindeglied zwischen den beiden Ebenen der Regeneration? Es könnte eine Haltung sein, in der Verantwortung für das eigene und für das übergeordnete Wohl und Gedeihen zusammenfließen.

Was uns beeindruckt hat

In zwei Workshop-Phasen am Vor- und Nachmittag haben wir uns auf die Suche begeben, wo und wie wir „Regenerative Kulturen“ im beschriebenen Sinn im Alltag wahrnehmen, ihnen mehr Raum geben können und welche Modelle, Theorien und Praktiken uns dabei unterstützen können. Die Breite der Workshops hier wiederzugeben, überfordert den Rahmen (und den Schreiber des Textes), insofern mögen interessierte Leser:innen den kompletten Überblick auf der Website www.oe-tag.de gewinnen.

Die hier genannten Eindrücke und Fragen sind eher kaleidoskopartig: 

Kleine Fragen, die große Wirkung entfalten und Tiefe in den Alltag tragen:

  • Was ist Deine Antwort auf die Sätze  „Ich sollte mich entspannen, aber…“. „Wenn ich es trotzdem tue, dann…“
  • „What is most noisy in my life?“ – “Where do I find silence?“
  •   „Wo bist Du lebendig in Deiner Organisation?“

Metaphern, Bilder und Modelle, Landkarten und Kompasse zur Ausrichtung der eigenen Haltung und Praxis

  •       Inspirationen aus der Natur – Orte, Zyklen oder das Zusammenspiel von Ökosystemen, die Prozesse von Werden und Vergehen repräsentieren (Wir sind Teil der Natur, nicht ihr Gestalter).
  •       Das Dilemma der Wirkung von Räumen zwischen Multifunktionalität (Zweck) und Beheimatung (Seele).
  •       Das körperliche Erleben von Tensegrity, als dynamische Stabilität

Neben den Workshops haben zahlreiche andere zauberhafte Momente den Tag geprägt:  Die vielen Gespräche in der langen Mittagspause oder am Abend an der Bar, mit Menschen, die wir ganz neu kennenlernen durften, ebenso wie unsere alten SOCIUS Freund:innen. Meditation, gemeinsames Atmen und wunderbare Musik mit Gitarre, Balaphon und Jembe von Paraya Diallo & friends. Ein ritueller Abschluss, Happy Birthday Wünsche, Cocktails und Tanz auf dem Rooftop in der Dämmerung. All das war auch konkrete Praxis der Regeneration.

Inspiration auf einem “hidden playground“

Neue Inspirationen und Erkenntnisse bilden die Ernte gelungener Veranstaltungen. Der Zauber kommt dabei oft von Orten, Menschen und ihrem Ineinanderwirken – eine Magie, die nicht orchestriert oder geplant werden kann.

Für uns war die Floating Berlin der Ort,  der „Regeneration“ verkörpert und – bei aller Sonne des Tages – den inhaltlichen Rahmen und die Atmosphäre entscheidend mitprägte. 

Nur – was ist der schönste Ort ohne Menschen, die sich begegnen?  So gab es Teilnehmer:innen, die regelmäßig und wiederholt zum oe-tag kommen, sich am Austausch erfreuen und gleichzeitig dazu beitragen, dass viele und unterschiedliche Perspektiven zusammenkommen. Und  in diesem Jahr besonders viele Menschen, die das erste Mal gekommen sind und so  die bestehende Community anders und individuell bereichert haben. Das hat uns sehr gefreut! 

Geburtstagswünsche und gute Vorsätze  

Wie eigentlich immer kommt ein paar Tage nach dem die Erschöpfung, die die Organisation eines oe-tags auch mit sich bringt, die Begeisterung, Freude, Inspiration wieder und wir freuen uns, dass wir gemeinsam wieder mal so einen tollen Tag auf die Beine gestellt haben. Wir sind genährt von Begegnungen, neuen Ansätzen, frischen Ideen und voller Tatendrang daraus “etwas zu machen”.  Dieses Jahr ist die Idee eine Reihe in unserem aktuell entstehenden SOCIUS podcast zu machen. Außerdem würden wir gerne einige der Workshops in ein SOCIUS labor einladen und so die Möglichkeit haben, nicht nur zwei, sondern vier Stunden in regenerative Praktiken für die Organisationsentwicklung abzutauchen. 

Was hat der oe-tag bei dir hinterlassen, falls du dabei warst? 

Was würdest du noch gerne wissen, falls du nicht dabei warst. 

Wir freuen uns über Deine Kontaktaufnahme! 

Ernte 

Julia Hoffmann hat mit ihrer Poesie besondere Momente des oe-tags festgehalten: 

 

Mein -vorläufiges- Ernte-Gedicht:

Hallo Welt,
was machen wir heute?

Ich fühle
mich
dich
uns
als Teil
des großen Ganzen

– Was, wenn das
normal wäre?

… Nur weil wir wissen,
wie es nicht mehr sein soll,
wissen wir noch lange nicht,
wie es geht …

Renegeration war mal
„verschwendete Zeit“.
2023 sagt:
Es ist Verschwendung,
– Unverantwortung –
uns und diese Welt
nicht zu regenerieren.

… Nur weil wir wissen,
wie es nicht mehr sein soll,
wissen wir noch lange nicht,
wie es geht …

Die Natur: 
die erfolgreichste regenerative Unternehmung,
die je gegründet wurde –
Wie inspiriert sie dich?

„Hinter der Hängematte
neben der Badewanne,
da sind Stühle und da ist der Workshop“.

Im Alten die Geschichten des Neuen entdecken.
Berichten, mit Lust und Kultur,
was wir schon wie tun.

Zwischen Zweck und Seele –
Räume gestalten und halten,
die uns inspirieren zu regenerieren.

Laufen –
Und mich in der Bewegung finden.

Stille –
Nicht nur „nach der Arbeit“
Sondern mittendrin

Power, Macht –
Wie nutzen wir diese regenerativ?


H i e r beginnt die Transformation:

Die Wirkungen des
toxischen (nicht-regenerativen) Systems
in uns erkennen.
Mir erzählen,
dir erzählen –
Bewusst, besprechbar und veränderbar machen.


Leicht  stabil  zerbrechlich  sanft
bewegt sich ein menschliches Tensegrity-Modell
durch die Sonne

Es ist heiß, z u. heiß.
Wir haben vergessen,
Die Erde zu gießen.

tanzen
tanzen tanzen
tanzen tanzen tanzen
tanzen tanzen
tanzen

Mit Seifenblasen geht die Sonne unter,
Schwungvoll zerbrechlich munter.

Happy birthday, SOCIUS.

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SOCIUS sonderbrief oe-tag 2023

SOCIUS sonderbrief oe-tag 2023

Liebe Leser:innen,

dies ist ein besonderer Brief – er beleuchtet wie immer viele Angebote, enthält aber diesmal nur eine Einladung.

  • Ihr könnt an ein Fortbildungsbuffet zu Regenerativen Praktiken gehen, spannende Leute erleben und neue Ideen tanken;
  • Ihr könnt Euch in guter kollegialer Gesellschaft zum letzten Schrei und tiefsten Erkenntnissen von Resilienz und nachhaltigem Aktivismus austauschen;
  • Ihr könnt in ein regeneratives Mini Festival eintauchen und Euch mit inspirierenden Vibes gelebter Utopien umgeben;
  • Ihr könnt auf einem der hidden playgrounds von Berlin abhängen, Falafel essen und gute Gespräche in der Nachmittagssonne führen;
  • Ihr könnt auf einer wunderbaren Party unterm Sternenhimmel bis in die Nacht tanzen.

Und da das Leben kurz und die Welt groß ist, könnt Ihr das alles einfach in einem Moment zusammenfließen lassen und am 9. Juni zum oe tag auf die floating berlin kommen.

Wir freuen uns auf einen epischen Tag mit Euch, der ganz zufällig auch der 25jährige Geburtstag von SOCIUS ist!

Euer SOCIUS Team

Andreas Knoth, Christian Baier, Denise Nörenberg, Hannah Kalhorn, Joana Ebbinghaus, Julia Hoffmann, Kerstin Engelhardt, Lysan Escher, Nicola Kriesel und Ralph Piotrowski

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Die unglaubliche Vielfalt möglicher Zugänge des Übergangs vom Ende zum Anfang

Die unglaubliche Vielfalt möglicher Zugänge des Übergangs vom Ende zum Anfang

Es ist heiß und die Sonne scheint. Nachdem wir  zwei Wochen lang mit Bangen täglich die Wettervorhersage angeschaut haben, sind wir nun froh über den Wind, selbst wenn er Pinnwände und unsere Hörstationen durcheinander pustet. Nach dem es 2021 keinen oe-tag gab, freuen wir uns ganz besonders auf diesen 15. oe-tag; auf regen Austausch in unserer Community, auf neue inspirierende Inhalte und auf das Wiedersehen mit dem einen und der anderen Freundin oder Arbeitskollegen – nach teilweise doch ganz schön langer Zeit. 

„Kreative Zerstörung und Erneuerung“ lautete der Titel dieses oe-tags – er wurde lange vor dem Ukraine-Krieg geprägt, und hat unerwartet eine ganz eigene Aktualität bekommen. Auch unabhängig davon sind überregionale und lokale Krisen ja zunehmend verdichtet; und hierzu hat die Organisationsentwicklung bisher nur wenig Handlungsbesteck ausgebreitet. Der Ecocycle, der auseinander hervorgehendes Vergehen und Entstehen betrachtet, war eine Form, diesen wiederkehrenden Kreislauf zu beschreiten und auf soziale Systeme bezogen zu bearbeiten. Hier wollen wir besonders den häufig unterbelichteten Teil des Vergehens und der „kreativen Zerstörung“ ausleuchten und ihm mehr Raum geben, als sonst üblich.

Das Workshop-Programm beleuchtete diesen Aspekt von sehr verschiedenen Perspektiven. Neben der Gestaltung des Endes und dem anschließenden Aufräumen, dem kreativen Neubeginn und der mit einem Abschluss verbundenen Trauerarbeit, war die Bearbeitung von Konflikten, die Nutzung von Tieren als archetypischen Ressourcen in der Aufstellungsarbeit oder umfassende Erfahrungen beim Presencing Theatre oder beim Kali-Yoga möglich und boten Fläche und Möglichkeit für Lernen und Austausch.

Und obwohl der Tag die unglaubliche Vielfalt möglicher Zugänge des Übergangs vom Ende zum Anfang aufzeigt, ist spürbar, dass dies ein Gesamtkunstwerk ist und sein muss. Es ist fast zwingend, sich mit den Fragen des Tages ganzheitlich zu verbinden: mit Körper, Geist und im Spirituellen, als Einzelner wie auch als Teil von Organisationen und der Gesellschaft als Ganzer.

Den Abschluss bildete ein Ritual. Statt wie sonst „Essenzen“ oder „wichtige Erkenntnisse“ noch einmal zu drehen, schickten wir – kurz vor der Sommersonnenwende – einen Impuls in die Welt mit unseren Wünschen, die so spürbar waren während dieses Tages: nach Verbindung und Miteinander; nach einer kreativen Gestaltung des Endes in menschen- und umweltfreundlichen Sinn, nach Kreativität und Zugewandtheit. So dass nach dem Ende wieder etwas Neues entstehen kann. 

Kopf, Herz und Hand – für alle Dimensionen, die Menschsein ausmachen, war es ein sättigender und befriedigender Tag.

Was bleibt vom oe-tag 2022

Der wirklich sehr inspirierende Ort der floating university, in seinem anderen Leben das Regenrückhaltebecken des Flughafens Tempelhof, das mit seinem Stegsystem ein inspirierendes Gelände mitten in Berlin bildet.

 

Die Anleitungen, den Ecocycle auch nachträglich selbst meditierend zu durchwandern mit Fragestellungen und Soundbites unter www.oe-tag.de/geniessen.

 

 

 

Ein hoher Respekt an alle Referent:innen und Teilnehmer:innen, die diesen Tag so selbstverantwortlich ergriffen und gestaltet haben.

Ein gewisser Stolz, mit jedem Jahr mehr den oe-tag als eine geteilte und gemeinsame Verantwortung zu verstehen und damit auch die Vorbereitung in machbaren Stückchen zu halten – auch wenn sie immer noch beachtlich ist.

 

 

 

Ein großer Dank allen, die jährlich aufs neue oder einmalig an dieser gemeinsamen “Sandburg Organisationsentwicklung“ mitbauen.

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save the date: oe-tag 2022 – Kreative Zerstörung und Erneuerung am 10. Juni!

save the date: oe-tag 2022 – Kreative Zerstörung und Erneuerung am 10. Juni!

+++ Wie katalysieren und begleiten wir Krisen, Exits und Übergänge? +++ Was hat Innovation mit Zerstörung zu tun? +++ Wie funktioniert Trauerarbeit in Organisationen? +++ Was kommt nach dem Ende? +++ Was genau passiert vor der weißen Leinwand?+++

Wer SOCIUS ein wenig kennt, weiss: oe tage sind für uns Weihnachten und Geburtstag in einem. Sie sind der Moment, an dem wir uns erlauben, in unbekannte Tiefen der Organisationsentwicklung  einzutauchen, an dem wir ausnahmsweise mal alle an einer gemeinsamen Sandburg bauen, und in dem wir all die feinen Leute auf einem Haufen treffen, die wir als unsere Community verstehen. Kurz gesagt: der oe-tag ist für uns fachlich wie sozial der Gipfel.

In diesem Jahr findet das  oe-tag Mini Festival an einem sonnigen 10. Juni auf der Floating University in Berlin statt. Im Fokus steht ein ebenso faszinierendes wie zeitgemäßes Phänomen: die Figur der Kreativen Zerstörung und Erneuerung – die Kehrseite des Wachstums im „Ecocycle Modell“. 

 

Das Ecocycle Modell beschreibt den natürlichen Rhythmus des Entstehens und Vergehens in lebenden Systemen. Aus der Ökologie, insbesondere der Resilienzforschung entlehnt, lässt es sich auch auf Communities, Organisationen und Gesellschaften anwenden. Während die klassische Management- und Entwicklungspraxis überwiegend auf Gründung, Wachstum und Reife (den „Front Loop“ des Ecocycles) fokussiert ist – lotet der oe-tag 2022 aus, welche Potentiale für die Organisationsentwicklung in Loslassen und Erneuerung steckt (dem „Back Loop“). 

© Victoria Tomaschko

Zum Hauptgericht des oe-tags lädt wie immer ein reichhaltiges Workshop Buffet ein. Daneben ist ein Parkours von interaktiven Installationen, Forschungsstationen und Pop Up Socials geplant. Wir freuen uns über das gemeinsame Denken in Vorbereitung und bei der Feier des oe tags am 10. Juni!

 
Anmeldung zum oe-tag

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Fortsätze des oe-tags Berlin 2020

Fortsätze des oe-tags Berlin 2020

Der oe-tag 2020 Berlin “oe-topia: Organisationsentwicklung für gesellschaftliche Veränderung” stand im Zeichen von Aufbruch und Ausprobieren ungewöhnlicher Gedanken zur Gestaltung unserer Zukunft. In Zeiten des zweiten Corona-Lockdowns wirkt es erstaunlich, dass wir uns im September 2020 mit fast 50 Personen an einem Ort getroffen haben. Wenn auch mit Maske und 1,5 Metern Abstand zwischen den Stühlen.

Drei Monate nach dem oe-tag haben wir bei denen, die dabei waren, nachgefragt, was sich aus den Inspirationen für sie weiter ergeben hat. Es ist selten, dass wir als Veranstalter*innen erfahren, was genau denn tatsächlich einen nachhaltigen Effekt hatte. Umso mehr freuen wir uns, dass Inspirationen hängen geblieben sind und wir ein paar Eindrücke davon hier teilen können. 

„Ich fand  es toll, dass eher die „jüngere Generation von Socius“ (sorry, wenn ich das mal so betitele) den OEtag gestaltet hat und präsent war – das fand ich schön und erfrischend.“

„der Satz „Was wäre das höchste Potential von …“ ist in meinem Alltag sehr präsent. DANKE, eine echte Bereicherung gerade in diesen verrückten Zeiten.“

„für mich war der Workshop von Tobi Rosswog inspirierend, auch wenn ich das Thema nicht weiter verfolgt habe.“

 

„also bei mir hängt noch: natürlich der Utopian Charge. Der klingt weiter und ich denke oft daran und denke oft darüber nach, wie man ihn einbauen kann in Prozesse und Rück- und Ausblicke und und und. Sehr simpel und sehr überzeugend.“ 

 

„was mir ist am stärksten in Erinnerung geblieben ist: Dass ich in einem Workshop zur Selbstorganisation selbst erleben konnte, wie das mit improvisierten Musikinstrumenten funktionierte und sich nach kurzer Zeit autopoietisch ein gemeinsamer Rhythmus einstellte, obwohl es keinerlei Vorgaben und Anleitung dazu gab. Das war wirklich beeindruckend, obwohl ich durchaus vorher schon gut funktionierende Selbstorganisation erlebt habe. Aber dass sich diese Erfahrung so einfach in einem Workshop vermitteln ließ, hätte ich mir nicht vorstellen können.“

„ich finde die Bilder, die entstanden sind, wirklich toll – tolle Fotografin! :)“

„ich habe mir auf Inspiration von Carolin Gebel die Karten für Erfolgsmuster in Gruppen www.groupworksdeck.org bestellt. Jetzt bin ich schon sehr gespannt, sie bald in der Praxis erproben zu können.“

 

 

„Das Buch Utopia 2048 von Lino habe ich schon fast durchgelesen und finde es sehr empfehlenswert!“

„Mir bleibt auch hängen, dass das alles Corona zum trotz ganz live und in Farbe stattgefunden hat. Wenn man will, geht so einiges… und eure schöne Energie, nicht zuletzt am Vorabend im Blue Nile.“

„Insgesamt bin ich sehr froh und dankbar, dass Ihr diesen Austausch unter den doch schwierigen Bedingungen ermöglicht habt und bin schon gespannt auf nächstes Jahr!“

Organisationsentwicklung in der Zukunft

Wir danken allen noch einmal ganz herzlich, die zum Gelingen des oe-tags beigetragen haben. Auch uns hat das Thema über das Jahr hinweg und über den oe-tag hinaus beschäftigt (hier spricht nun vor allem das Kern-Orga-Team – Jana Hornberger, Lino Zeddies und Simon Mohn). Drei konkrete Fortsätze wollen wir hier teilen:

  1. Utopian Charge – es ist mittlerweile eine vielfach verwendete Methode für unsere Vorhaben und Projekte geworden, diese mit einer utopischen Aufladung zu versehen. Der Frage “was ist das höchste Potential von…” methodisch nachzugehen hat etwas Magisches und bewährt sich auch in Kund*innenprojekten.

     

  2. OE und GE – die Disziplin der Organisationsentwicklung wird sich weiterentwickeln und auch wir stellen uns regelmäßig die Frage, in welche Richtung das geht. Ein möglicher Weg wurde am oe-tag ständig mitdiskutiert, wenn auch nicht so explizit ausgedrückt. Wie wäre es, wenn wir Gesellschaftsentwicklung zur Disziplin erheben? In diesem Artikel gibt es dazu weitere Gedanken.

3. Gründung Institut – dass persönliche, organisationale und gesellschaftliche Entwicklung einen harmonischen und vor allem wirkungsvollen Akkord beschreiben, ist kein Geheimnis mehr. Dennoch wird das selten konsequent zusammengedacht. Zwei von uns (Simon und Lino) gründen derzeit mit ein paar weiteren Menschen ein Institut, dass sich utopischen Gesellschaftsvisionen und dem Weg dahin in diesem Sinne annehmen wird. Stay tuned.

Sinnvoll zusammen wirken

OE-Topien – das war der oe-tag 2020 live in Berlin

OE-Topien – das war der oe-tag 2020 live in Berlin

Der zweite Teil unseres oe-tags 2020 ist mit viel inspirierter Energie und Veränderungsanregungen zu einem sehr schönen Ende gekommen.

Info: Dieser Artikel wurde kollektiv, Absatz für Absatz von unterschiedlichen Mitgliedern des SOCIUS-Teams geschrieben.

Wie wird in der Zukunft mit Geschlechtern im Arbeitskontext umgegangen? Was ist das höchste und konstruktivste Potential von Geld? Wird es in der Zukunft noch Gemeinnützigkeit geben? Und was macht die Organisationsentwicklung überhaupt in 10 Jahren? Nachdem wir im März den live oe-tag von Juni auf September verschieben mussten, schien es uns in dieser Zeit voller Unklarheit und offenen Möglichkeiten geboten, uns mit starken Utopien und positiven Gesellschaftsvisionen anzureichern und aufzuladen. Mit vielen Fragen an die Zukunft machten wir uns am oe-tag auf eine Reise hin zu progressiven Ansätzen, der Erforschung gesellschaftlicher Fragen und Verantwortung und dem Erkunden von Nischen und unentdeckten Lösungen. 

 

Utopisch aufgeladen

Du betrittst den Saal des Refugio – dem Sharehouse Projekt der Stadtmission im nördlichen Neukölln. Du hast keine Ahnung, was genau Dich erwartet. 50 Stühle stehen wie ein pandemisches Archipel im Raum verstreut: Everyone is an Island – ist das die Zukunft? Es wird schnell klar, dass dies keine Konsum-Konferenz wird, kein Berieselungsbuffet. Du bist gefragt: Wovon träumst Du? Woran glaubst Du? Was ist deine Rolle auf dem Weg zu dieser Utopie? Diese Denkrichtung ist nicht sofort vertraut, hier und da verhakt sich noch etwas. Vielleicht kein Zufall, dass der überwältigende Teil der Social Fiction Filme unserer Zeit dystopisch ist – sind Utopien gar ein Artefakt aus der Vergangenheit? Lino Zeddies, Autor von Utopia 2048, der als Besucher aus der goldenen Zukunft berichtet, lehrt uns anderes – eine sozial und ökologisch gesunde Welt ist vorstellbar. Du spürst in Dir eine Mischung aus Dankbarkeit und naiver Freude aufwallen. Du bist ready, aufgeladen vom Utopian Charge…

 

Utopian Charge? Diese Wortschöpfung beschreibt die Fähigkeit sich in einen anderen Bewusstseinszustand zu begeben, um sich mit utopischen Ideen zu verbinden und zu beginnen diese selbst zu leben und zu verkörpern. Das bedeutet, die Welt so zu akzeptieren, wie sie momentan ist. Angesichts aller gesellschaftlichen Missstände scheint dies nicht leicht. Dennoch geht es darum die Gegenwart aus sich selbst heraus neu und utopisch zu denken. Es geht auch darum, sich selbst zu akzeptieren, denn aus einem “Die Welt ist nicht okay und ich bin es auch nicht”-Gefühl heraus, kann kein utopischer Bewusstseinszustand entstehen. Uns war es wichtig, am oe-tag ein Gefühl dieses Utopian Charges zu vermitteln und wir haben dies verwoben mit den unterschiedlichen Ebenen, auf denen Veränderung stattfinden soll: Der individuellen und Beziehungsebene, auf der Organisations-und Arbeitsebene und der politisch-gesellschaftlichen.

 

Wofür denn eigentlich Utopie?

“Ich bekomme hier mehr Utopie als ich wollte,” bemerkt eine Teilnehmerin energetisiert während eines der acht Workshops. Denn Utopie heißt Hoffnung, Utopie ist die Fähigkeit, sich eine Zukunft auszumalen, die noch besser ist als die Gegenwart. Dies zu üben tut gut. Denn wir tun es viel zu selten. “Wer kennt einen Film, der ein positives Bild von der Zukunft zeichnet?” fragt Andreas Knoth von SOCIUS in seiner Keynote zu “Die Zukunft der OE – welche gesellschaftliche Verantwortung.” Keiner meldet sich. Doch – eine Stimme. Ein Jugendlicher. “Die Thundermans.” Alle anderen schauen sich an und zucken die Schultern. Nie gehört. (Eine nachgelagerte Recherche ergab, dass es sich hier zwar um eine Superheld*innenfamilie mit utopischen Fähigkeiten handelt, die Welt aber durchaus von Superschurken geprägt und weniger utopisch ist.)

Wir sind viel Fahrstuhl gefahren an diesem Tag. Immer wieder war die Frage im Raum, wie sich meine Utopie mit dem gesellschaftlichen Zusammenleben in 2048 verbindet. Zwischen vermeintlich unterschiedlichen Workshops wie dem Umgang mit Geld in der Zukunft und unserem zukünftigen Bild vom Zusammenleben und -wirken der Geschlechter konnten Verknüpfungen gestaltet werden. So entstand auf großer gesellschaftlicher Ebene ein bewegendes utopisches Mosaik während individuell Energie und Ideen gesammelt werden konnten, dieses Mosaik täglich mit Freude anzureichern. Und so war es auch ein Verweben zwischen Menschen und eine Begegnung der ganz besonderen Art.

 

Wir danken allen, die sich mit uns auf diese Reise gemacht haben und dazu beigetragen haben, dass das Konzept des Tages so schön aufgegangen ist und seine Magie entfalten konnte. “Allem Anfang wohnt ein Zauber inne” – diesen Zauber zu systematisieren und als Referenzrahmen für die verschiedenen Workshops und Inputs der ganzen Konferenz zu nutzen, war ein gewagtes Experiment. Wir freuen uns sehr, dass es erfolgreich war.

Weitere Bilder und Infos zum oe-tag finden sich hier.

oe-tag 2020 online — Drei Eindrücke eines erstmaligen Experimentes

oe-tag 2020 online — Drei Eindrücke eines erstmaligen Experimentes

Wie viele anderen Veranstaltungen mussten wir den oe-tag 2020 verschieben. Als neuer Termin ist der 4. September 2020 vorgesehen. Was aber tun mit dem 11.6.? Die Bandbreite an Reaktionen war so groß wie die verschiedenen Eindrücke aus den ersten Online-Sitzungen, als Zoom noch ein Fremdwort war: von kritischer Zurückhaltung gegen online-Veranstaltungen (erst recht an so einem schönen Sommertag) bis zu Spielfreude und Experimentierlust auf genau dieses Format. So entschieden wir uns, nachmittags online einen oe-tag durchzuführen.

Virtueller Treffpunkt auf dem Whiteboard

Richtig Schwung bekamen die weiteren Überlegungen, als unser Kollege Yi-Cong Lu (www.be-able.info) uns die Möglichkeiten des Miro-Boards, eines digitalen Whiteboards zur Unterstützung und Visualisierung des oe-tags vorschlug. Hier begannen wir erstmals richtig „Feuer zu fangen“ und es entstand zunehmend das Gefühl, die online-Veranstaltung kann mehr sein als nur ein Ersatz für einen ausgefallenen Tag. Auch am Tag selbst war das Miro-Board zentral für eine insgesamt gelungene Veranstaltung. Einerseits bot es Möglichkeiten zur Visualisierung und Dokumentation der einzelnen Workshops. Vor allem aber war es eine eindrückliche Landschaft für Austausch und gemeinsames Lernen. Eine der ersten Äußerungen im Chat um kurz nach 15:00 Uhr war: „Wow, was für ein schön gebautes Board.“ – es wurde deutlich, wie diese virtuelle Landschaft den Austausch aber auch das Gefühl von Bindung und „gemeinsamen Ort“ für virtuelle Veranstaltungen deutlich beeinflussen kann.

Breite Themenpalette

„Wirkung zeigen“ auf individueller, Team-, Organisations- und gesellschaftlicher Ebene war – neben den Herausforderungen, die virtuelle und distanzierte Zusammenarbeit – zentrale Fragestellung dieses online oe-tages. Klar, in 75 Minuten Workshopdauer kann nicht viel mehr als eine Einführung oder ein Einblick vermittelt werden, das virtuelle Format reduziert – trotz aller Hilfsmittel – die emotionale oder Beziehungsebene, die häufige oe-tage charakterisiert. Gleichzeitig gab es – wenn auch rudimentär – Möglichkeiten des gemeinsamen Lernens von Modellen (zu Strategie, agiles Projektmanagement in NGOs, Rollen und Verantwortlichkeiten und verschiedene Blickweisen auf Komplexität und Ambivalenz) oder offenerem Austausch (Beratung und Berater*in sein in der herausforderungsvollen Gegenwart; Integration von analogen und digitalen Zugängen; Embodiment in virtueller Zusammenarbeit). Etablierte Themen standen neben sehr frischen und innovativen Zugängen, offenes Gespräch neben strukturierter Vermittlung. Beides wurde in den Rückmeldungen geschätzt. Das Interesse an gemeinsam kreierten Lernmomenten, offenen Fragestellungen und Entwicklung eigener Handlungsfähigkeit ist ungebrochen bzw. in dieser besonderen Situation eher höher als vorher.

 

Experimentierfreude und Fehlertoleranz

Den oe-tag online durchzuführen war eine neue Erfahrung und ein Feld, in dem SOCIUS noch keine großen Erfahrungen sammeln konnte. Zwei Momente haben zu einem erfolgreichen Tag beigetragen: zum einen waren es die Moderator*innen und Referent*innen, die den Tag mit vorbereitet und durchgeführt haben in den Workshops, im gemeinsamen Sensemaking zu Anfang und Ende und in Konzept und Gestaltung. Viele Kolleg*innen waren bereit, in diesen offenen und für viele unbekannten Rahmen mit einzusteigen und zu füllen. Diese breit verteilte Zusammenarbeit gab uns Zuversicht. Das gleiche galt für den Kreis der Teilnehmer*innen, darunter viele Bekannte und befreundete Kolleg*innen. Das ermutigte uns dazu, mehr auszuprobieren und vielleicht auch mehr Fehler machen zu dürfen als bei etablierteren Formaten. Das Gefühl bestätigte sich auch während des Tages selbst. Der Unmöglichkeit, wurde von Teilnehmer*innen unterschiedliche Bedeutung beigemessen. Für andere war das Setting online überhaupt eine Möglichkeit, trotz der hohen Entfernung teilzunehmen. Andere fanden genau das Experiment, Nähe trotz einem Medium, das zumindest gegenwärtig noch eher distanzierend wahrgenommen wird, zu entwickeln und andere Formen des Kontaktes zu suchen. Über technische oder andere Schwierigkeiten wurde großzügig hinweg gesehen.

Link zur Dokumentation: https://drive.google.com/drive/folders/1CV0FwO0lY8DVkBRdQrFLw0_BkVZLpC4q

Am 4.9. ist der oe-tag als Präsenzveranstaltung in Berlin geplant. Die Organisation und Teilnahme richtet sich nach den Bedingungen und Möglichkeiten der gegebenen Pandemie und kann sich vor diesen Umständen auch noch kurzfristig ändern. Informationen zum oe-tag gibt es hier: https://oe-tag.de/berlin/

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